Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Freiheit und Sicherheit der Person. 
G. 57.) 189 
Maßgabe vorbehalten bleiben, daß die unterlassene Meldung nur mit einer Polizeistrafe, 
niemals aber mit dem Verluste des Aufenthaltsrechtes (§. 1 des Gesetzes) geahndet 
werden darf.1 
Demnach gelten also noch die Vorschriften der §§. 8 und 9 des Heimatsgesetzes 
v. 31. Dez. 1842, beziehungsweise die über den Gegenstand erlassenen Polizeiverordnungen?, 
nur hat die Unterlassung der Anmeldung keine materiellen Folgen mehr und insbesondere 
ist der Verlust des Aufenthaltsrechtes, wie der §. 11 des Freizügigkeitsgesetzes v. 1. Nov. 
1867 ergibt, nicht mehr damit verbunden; vielmehr handelt es sich nur noch um bloße 
Formvorschriften, welche durch Ortspolizeiverordnungen zu regeln sind. 
Die §§. 8 und 9 des Heimatsgesetzes v. 31. Dez. 1842 haben folgende Bestim- 
mungen getroffen: 
a) Wer an einem Orte seinen Aufenthalt nehmen will, muß sich bei der Polizei- 
obrigkeit3 dieses Ortes melden und über seine persönlichen Verhältnisse die erforderliche 
Auskunft geben; über die erfolgte Meldung ist eine Bescheinigung zu erteilen (§. 8 
  
selbstverständlich nicht anders als im Wege der 
Gesetzgebung abgeändert werden. Dagegen kann 
kein Bedenken dagegen erhoben werden, daß inner- 
halb des Rahmens dieser Bestimmungen nähere 
Anordnungen über den Gegenstand durch Polizei- 
verordnungen getroffen werden können. 
1 Zuf. des §. 10 des Reichsgesetzes über das 
Paßwesen v. 12. Okt. 1867 (B. G. Bl. 1867, 
S. 33) darf übrigens nirgends eine Nötigung 
stattfinden, bei der Polizeibehörde eine schriftliche 
Erlaubnis zum Aufenthalte nachzusuchen und Ge- 
bühren dafür zu entrichten; denn der gedachte 
Paragraph hat vorgeschrieben, daß zum Zwecke 
der Kontrolle neu anziehender Personen und der 
Fremden an ihrem Aufenthaltsorte Aufenthalts- 
karten weder eingeführt werden, noch, wo sie be- 
stehen, beibehalten werden dürfen. 
* Vgl. Leuthold in. Stengels Wörterbuch, 
Bd. II, S. 93. 
2 Polizeiobrigkeit im Sinne des §. 8 des 
Heimatsgesetzes ist niemals der Kreislandrat, 
sondern immer nur die Ortspolizeibehörde. 
Fehlt es an einer besonderen Polizeiobrigkeit des 
Ortes, so ist in der Regel die Meldung bei dem 
Gemeindevorsteher zu machen (Erk. des Ob. Trib. 
v. 8S. Febr. 1854, Striethorsts Arch., Bd. XII, 
S. 123, und v. 18. Febr. 1861, a. a. O., 
Bd. XLII. S. 283). Die Instr. des Min. d. 
Inn. v. 24. April 1856 (M. Bl. d. i. Verw. 
1856. S. 123) bestimmt (zum Art. 1 des G. v. 
21. März 1855, sub 2), daß die Meldung in den 
Städten, sowie auf dem Lande in denjenigen 
Orten, wo die Polizeiobrigkeit (oder deren Ver- 
treter) ihren Sitz hat, bei dieser, in den anderen 
Orten auf dem Lande aber dem Ortsvorstande 
(Schulzen, Gemeindevorsteher usw.v gemacht werden 
musßs, welcher letztere alodann der Polizeiobrigkeit 
Anzeige von der Meldung machen soll. Für 
diejenigen Landesteile, in welchen die Kreigordnung 
v. 13. Dez. 1872 Geltung hat, ist, zufolge des 
§. 30, Ziffer 4 derselben, die Meldung dem Ge- 
meindevorsteher „in Vertretung der Amtovorsteher 
auf Grund der besonderen gesetzlichen Vorschrift““ 
O. V. G., Md. VII, S. 306, zu machen. Uber 
die Art und Weise der Meldung, sowie den nach 
dieser Richtung zulässigen Zwang s. Entsch. d. 
O. V. G., VII, S. 3805. Die Merldung 
kann auch schriftlich oder durch einen Bevoll- 
mächtigten geschehen Erk. des Ob. Trib. v. 
  
