Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

178 Das Staatsbürgerrecht. (8. 57.) 
Juden der Eintritt in das Land zur Durchreise und zum Betriebe erlaubter Handels- 
geschäfte nach näherem Inhalte der darüber bestehenden oder künftig zu erlassenden polizei- 
lichen Vorschriften gestattet sein soll. In betreff der Juden, welche nicht Angehörige des 
Deutschen Reiches sind, auch wenn sie im Ausland domiziliert sind, sind diese Beschrän- 
kungen noch in Kraft. 
In dem vormaligen Königreiche Hannover sind die Rechtsverhältnisse der Juden 
durch das Gesetz v. 30. Sept. 18421 geordnet worden, welches indes durch die Be- 
stimmung des §. 6 des Verfassungegesetzes v. 5. Sept. 18482 insoweit abgeändert 
ist, als hiernach die Ausübung der politischen und bürgerlichen Rechte von dem Glaubens- 
bekenntnisse überhaupt unabhängig ist, wodurch die das Niederlassungsrecht der inländi- 
schen Inden beschränkenden Vorschriften des Gesetzes v. 30. Sept. 1842 für beseitigt 
zu erachten sind. In betreff der ausländischen Juden dagegen bestimmt der §. 71 
des Gesetzes v. 30. Sept. 1842, daß sie zur Niederlassung nicht zugelassen werden sollen, 
daß jedoch das Ministerium des Innern in einzelnen Fällen Ausnahmen hiervon ge- 
währen kann.? 
In dem vormaligen Rurfürstentum Hessen waren die Verhältnisse der inländischen 
Juden durch das Gesetz v. 29. Okt. 1833 geordnet, welches die jüdischen Staatsange- 
hörigen fast durchgängig denjenigen anderer Bekenntnisse gleichgestellt und die nur auf 
das Glaubensbekenntnis gegründeten Verschiedenheiten, mit Ausnahme derjenigen, welche 
sich auf die Religionsübung und die davon abhängigen Einrichtungen beziehen, beseitigt 
hat. Die hierdurch begründete rechtliche Lage der Joraeliten wurde durch die Bestim- 
mung der Verfassungsurkunde v. 13. April 1852, wonach der Genuß der bürgerlichen 
und staatsbürgerlichen Rechte von dem christlichen Glaubensbekenntnisse abhängig sein soll 
(§. 20), in keiner Hinsicht verändert, weil dabei die durch besondere Gesetze bestimmten 
Ausnahmen vorbehalten worden sind. 
In dem vormaligen Herzogtum Nassau sind die jüdischen Staatsangehörigen durch 
den §. 109 des Gemeindegesetzes v. 12. Dez. 1848“ beziehungsweise den 8. 79 des 
Gemeindegesetzes v. 26. Juli 18487 den christlichen Staatsbürgern in allen bürgerlichen 
Beziehungen vollständig gleichgestellt worden. 
Im Herzogtum Holstein hat das Gesetz v. 14. Juli 1863, betreffend die Verhält- 
nisse der Juden, bestimmt, daß es den Inden unter den allgemeinen gesetzlichen Be- 
stimmungen gestattet ist, sich überall im Herzogtum zeitweilig aufzuhalten, niederzulassen 
und von einem Orte zum anderen überzusiedeln, ohne daß besondere Abgaben und 
Leistungen irgend einer Art, welche unter gleichen Verhältnissen nicht auch den christlichen 
Untertanen obliegen, von ihnen in Anspruch genommen werden können (§. 1). Sie sind 
auch Angehörige der Gemeinden, in denen sie wohnen, und haben gleiche Rechte und 
Pflichten mit den übrigen Gemeindemitgliedern, nur daß sie von der Teilnahme an den 
Angelegenheiten der christlichen Kirchen und Schulen ausgeschlossen sind (§. 2); in bezug 
auf jeden Gewerbe= und Nahrungsbetrieb sind sie allen übrigen Staatsangehörigen völlig 
gleichgestellt S§. 3). 
Für das Herzogtum Schleswig hat die Verordnung v. 8. Febr. 1854“ den Juden, 
welche dort durch die Geburt oder auf sonstige Weise Heimatsrechte erworben haben, ge- 
stattet, sich an jedem Orte des Herzogtums niederzulassen und auf gesetzliche Weise zu 
ernähren (§. 10. Sie sollen auch bezüglich der Befugnis zur Gewinnung des städtischen 
Bürgerrechtes gleiche Nechte mit den anderen Untertanen genießen und nur von der Teil- 
nahme an allen Sachen, die Kirche und Schule betreffen, ausgeschlossen sein (§. 2). Es 
ist jedem im Herzogtum heimatsberechtigten Inden gestattet, nach einem anderen als 
  
1 G. S. für Hannover 1812, Abt. I, S. 211. * Herzogl. Nassauisches Verordnungsblatt 1348, 
: Ebendas. 1818, Abt. I, S. 201. . 18. 
3 Vgl. die näheren Bestimmungen in den Cel. u. M. Bl. für Holstein und Lauenburg 
§S,. 72—82 a. a. O. 183 167.— 5 "6“ 
4 -. für Kurhess 333. S. 14. ê Z„ . 
G. S. für Kurhessen 1833, S. 1 *! Chronol. Samml. der Verordnungen usw. 
5 Val. Rah und v. Meibom, Kurhessisches für das Herzogtum Schleswig, Jahrg. 1851, 
Privatrecht, S. 155. S. 124 ff. 
Ehbendas. 1854, S. 187.
	        
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