Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

160 Das Staatsbürgerrecht. 
(§. 57.) 
solche polizeilich in Verwahrung genommene Personen spätestens im Laufe des folgenden 
Tages in Freiheit gesetzt, oder in dieser Zeit das Erforderliche veranlaßt werden muß, 
um sie der zuständigen Behörde ! zu überweisen ?. 
8. Über die Befugnis der Gerichte zu Verhaftungen behufs Erzwingung 
des Gehorsams bestehen folgende Spezialvorschriften: Zivilprozeßordn. 88. 390, 653 
Abs. 2, 888, 901; Gerichtsverfassungsgesetz §. 178; Strafprozeßordn. 88. 69, 95, 162, 
215, 2255364, Lonkursordn. §S. 101, 106.7 
D. Ferner gibt das Landesverwaltungsgesetz v. 30. Juli 1883 in §. 132, verbunden 
mit §. 134, den Verwaltungsbehörden ein Recht des Zwanges gegen die Person 
behufs Ausführung ihrer Anordnungen, wenn die Anordnung ohne solchen nicht ausführbar 
ist#; die Vorschriften über Zwangsmittel nach Landesverwaltungsgesetz §. 132 stehen nach 
einer vom Minister des Innern im Einverständnis mit dem Justizminister erlassenen 
Zirkularverf. v. 21. Mai 1892 (M. Bl. d. i. Verw., S. 222) auch den Polizeibehörden, 
insofern sie als Organe der Staatsanwaltschaft nach Gerichtsverfassungsgesetz §. 153 
bzw. Strafprozeßordn. §#§. 159, 161 tätig werden, zur Seite; derartige Akte können dem- 
nach auch nur auf dem Verwaltungsweg, beziehungsweise im Verwaltungsstreitverfahren 
(Landesverwaltungsgesetz, §§. 133 m. 127) angefochten werden. 
Handelt es sich um einen Tatbestand, der durch eine bestehende Rechtsvorschrift 
bereits mit Strafe bedroht ist, so ist Landesverwaltungsgesetz §. 132 nicht anwendbar, 
insoweit er die Androhung einer Geldstrafe enthält, wohl aber, insoweit er Zwangsvor- 
schriften bietet für Leistung oder Unterlassung von Handlungen; von diesen Zwangsmitteln 
zum angegebenen Zwecke Gebrauch zu machen ist Recht und Pflicht der Polizeibehörde, 
sowohl für Erzwingung der Unterlassung von verbotenen, wie der Leistung von gebotenen 
Handlungen. 5 
10. Die Festnahme einer Person zum Zwecke der Vorführung (Sistierung) 
steht einmal den Gerichten nach Maßgabe verschiedener Spezialvorschriften der Gesetze 
zu (Zivilprozeßordn. §§. 380, 619; Strafprozeßordn. §§. 50, 134, 229, 235, 370, 
371, 427, 466; Konkursordn. §§. 101, 106); ebenso der Strafvollstreckungsbehörde gemäß 
Strafprozeßordn. §. 489; der Staatsanwaltschaft nur als Ladungs= und Vollstreckungs- 
organ des Richters (Strafprozeßordn. §. 32); den Polizeibehörden zu dem Zwecke, die 
Verdunkelung der Sache zu verhüten, wenn die Anordnung keinen Aufschub duldet (Straf- 
prozeßordn. §. 161), demnach auch zur Feststellung der Persönlichkeit von Augenzeugen, 
die nicht freiwillig folgen, gemäß Strafprozeßordn. §§. 50.7 Außerdem haben die Polizei- 
behörden aus Landesverwaltungsgesetz §. 132 zur Durchführung ihrer Anordnungen all- 
gemein das Recht des „unmittelbaren Zwanges“, also auch eintretenden Falles eines 
  
gegen die Person zur Beseitigung anstößiger Kon-F 21. Jan. 1871 (M. Bl. d. i. Verw. 1871, 
kubinate durch die Polizeibehörden vgl. Entsch. d 
V., G., Bd. VII, S. 370, Bd. XI, S. 382, 
380. Über Polizeiverordnungen, die einen 7 
gegen die Person enthalten, Entsch. d. O. V. 
Bd. IAX 305. 
1 * der Worte: „zuständige Behörde"“ ent- 
hielt der §. 3 des G. v. 24. Sept. 1848 den 
Aueèdruck: „dem gewöhnlichen Verfahren“. Die 
jetzige Fassung ist derhalb gewählt worden, weil 
nicht selten gegen in polizeiliche Verwahrung ge- 
nommene Personen ein Verfahren überhaupt nicht 
einzuleiten, sondern dieselben nur an eine Behörde 
abzuliefern seien, z. B. an eine Irren= oder 
Krankenanstalt (onl. die Komm. Ver. der I. K., 
a. a. O., S. 1651, u. der II. K., S. 2389). 
* Wegen der einstweiligen Festnahme vorläufig 
entlassener Sträflinge, welche ans dringenden 
Gründen des öffentlichen Wohls von der Poli- 
zeibehörde des Ortes, an welchem der Entlassene 
sich aufhalt, verfügt werden kann, vgl. §. 25 des 
R. Str. G. B., dazu die Au führungeinstr. v. 
  
S. 47). 
3 Schwartz, Komm., S. 58 f. 
4 3. B. Vorladung zu persönlichem Erscheinen 
behufs protokollarischer Vernehmung, Entsch. d. 
O. V. G., Bd. XV, S. 423, behufs Erzwingung 
der Impfung ebendas., Bd. XXIII, S. 384. 
5 A. A. die Min. Verf. v. 5. Nov. 1890 (M. 
Bl. d. i. Verw., S. 240) sowie das O. V. G. 
Bd. XXVI, S. 388 und in früheren Entsch. 
Vgl. dazu auch Schwartz, Verf. Urk., S. 62. 
das O. V. G. in feststehender Recht- 
Errechung Entsch., Bd. V, S. 284, Bd. XXIII, 
384; G. Meyer, Verw. R., Bd. 1I. S. 67; 
döning, Verw. R., S. 252; Rosin, Pol. V. 
R., S. 65. "6 
So auch in Anerkennung der Notwendigkeit 
dieses Grundsatzes für eine geordnete Rechispflege. 
* So 
R. G. Entsch. i. Straff., Bd. XIII, S. 430, 
dazu H. Seuffert, a. a. O., S. 677, der im 
Gegensatz zum Reichegericht die Frage auf Grund 
des bestehenden Rechtes verneinen zu müssen glaubt.
	        
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