Die Wehrpflicht. (8. 54.) 127
handlungen, mit Ausnahme der durch strafbare Handlungen bedingten, unterliegen weder
einer Stempelgebühr noch einer Taxe (8. 35).
d„ Von den Kosten des Rekrutierungsverfahrens sind diejenigen auf Reichsfonds
zu übernehmen, welche sich unmittelbar aus der Beteiligung der Militärbehörden und
Militärpersonen an denselben ergeben. Den einzelnen Bundesstaaten bleibt die Bestim-
mung überlassen, von wem die übrigen Kosten zu tragen sind (§. 36 a. a. O.).
e) Über die Ergebnisse des Ersatzgeschäftes ist dem Bundesrate und Reichstage
alljährlich Mitteilung zu machen (§. 37, dazu Wehrordnung, §. 79).
IV. Jeder Deutsche wird in demjenigen Bundesstaate zur Erfüllung
seiner Militärpflicht herangezogen, in welchem er zur Zeit seines Eintritts
in das militärpflichtige Alter seinen Wohrnsitz hat, oder in welchen er vor
erfolgter endgültiger Entscheidung über seine aktive Dienstzeit verzieht (G. v. 9. Nov.
1867, §. 17, Abs. 1). Reserve= und Landwehrmannschaften treten beim Verziehen von
einem Staate in den anderen zur Reserve, beziehungsweise Landwehr des letzteren über?
(§. 17, Abs. 2)0. In diesem Grundsatz in Verbindung mit dem Oberbefehl
des Kaisers findet der staatsrechtliche Gedanke des Reichsheeres seinen
vollsten und schärfsten Ausdruck.J Im Ausland dürfen Wehrpflichtige sowohl als
Freiwillige wie nach eingetretener Militärpflicht von den Kommandanten deutscher Kriegs-
schiffe und Fahrzeuge zum aktiven Dienst in der Marine eingestellt werden; die zuständige
Ersatzkommission ist hiervon zu benachrichtigen."
V. Alle Wehrpflichtigen sind, wenn sie nicht freiwillig in den Heeresdienst eintreten,
vom 1. Jannar des Kalenderjahres an, in welchem sie das 20. Lebensjahr vollenden, der
Aushebung unterworfen (militärpflichtig). Sie haben zu diesem Zwecke die Gestellungspflicht
(Wehrordnung, §. 26) vor den Ersatzbehörden, bis über ihre Dienstverpflichtung den Be-
stimmungen des Gesetzes gemäß endgültig entschieden ist, jedoch höchstens zweimal jährlich
1 Unter „Wohnsitz“ ist hier der „dauernde Wirklichkeit im schneidendsten Widerspruch stehen.
Aufenthalt“ zu verstehen. (Reskr. der M. des Kr. Die „militärische Freizügigkeit“ „modifiziert“ nicht
u. des Inn. v. 18. Jon. 1868 und Zirk. Restr. den Gedanken des Kontingentsheeres, sondern ist
derselben M. v. 28. Jan. 1868, M. Bl. d. i. Verw. der direkte Gegensatz dieses Gedankens.
1868, S. 87 u. 88). Wehrordnung, §. 25, * Dieser wichtige Rechtssatz findet sich an ver
Ziff. 2 spricht auch nur von „dauerndem Aufent= eckter Stelle, Wehrordnung, §. 42, Ziff. 4. Auf
halt“ und gibt eine nähere Erläuterung dieses Anfrage des Reichstagsabgeordneten v. Bunsen
Begriffes. bemerkte der Bundeskommissarius Jachmann:
* Bezüglich- der Offiziere des Beurlaubten= „Seeleute der deutschen Handelsmarine werden
standes vgl. S. 119. Die Motive zum §. 11¼ n den Häfen des Bundes ausgemustert und
des Entw. rn G. v. 9. Nov. 1867 be= haben die Verpflichtung, mit ihren Handelsschiffen
merken: „Die Bestimmungen dieses Paragraphen wieder zurückzukehren, gleichgültig, ob die Reise
sind die notwendige Konsequenz des nach Art. 3 ein, zwei oder drei Jahre währt. Bleiben aber
der R. Verf. für den ganzen Umfang des Bun= Sieeleute dieser Schiffe durch irgend welche Um-
desgebietes bestehenden gemeinsamen Indigenats stände veranlaßt im Auslande, wie es häufig
in Verbindung mit der allgemeinen Wehrpflicht. vorkommt, in Lazaretten zurück, während das
Das gemeinsame Indigenat würde für eine große Handelsschiff, welchem sie angehört haben, bereits
Zahl der im dienstpflichtigen Alter stehenden nach Hause zurückgekehrt ist, und haben sie dann
Deutschen nahezu illusorisch werden, wenn dieselben die Neigung, bei einem Kriegsschiffe des Deutschen
verpflichtet sein sollten, zur Erfüllung ihrer aktiven Reiches, welches sich zurzeit im Auslande auf-
Dienstpflicht, zu den Reserve= und Landwehr= hält, einzutreten und damit ihrer Militärpflicht
übungen, bei eintretenden Mobilmachungen sich gleichzeitig zu genügen, so werden die Komman-
jedesmal in den Bundesstaat zurückzubegeben, danten, falls dieselben sich über ihre Dienstpflicht
welchem sie im besonderen als Untertanen ange ausweisen, keinen Anstand nehmen, sie dort ein-
hören. Man würde hierdurch gerade auf dem- zustellen (Stenogr. Ber. des Reichstages 1867,
jenigen Gebiete die schärfste staatliche Sonderung Bd, I. S. 195.)
fortbestehen lassen, auf welchem vorzugsweise die Rämsich nach §§. 10 u. 11 des G. v. 9.
größtmöglichste Einheit Bedürfnis ist“. (Stenogr. Nov. 1867 als Einjährig Freiwillige, bezw. als
Ber. des Reichstags 1867, Bd. II, Aktenst. Nr. Freiwillige, welche sich schon nach vollendetem
18, S. 57.) 17. Lebensjahre freiwillig zu drei= oder vier-
* A. A. Laband, Bd. IV, S. 67 ff., dessen jährigem aktiven Dienste melden, s. S. 113 ff., 119.
hier ausgesprochene grundsätzliche Ansichten über * Die Gestellung findet während der Dauer
die Grundlage des deutschen Heeres mit der der Militärpflicht jährlich sowohl vor der Ersat#