Von der Stenerpflicht. (8. 55.) 141
die Grafen Isenburg-Büdingen-Meerholz, Solms-Rödelheim, Fürst Stolberg-Wernigerode,
sowie diejenigen, welche ihren Anspruch etwa noch gerichtlich durchsetzen würden.
Hinsichtlich des Grundsteuerprivilegs dagegen bewendet es für die neun alten Pro-
vinzen bei den oben zitierten Vorschriften der Gesetzgebung von 1861.
Die Rechtsverhältnisse der im Jahre 1815 dem vormaligen Königreich Hannover,
dem vormaligen Kurfürstentume Hessen und dem vormaligen Herzogtume Nassau einver-
leibten Standesherrschaften hinsichtlich der Besteuerung der zu ihren Stammgiittern ge-
hörenden Grundstücke haben sich anders gestaltet als die Verhältnuisse der Mediatisierten
in den altländischen Provinzen des Staates, weohalb die Bestimmung des §. 4, Lit. b
des Grundsteuergesetzes v. 21. Mai 1861 auf die ersteren nicht gleichmäßig Anwendung
finden kann. In der Provinz Hannover ist den Stammgitern der vormals Reichs-
unmittelbaren auf Grund des Art. XIV der Deutschen Bundesakte seitens der vormaligen
königlich hannöverschen Regierung tatsächlich Steuerfreiheit bewilligt worden, welche je-
doch dort inzwischen bereits überall auf vertragsmäßigem Wege beseitigt worden ist.
Nur die Befreiung der standesherrlichen Schlösser und Gärten ist zum Teil bestehen ge-
blieben, und durch die Bestimmungen im §. 8 des Gesetzes v. 5. Sept. 1848, betreffend
Anderungen des Landesverfassungsgesetzes!, ausdrücklich aufrecht erhalten. Den Standes-
herren in dem vormaligen Herzogtum Nassau sind landesherrliche Zusagen in betreff der
Steuerbefreiung ihrer Domanialgrundstücke nicht erteilt worden. Nach dem herzoglich
nassauischen Steueredikte v. 10. und 14. Febr. 18092 stand den Standesherren ein Recht
auf Grundsteuerfreiheit überhaupt nur für ihre zur gewöhnlichen Selbstbewohnung be-
stimmten Schlösser nebst den dazu gehörigen Hofberingen und Lustgärten zu, an
welcher Vorschrift durch die späteren Bestimmungen der Landesgesetzgebung nichts geändert
worden ist. Die kurhessische Gesetzgebung endlich hat den dortigen Mediatisierten zwar
nicht völlige Befreiung von der Grundstener, wohl aber eine Bevorzugung hinsichtlich
derselben verliehen, indem nach der Vorschrift im §. 1 der Verordnung v. 10. Dez.
1823 das standesherrliche Grundeigentum in der Provinz Hanau vorerst nur zur Hälfte
in der Grundsteuer erhalten werden sollte. Hierbei ist es denn auch, nachdem die in
den althessischen Gebietsteilen hinsichtlich der Erhebung der sog. Exemtensteuer geltenden
Grundsätze mittelst des Gesetzes v. 15. Dez. 1853“" auf die Provinz Hanau aus-
gedehnt wurden, verblieben. Da nun bei Erlaß der Bestimmung im §. 4, Lit. b des
Grundsteuergesetzes v. 21. Mai 1861, welche die Grundsteuerfreiheit der standesherr-
lichen Besitzungen, soweit sie damals noch tatsächlich bestand, aufrecht erhalten hat,
wesentlich die bundesrechtliche Grundlage für den Rechtszustand der vormals Reichs-
unmittelbaren in Rücksicht gezogen ist, diese Grundlage aber den Standesherren in den
alten und neuen Provinzen gleichmäßig zustatten kommt, so hat auch das Gesetz v.
11. Febr. 1870, betreffend die Ausführung der anderweiten Regelung der Grundsteuer in
den Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover und Hessen-Nassaus im §. 3 ausgesprochen,
daß die Domanialgrundstücke der vormals reichsunmittelbaren Fürsten und Grafen in diesen
Landesteilen, welche schon vor Auflösung des Deutschen Reiches zu ihren nunmehr standes-
herrlichen Stamm= und Familiengütern gehört haben, soweit sie zurzeit zu der Grundsteuer
überhaupt nicht herangezogen sind, auch von der durch das neue Gesetz eingeführten Grund-
steuer befreit bleiben, soweit sie dagegen der zurzeit in dem betreffenden Landesteile bestehen
den landesüblichen Grundsteuer nur zu einem gewissen Teile derselben unterliegen, auch nur
zur Entrichtung dieses Teils der neuen Grundsteuer verpflichtet sein sollen.¾ Bezüglich der
Zölle und indirekten Steuern besteht heute keinerlei Bevorzugung der Standesherren mehr.7
1 G. S. für Hannover 1848, Abt. I, S. 261 f. 1870 bestimmt auch noch, daß es bei der Grund-
à Nassauisches Verordn. Bl., S. 231. sienerfreiheit der heczoglich schleswig holstein-
Kurhess. G. S. 1823, S. 6y9. gottorpschen Fideikommisgüter in dem durch den
“ Ebendas. 185.3, S. 155. Staatsvertrag v. 27. Sept. 1866 zugesicherten Um-
57 G. S. 1870, S. 85 ff. fange sein Bewenden behält. V#gl. dazu auch betr.
Vagl. hierüber die Motive zum §. 3 des das neugeschaffene Sonderburg Glückoburgsche
Entw. des G. v. 11. Febr. 1870 in den Stenogr. Fideikommiß (. v. 27. April 1005 (G. S. 210),
Ber. des Abg. H. 1869—70, Anl. Bd. I, Aktenst. Anlage zu II.
Nr. 14, S. 146. Der §. 3 des G. v. 11. Febr. 7 Uber die ältere Rechtsentwicklung kann ver-