Freiheit und Sicherheit der Person. (§S. 57.) 187
8§8§. 3—5 des Freizügigkeitsgesetzes gegebenen Voraussetzungen in notwendiger Konsequenz
einem Deutschen die sonst nach dem Gesetze ihm zustehende „Aufnahme“ in einen andern
deutschen Einzelstaat versagt werden und in gleicher Weise auch einem Deutschen, der
durch zehnjährigen Aufenthalt im Auslande die Staatsangehörigkeit verloren hat, die
„Wiederaufnahme“ gemäß §. 21, Abs. 5 des Staatsangehörigkeitsgesetzes.!
4. Keine Gemeinde ist befugt, von Neuanziehenden wegen des Anzugs eine Ab-
gabe zu erheben. Sie kann nur dieselben, gleich den übrigen Gemeindeeinwohnern, zu den
Gemeindelasten? heranziehen. Übersteigt die Dauer des Aufenthalts nicht den Zeitraum
von drei Monaten, so sind die Neuanziehenden diesen Lasten nicht unterworfen.) (Ges.
v. 1. Nov. 1867, §. 8.) Diese Vorschriften gelten auch für Staatsdiener, die kraft
ihrer Dienstpflicht an einem Orte neu „anziehen“; nur wenn der dreimonatliche Auf-
enthalt ein im wesentlichen ununterbrochener war, darf die Besteuerung erfolgen.5
Der erste Satz des §. 8 des Gesetzes v. 1. Nov. 1867 entspricht dem preußischen
Gesetze v. 2. März 1867, betreffend die Aufhebung der Einzugsgelder und gleichartigen
Kommunalabgaben“, dessen §. 1 bestimmt hatte, daß in den Provinzen Preußen, Bran-
denburg, Pommern, Schlesien, Posen, Sachsen, Westfalen und in der Rheinprovinz von
Neuanziehenden ein Einzugs= oder Eintrittsgeld, oder eine sonstige besondere Kommunal=
abgabe wegen des Erwerbs der Gemeindeangehörigkeit (der Niederlassung am Orte) nicht
mehr erhoben werden darf'; diese Vorschrift gilt nunmehr im ganzen Reichsgebiete, jedoch
1 Entsch. d. O. V. G., Bd. XXX, S. 405, des Gesetzes dahin abgeändert werde, daß der
107. « Zugezogene, wenn er länger als drei Monate
* S. über den Begriff „Gemeindelasten“ im dableibt, auch für die abgelaufenen drei Monate
Sinne des Freizügigkeitsgesetzes Stier-Somlo, gleich den übrigen Gemeindeeinwohnern zu den
Bürgerrecht, S. 162. Gemeindelasten heranzuziehen sei. (Vgl. den
3 Der §. 8 des G. v. 1. Nov. 1867 verleiht Komm. Ber. v. 17. Okt. 1867 in den Stenogr.
den Gemeinden, mit Rücksicht auf die gewährte Ber. des Nordd. Reichstages 1867, Bd. II, Aktenst.
Freizügigkeit, das Recht, die im Gemeindebezirke Nr. 109, S. 189; s. auch Entsch. d. O. V. G.,
ihren Aufenthalt nehmenden Personen nach drei-e MBd. III, S. 104 ff., Bd. XIX, S. 34.)
monatlicher Dauer dieses Aufenthaltes gleich den Entsch. d. O. V. G., Bd. XIII, S. 118 ff.
Einwohnern, also nach Maßgabe der für diese 5 Entsch. d. O. R. G., Bd. XX, S. 100 ff.
bestehenden Beitragepflicht, zu den Kommunal= (in Gegenüberstellung von Freizügigkeitsgesetz §. 8
lasten heranzuziehen, s. hierzu oben S. 144 f., auch zu §. 11, Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes
Entsch. d. O. V. G., Bd. XXX, S. 23, Bd. v. 27. Juli 1885), BVd. XlII, S. 161, Bd. XIV,
XVIII, S. 99. Die Heranziehung darf aber S. 153.
nicht etwa „von Fall zu Fall“ erfolgen, „es muß 4 G. S. 1867, S. 361. Rechtshistorisches s.
vielmehr eine gleichmäßige Behandlung erfolgen Nehm in Conrads Handwörterb., Bd. II, S. 797,
und das kann nur durch ein für allemal geltende, Bd. III, S. 673.
allgemeine Beschlüsse geschehen, die der Regel nach 7 DTie Städteordnung v. 30. Mai 1853 für
berufen sind, den Willen der Gemeinde zum die sechs östlichen Provinzen §. 52, die Städte-
Ausdruck zu bringen“, wenn auch nicht „durch ordnung v. 19. März 1856 für die Provinz
Landesgesetz oder Ortsverfassung“. Entsch. d. O. Westfalen S. 51 und die Städteordnung v. 15.
V. G., Bd. XXXVIII, S. 80 f. In der Kom= Mai 1856 für die Rheinprovinz §. 18, ferner
mission des Reichstages wurde die Frage erörtert: der §. 14 der Gemeindcordnung für die NRhein-
ob, wenn der Aufenthalt über den Zeitraum von provinz v. 23. Juli 1845 und der Art. 60 des
drei Monaten, für welchen der §. 8 die Befreiung G. v. 15. Mai 1856, betr. die Rheinische Ge-
von Gemeindelasten ausspricht, sich hinaus er= meindeverfassung, beziehungsweise das jan die
streckt und somit die Verpflichtung, an den Ge= Stelle der dadurch aufgehobenen, vorstehend ange-
meindelasten teilzunehmen, eintritt, der Beginn zogenen Paragraphen der drei Städtcordnungen ge-
derselben von dem Anfange der in Frage siehen= tretene) G. v. 14. Mai 1800 (G. S., S. 237,
den drei Monate an, oder von dem ersten LTage und für die Landgemeinden in der Provinz West-
nach Ablauf derselben datieren sollo? Die KRom= falen und die nach der Westfälischen Landge-
mission, wie die Vertreter des Bundesrates, waren meindeordnung verordneten Städte der Provinz
einig darüber, daß die Verpflichtung dann X Westfalen des G. v. 24. Juni 1861 (6. S.,
tunc zurück datiert, d. h. daß, sobald einmal der S. 446;, hatten den Städten der altpreuß. Pro-
Zeitraum von drei Monaten überschritten sei, die vinzen, sowie den nicht nach der Städtcordnung
Abgabenfreiheit gänzlich wegfalle und die Leinngen v. 15. Mai 1856 geordneten Gemeinden der
noch nachträglich auch für die bereits abgelaufenen Nheinprovinz, beziehungsweise den Landgemeinden
drei Monate anzusprechen seien: ferner darüber, der Provinz Westfalen, das Recht erteilt, durch
daß, wo die gegenwärtige Landeegesetgebung auch Gemeindebeschluß, unter Genehmigung der Be-
für den Fall der Verlängerung des Aufeuthaltcs zurkeregierung, die Erhebung einer Einzugegelder
über die Zwischenperiode hinaus die Zeit deranzuordnen und von dessen Entrichtung die Ge-
letzteren für steuerfrei erklärt, dies durch den §. 8 stattung der Niederlassung und des ferneren