5. Nov. 1855, Striethorsts Arch., Bd. X VIII, 
S. 273, desgl. Reskr. des Min. d. Inn. v. 6. Sept. 
1845 u. 25. Nov. 1846, M. Bl. d. i. Verw. 1845, 
S. 283, u. 1846, S. 240). Das angeführte 
Reskr. v. 6. Sept. 1845 erachtet indes die Polizei= 
behörde für berechtigt, nach Umständen die per- 
sönliche Gestellung zu fordern, ebenso O. V. G., 
VII, S. 385. — Die Anmeldung kann auch 
von jedem anderen geschehen, welcher auf die 
Meldung nach (§. 9) zu halten verpflichtet ist, 
also auch durch den Hauswirt und Wohnungs- 
vermieter, sowie durch denjenigen, welcher als 
Verwandter den Neuanziehenden bei sich auf- 
nimmt (Erk. des Ob. Trib. v. 21. Dez. 1863, 
Striethorsts Arch., Bd. XLII, S. 185). Um 
die Meldung zu erzwingen, hat die Instr. des 
Min. d. Inn. v. 24. April 1856 (M. Bl. d. i. 
Verw. 1856, S. 124) zum Art. 1 des G. v. 
21. Mai 1855, zu 1) den Erlaß allgemeiner 
Polizeiverordnungen angeordnet, wodurch die Ver- 
absäumung der Meldung binnen 14 Tagen nach 
dem Anzuge mit Strafe bedroht wird. Vgl. hier- 
her auch Entsch. d. O. V. G., Bd. VII, S. 384 f., 
Bdi. IV, S. 400 (Anmeldung der in Privatirren- 
anstalten ausgenommenen Kranken bei der Orts- 
polizeibehörde)!. 
* Die Bescheinigung muß eine schriftliche sein, 
um den Wohnsitz festzustellen (Erk. des Ob. Trib. 
v. 24. Nov. 1854, Entsch., Bd. XXIX, S. 464). 
Die Polizei muß auch ohne besonderen Antrag 
eine Bescheinigung ausstellen (Reskr. des Min. d. 
Inn. v. 31. März 1846, M. Bl. d. i. Verw., 
S. 80). Da nach §. 10 des Freizügigkeite= 
gesenes die landedgesetzlichen Vorschriften über 
die Anmeldung der Neuanziehenden, soweit sie 
nur eine Polizeistrafe verhängen, unberührt bleiben, 
ist auch eine Polizeiverordnung zulässig, die das 
Unterlassen der Meldung eines Neuanziehenden 
bei der Polizeibehörde des Ortes binnen einer 
bestimmten Frist mit Strase bedroht und den Neu- 
anziehenden iugleich verpflichtet, der Polizeibehörde 
noch auserdem ein Abzugsattest und ein Steuer- 
quittungsbuch vorzulegen, Entsch. d. Kammer- 
gerichts v. 31. März 1884, Bd. IV, S. 321. 
Das O. V. G. cerachtet die Polizeibehörde mit 
Recht für befugt, über die Form der vorgeschriebenen 
Auskunftsoerteilung seitens neuanziehbender Per- 
sonen, inobesondere auch dahin Bestimmung zu 
treffen, daß die Auforderungen der Behörde von
	        
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