136 Das Staatsbürgerrecht. (8. 55.)
1905 eine nur zweijährige Dienstzeit erfüllt haben, kann im ersten Jahre nach ihrer Ent—
lassung die Erlaubnis zur Auswanderung versagt werden. 1
3. Für die Zeit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr kann auf Grund des
8. 17 des Ges. v. 1. Juni 1870 durch kaiserliche Verordnung die Erteilung der Aus-
wanderungserlaubnis an Wehrpflichtige überhaupt untersagt werden (Wehrordnung, §. 27,
Ziffer 5).2 Abgesehen von diesem Falle bedürfen die Land= und Seewehrleute des zweiten
Aufgebotes keiner Erlaubnis zur Auswanderung, sie sind nur verpflichtet, der Militärbehörde
von der bevorstehenden Auswanderung Anzeige zu erstatten und es kann ihnen, falls sie
durch Konsulatsatteste nachweisen, daß sie in einem außereuropäischen Lande eine sichere
Erwerbsstellung haben, Urlaub bis zum Ende ihres Militärverhältnisses selbst unter Ent-
bindung von der Rückkehrpflicht im Falle von Mobilmachung erteilt werden (Ges. v.
11. Febr. 1888, Art. II, §. 4, Z. 3 u. 4).
Reserve= und Landwehroffiziere ersten Aufgebotes, sowie bestimmte Kategorien be-
urlaubter Mannschaften (Wehrordnung, §. 109, Z. 4, b—d) bedürfen zu ihrer Entlassung
aus der Staatsangehörigkeit der Genehmigung der Militärbehörde (Militärges. S. 60,
Z. 1); wandern sie ohne diese Genehmigung aus, trifft sie Geldstrafe bis 3000 Mark
oder Haft oder Gefängnis bis sechs Monate; Landwehroffiziere des zweiten Aufgebotes
haben Anzeige zu erstatten und erhalten dann ihre Verabschiedung (s. die Zusammenstellung
der Vorschriften Wehrordnung, §. 111, Z. 7 u. 8); bei allen Offizieren des Beurlaubten-
standes muß vor der Auswanderung eine formelle Verabschiedung erfolgen.
4. Demgemäß bestimmt §. 140 des Reichsstrafgesetzbuches unter Ziffer 1, daß
ein Wehrpflichtiger, welcher in der Absicht, sich dem Eintritte in den Dienst des stehen-
den Heeres oder der Flotte zu entziehen, ohne Erlaubnis entweder das Bundesgebiet ver-
läßt oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter sich außerhalb des Bundesgebietes auf-
hält, mit Geldstrafe von 150 bis zu 3000 Mark oder mit Gefängnis von einem Monat
bis zu einem Jahr zu bestrafen ist, und unter Ziffer 3, daß ein Wehrpflichtiger,
welcher nach öffentlicher Bekanntmachung einer vom Kaiser für die Zeit eines Krieges
oder einer Kriegsgefahr erlassenen besonderen Anordnung in Widerspruch mit derselben
auswandert, mit Gefängnis bis zu zwei Jahren, neben welchem auf Geldbuße bis zu
3000 Mark erkannt werden kann, zu bestrafen ist. §. 140 stellt auch den Versuch
dieser Vergehen unter Strafe und gestattet zugleich, das Vermögen des Angeschuldigten,
insoweit es nach dem Ermessen des Nichters zur Deckung der den Angeschuldigten mög
licherweise treffenden höchsten Geldstrafe und der Kosten des Verfahrens erforderlich ist,
mit Beschlag zu belegen. Eine Modifikation finden diese Vorschriften nur bezüglich der
in der Nordamerikanischen Union naturalisierten Deutschen infolge der mit der Union
abgeschlossenen Staatsverträge.“
§. 55.
Von der Steuerpflicht.
1. Jeder Staatsangehörige? hat die Verpflichtung, zu den Bedürfnissen des Staates
die seiner wirtschaftlichen Fähigkeit entsprechende Beisteuer an Geld zu leisten." Der
5 Staatdsangehörige, die seit mehr als 2 Jahren
im Auslande leben, ohne in Preußen einen Wohn-
sin zu haben, gehören hierher nur, insofern sie in-
ländischen Grundbesitzhaben, oder im Inlande Ge-
werbe betreiben, oder aus der Staatskasse Ein-
kommen beziehen: G. Meyer, Verw. R., Bd. II,
S. 249; Eink. St. G., §8§. 1, 2.
4 Dic allgemeine Stenerpflicht aller Staats-
bürger hat sich erst sen der Entwicklung der
modernen Staatsidee ald ein staatsrechtlicher
Grundsatz festgestellt. Bgl. Zachariä, D. St.
G. v. 3. Aug. 1893, Art. II, §. 2, Abf. 1.
Val. Bd. l. S. 507 ff.
* Vgl. in dieser Beziehung die 8§. 43—46
des R. Str. G. B. u. die Verhandl. in der
Sitz. des Reichstages v. 16. April 1874 (Stenogr.
Ber. 1874, Bd. II. S. 8369 —875/. — Uber die
Verjährung (Ss. 66—72 des R. Str. G. B. v.
Martitz in Hitths Ann., Jahrg. 1875, S.
1154.—67, serner Laband, Bd. IV, S. 131, N. 4.
4 Vgl. dazu v. Marti-t, S. 1794 ff.; La-
band, Bd. IV, S. 132, N. 1.
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