Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

166 Das Staatsbürgerrecht. (8. õ7.) 
sie nicht durch die Vorschriften der Strafprozeßordnung §§. 459— 463 Abänderungen er- 
fahren haben. — Solche Vorschriften sind beispielsweise die Bestimmungen des §. 103, 
Abs. 1 der Seemannsordnung v. 27. Dez. 1872, ersetzt durch die übereinstimmenden 
Vorschriften der neuen Seemannsordnung v. 2. Juni 19021, §S. 127, über das Recht 
des Schiffers, jederzeit die Effekten der Schiffsleute, welche der Beteiligung an einer 
strafbaren Handlung verdächtig sind, zu durchsuchen, ferner die Vorschriften der Reichs- 
und Landesgesetze über Durchsuchungen seitens der Zoll= und Steuerbeamten bezüglich 
der Übertretungen der Zoll= und Steuergesetze:; ferner enthalten Vorschriften dieser Art 
das Nahrungsmittelgesetz v. 14. Mai 1879 (. G. B., S. 145) §§. 2, 3; das Vieh- 
seuchengesetz v. 23. Juni 1880 (R. G. B., S. 153), jett. in der Fassung des Gesetzes 
1. Mai 1894 (R. G. B., S. 409). 
3. Bezüglich des Eindringens in die Wohnung zu anderem Zwecke als behufs 
der Durchsuchung bleiben einmal die Vorschriften des Gesetzes zum Schutze der perfön- 
lichen Freiheit v. 12. Febr. 1850 maßgebend, indem die Vorschriften dieses Gesetzes über 
das Eindringen in Wohnungen während der Nachtzeit durch die Bestimmungen der Reichs- 
strafprozeßordnung nur insoweit für außer Kraft gesetzt zu erachten sind, als sie die zum 
Zwecke der Strafverfolgung stattfindenden Durchsuchungen und Haussuchungen betreffen.? 
Für das Gebiet des Zivilprozesses kommt die generelle Vorschrift für die Gerichtsvoll- 
zieher in Zivilprozeßordnung §. 678 in Betracht. 
Das Gesetz v. 12. Febr. 1850 enthält (§. 7) die allgemeine Bestimmung, daß in 
eine Wohnung niemand wider den Willen des Inhabers eindringen darf, außer auf 
Grund einer aus amtlicher Eigenschaft folgenden Befugnis“ oder eines von einer gesetz- 
lich dazu ermächtigten Behörde erteilten Auftrags. Durch die letztere Vorschrift ist das 
  
1 R. G. Bl. 1872, S. 409; 1904, S. 175. v. 12. Febr. 1850 in seinem vorletzten Satze 
3 In dieser Beziehung bestimmt auch der §. insbesondere folgende Bestimmung: „Der Zu- 
10 des G. v. 12. Febr. 1850 (im letzten Satze), tritt zu den von Militärpersonen benutzten Woh- 
daß das Verbot, in eine Wohnung zur Nachtzeit nungen darf dem Militärvorgesetzten oder Be- 
einzudringen, sich nicht auf diejenigen Räume vollmächligten behufs Vollziehung dienstlicher Be- 
bezieht, welche die Zoll- und Steuerbeamten zur fehle, auch zur Nachtzeit, nicht versagt werden“. 
Vollziehung der ihnen obliegenden Revisionen zu 5 §S. 6 des G. v. 24. Sept. 1848 (G. S., 
betreten berechtigt sind, ohne durch die Bestim- S. 258) wich von dieser Bestimmung wesent- 
mungen der Zoll= und Steuergesetze auf die lich ab. Derselbe schrieb nämlich vor, daß das 
Nachtzeit beschränkt zu sein. Insbesondere aber Eindringen in eine Wohnung niemandem ge- 
sind die Bestimmungen der §§. 126 u. 127 des stattet sein solle, außer infolge einer in amt- 
Vereinszollgesetzes v. 1. Juli 1869 (B. G. Bl., licher Eigenschaft ihm gesetzlich beigelegten Be- 
S. 351 ff.) über das Recht der Zollbeamten zu fugnis oder eines ihm von einer gesetzlich dazu 
Nachsuchungen und Haussuchungen, sowie zu ermächtigten Behörde erteilten schriftlichen Auf- 
körperlichen Visitationen solcher Personen, welche trags. Die Komm. der II. K. hatte beantragt, in 
den Verdacht erregen, Waren unter den Klei= dem jetzigen §.7 des Gesetzes anstatt der Worte: 
dern verborgen zu haben, in Kraft geblieben. „erteilten Auftrags“ die Worte zu setzen: „er- 
— Vgl. hierüber auch das Zirk. Reskr. des teilten schriftlichen Befehls“, welches indes 
Finanzm. v. 14. Aug. 1850 (M. Bl. d. i. Verw. vom Plenum abgelehnt wurde (vgl. Stenogr. 
1850, S. 299), welches eine Zusammenstellung Ber. der II. K. 1849—50, Bd. 1IV, S. 2389 u. 
der gesetzlichen Vorschriften über das Verfahren S. 2419—2423). — Ein von dem Gerichte mit 
bei Feststellung von Zoll= und Steuervergehen der Verhaftung einer Person schriftlich beauf- 
durch Nachsuchungen und Hauesuchungen, sowie tragter Beamter ist berechtigt, sich zur Voll- 
durch Verfolgung und Ergreifung der Ubertreter streckung seines Auftrages in eine jede Wohnung 
enthält. Vgl. auch Arndt in Ztschr. f. d. ges. zu begeben, worin, wie er weiß, der zu Ver- 
Strafrechtswissensch., Jahrg. 1885, S. 277 ff.; folgende sich augenblicklich befindet, ohne daß 
Sch wartz, Komm., S. 65. solches in dem Mandate des Gerichtes speziell aus- 
* Vgl. vLöwe, Strafprozetordnung, S. 376 f., gesprochen zu sein braucht, weil es sich von selbst 
378, 86 G. Meyer-Anschütz, Lehrb. des d. versteht, daß der Exekutor sich des zu Verhaften- 
St. N., S. 804; Schulze, Lehrb. des D. St., den überall, wo er ihn antrifft, zu bemächtigen 
S. 873. Vorschriften der §§. 10—13 des nicht allein befugt, sondern auch verpflichtet ist 
G. v. 12. Febr. 1850 sind demzufolge durch die (Erk. des Sen. für Strafs. des Ob. Trib. v. 3. 
betr. Bestimmungen der §§. 102 ff. der Reichs= dez. 1862, Oppenhoffs Rechtspr., Bd. III, 
strafprozeßordnung für ersetzt zu crachten, jedoch S. 146). Ebenso befindet sich ein Polizeibeamter, 
sind die beiden letzten Sätze des §. 10 des G. welcher bei einer Störung der öffentlichen Ruhe 
v. 12. Febr. 1850 noch in Geltung geblieben. zur Herstellung derselben einschreitet, in der „recht- 
S. auch Arndt, Komm., S. 58. mäßigen Anübung“ seines Amtes, selbst wenn 
* In dieser Beziehung enthält §. 10 des G. er zu jenem Ende ohne Aufforderung eines Be- 
 
	        
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