Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

128 Das Staatsbürgerrecht. (S. 54.) 
(R. Mil. G., §. 10).1 Versäumnis der Gestellung wird, falls nicht höhere Strafe 
verwirkt ist, mit Geld bis 30 Mark oder Haft bie zu drei Tagen bestraft, auch 
können die Vorteile der Losung entzogen werden, bei böslicher Absicht oder wieder- 
holter Versäumnis oder im Fall von R. Str. G. B., §. 140 kann dazu noch die Behand- 
lung als „unsichere Dienstpflichtige“ (Wehrordnung, §. 62, Ziff. 5; §. 66, Ziff. 3; 
§. 72, Ziff. 6) treten (Wehrordnung, §. 26, Ziff. 7).3 Eine Gestellungspflicht besteht ferner: 
a) für Personen, welche das Reichsgebiet verlassen, die Reichsangehörigkeit verloren, eine 
andere Staatsangehörigkeit aber nicht erworben oder wieder verloren haben, wenn sie 
ihren dauernden Aufenthalt in Deutschland nehmen; b) für Söhne ausgewanderter und 
wieder in das Deutsche Reich zurückgekehrter Personen, sofern die Söhne keine andere 
Staatsangehörigkeit erworben hatten, aber vor vollendetem 31. Lebensjahre wieder Reichs- 
angehörige werden. Diese sämtlichen Personen können nachträglich ausgehoben, jedoch 
im Frieden nicht über das vollendete 31. Lebensjahr hinaus im Dienste zurückgehalten 
werden (§. 11 a. a. O.).2 
Jeder Militärpflichtige ist, sofern er nicht die Erlaubnis zum freiwilligen Eintritt 
in den Heeresdienst erhalten hat, in dem Aushebungsbezirke, in welchem er seinen 
dauernden Aufenthaltsort, oder in Ermangelung eines solchen, seinen Wohnsitz“ hat, ge- 
stellungspflichtig. Wer innerhalb des Bundesgebietes weder einen dauernden Aufenthalts- 
ort, noch einen Wohnsitz hat, ist in dem Aushebungsbezirke seines Geburtsortes gestellungs- 
pflichtig, und wenn der Geburtsort im Auslande liegt, in demjenigen Aushebungsbezirke 
des Inlandes, in welchem die Eltern oder Familienhäupter ihren letzten Wohnsitz hatten. 
In dem Aushebungsbezirke, in welchem die Militärpflichtigen sich zu gestellen haben, 
werden sie auch, unter Anrechnung auf das von demselben aufzubringende Rekruten- 
kontingent, zum Militürdienste herangezogen (§. 12 a. a. O. und Art. II, §. 12 des 
R. G. v. 6. Mai 1880).5 
Die Gestellung erfolgt zunächst vor der Ersatzkommission 
  
kommission, als auch vor der Oberersatzkommission 
statt, sofern nicht die Militärpflichtigen durch die 
Ersatzbehörden hiervon ganz oder teilweise ent- 
bunden sind (Wehrordnung, S§. 26, Ziff. 5). 
Die näheren Bestimmungen über Gesuche um 
Entbindung von der Gestellung Wehrordnung, 
§. 26, Ziff. 6. Erleichterungen für die im Aus- 
lande sich aufhaltenden Militärpflichtigen bezüglich 
der Gestellungspflicht ebendas. §. 25, Ziff. 3 u. 
§. 42; Gestellung zur Musterung ebendas. §. 62; 
zur Aushebung ebendas. §. 72. 
1 Der §. 10 des Reichsmilitärgesetzes ist in 
gleichem Wortlaute in den Art. II, §. 10, Abs. 
1 des R. G. v. 6. Mai 1880 übertragen worden; 
der Abs. 2 dieses letztgedachten Gesetzes enthält 
indes den Zusatz: „Der Eintritt zum drei= oder 
vierjährig-freiwilligen Dienste kann Militär- 
pflichtigen durch die Ersatzbehörden gestattet wer- 
den“. Dieser Zusatz bezweckt nur die Erweite- 
rung des im §. 10 gebranchten Ausdruckes: 
„Aushebung", und im wesentlichen die Wieder- 
herstellung desjenigen Verfahrens, welches bis 
zum Erlaß des Reichsmilitärgesetzes nach Maß- 
gabe des §. 127 der ausgehobenen Militärersatz- 
instr. v. 20. Mär; 1868 in Gültigkeit war. Den- 
jenigen Mannschaften, welche vor dem 1. Jan. 
des Kalenderjahres, in welchem sie das 20. Lebens- 
jahr vollenden, wegen unvollkommener Körper- 
tanglichkeit oder aus anderen Gründen nicht 
freiwillig eingetreten sind, soll der freiwillige 
Eintritt auch nach jenem Zeitpunkte gestattet 
werden konnen. Es wird denselben hierdurch 
eine wesentliche Erleichterung ihrer aktiven Dienst- 
pflicht insofern zuteil, als sic den Truppenteil sich 
  
wählen dürfen (G. v. 9. Nov. 1867, §S. 17, 
Abs. 2). Das militärische Interesse wird gleich= 
falls gefördert, indem die Betreffenden bei dem 
selbstgewählten Truppenteile zum Abschluß von 
Kapitulationen in häufigeren Fällen bereit sein 
werden. (Vgl. Stenogr. Ber. des Reichstages 
1880, Bd. III, Aktenst. Nr. 11, S. 26.) 
2 Die Fälle, in welchen endgültige Ent- 
scheidungen über Militärpflichtige, die dauernden 
Aufenthalt im Ausland haben, ohne deren persön- 
liches Erscheinen gefällt werden dürfen und das 
dabei einzuhaltende Verfahren s. Wehrordnung, 
8. 42, die Kolonien behandelt die Wehrordnung 
hier wie an anderen Stellen irrigerweise als 
„Ausland“; eine Ergänzung hat 8§. 42 gefunden 
durch die kais. Verordnung v. 25. März 1904 
(Z. Bl., S. 87). Eine Sondervorschrift bezüglich 
der Gestellung für Militärpflichtige, die sich im Aus- 
lande aufhalten, s. noch Wehrordnung, §. 26, Ziff.3. 
2 Vgl. hierüber S. 111. 
* Unter „Wohnsitz“ im Sinne des 8. 12 des 
Reichsmilitärgesetzes ist derjenige Ort zu verstehen, 
an welchem der Militärpflichtige seinen ordent- 
lichen Gerichtsstand hat. Vgl. die Motive zum §. 12 
des Entw., Stenogr. Ber. des Reichstages 1874, 
Bd. 1II, Aktenst. Nr. 9, S. 50; vgl. S. 127, N. 1. 
5 In dem §. 12 des Reichsmilitärgesetzes wird 
das auf Grund des §. 17 des G. v. 9. Nov. 
1867 bereits bestehende Prinzip der militärischen 
Freizügigkeit für den ganzen Umsang des D. 
Reiches aufrecht erhalten und im Hinblick auf 
die Rekrutierung näher definiert. Vgl. die Mo- 
tive zum §. 12 des Reichomilitärgesetzes, Stenogr. 
Ber., a. a. O., S. 51—52.
	        
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