Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

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dürfen“. 
Das Staatsbürgerrecht. 
G. 57.) 
Diese Zusicherung der Verfassungsurkunde bestätigt nur, was in Preußen be- 
reits früher bestehendes Recht über diesen Gegenstand war. 
Der Satz besagt nämlich 
nichts weiter, als daß preußische Staatsbürger, welche aus Preußen nach einem anderen 
Lande auswandern, niemals verpflichtet sein sollen, bei dieser Auswanderung ein Abzugs- 
geld : an den Staat oder an eine Privatperson zu entrichten. 
auch schon vor Erlaß der Verfassungsurkunde nicht verpflichtet.? 
Dazu waren sie indes 
Heute haben diese Dinge 
nur rechts= und kulturgeschichtliche Bedeutung. 
VII. Unzulässigkeit der Landesverweisung. 
Kein Reichsangehöriger darf des Landes verwiesen werden. 
Dieser Rechtesatz ergibt 
sich aus §. 1 des Freizügigkeitsgesetzes und gilt ganz ausnahmslos.? 
  
se nachdem die Abgabe von dem außer Landes, 
oder von dem aus einem Jurisdiktionsbezirke in 
einen anderen im Inlande gehenden Vermögen 
erhoben wurde. Das inländische Abzugerecht 
wurde nach dem A. L. R. nur von Privaten, 
das ausländische aber teils vom Staate, teils von 
Privaten ausgeübt, je nachdem eine Verleihung 
desselben stattgefunden hat oder nicht. Das aus- 
ländische Abzugerecht war stets in dem inländischen 
mit eingeschlossen. Von dem außer Landee gehen- 
den Vermögen mußte in der Regel ein Abzugs- 
geld entrichtet werden. 
1 Eigentlich hätte es heisen müssen: „Ab- 
fahrtsgeld", da das Abzugegeld sowohl den cen- 
sus emigrationis, als auch die gabella here- 
ditaria umfastt (vgl. die vorige Note) und da 
im Art. 11, wie der Zusammenhang desselben 
ergibt, offenbar nur von jenem, nicht auch von 
diesem die Rede ist. Uber die gabella here- 
ditaria handelt die Verf. Urk. überhaupt nicht. 
2 Seit der Publikation des A. L. R. hat 
nämlich das Institut des Abzugesrechtes in seinen 
oben S. 201, N. 3 bezeichneten Grundzügen 
wesentliche Veränderungen erlitten. Das in- 
ländische Abzugerecht, welches durch eine Ver- 
ordnung v. 27. Nov. 1777 aufgehoben, aber 
mittels Edikt v. 15. Nov. 1787 wiederhergestellt 
worden war, ist durch das G. v. 21. Juni 1816 
(G. S. 1816, S. 199) ohne besondere Ent- 
schädigung der Berechtigten gänzlich abgeschafft, 
hierdurch aber der wichtigste Teil der Privatbe-= 
rechtigungen zur gabella emigrationis und here- 
litarin zerstört worden. Das ausländische Ab- 
zugsrecht ist zuerst durch eine große Anzahl be- 
sonderer Freizügigkeitskonventionen sehr beschränkt 
und zuletzt durch die Kabinettsorder v. 11. April 
1822 (G. S. 1822, S. 181) allgemein auf das 
Retorsionsprinzip zurückgeführt worden. Die 
hieraus hervorgehende Schmälerung des Abzugs- 
rechtes traf auch die Privatinhaber, sofern sie 
nicht besonderdv auegenommen worden sind (Anh. 
s. 152 zum A. V. R., Vd. 1I, 171. Schon 
infolge dieser Veränderungen hat das Abzugs- 
recht fast alle Bedeutung verloren. Der Art. 18 
der Deutschen Bundesakte v. 8. Juni 1815 hatte 
für die Angehörigen sämtlicher Staaten des ehe- 
maligen Deutschen Bundes die „Freiheit von aller 
Nachsteuer (zus detrachtus, gabelln emigrationis), 
insofern das Vermögen in einen anderen deutschen 
Bundesstaat übergeht, und mit diesem nicht be- 
sondere Freizügigkeitsverträge bestehen“, aner kannt 
und infolgedessen der Bundestagsbeschluß v. 
  
l 
23. Juni 1817 die allgemeine Aufhebung des 
Abschosses in seinem ganzen Umfange in den 
Gebieten der Staaten des ehemaligen Deutschen 
Bundes ausgesprochen. Auf Grund dieses Be- 
schlusses ist demnächst durch die Verordnung v. 
11. Mai 1819 (G. S. 1819, S. 134) in bezug 
auf alle Bundesstaaten das Abzugsrecht, und zwar 
auch das der Privatpersonen ohne Entschädigung, 
in den zum vormaligen Deutschen Bunde gehörigen 
Provinzen der Monarchie, nämlich Pommern, 
Brandenburg, Schlesien, Sachsen, Westfalen, 
Cleve und Berg, und Niederrhein, abgeschafft 
worden. Durch besondere Verträge ist dem Bundes- 
beschlusse v. 23. Juni 1817 auch in betreff der 
bundesfreien Provinzen Preußen und Posen 
Gültigkeit gegeben worden. — In bezug auf die 
Staaten des Deutschen Reiches ist das Abzugs- 
recht vollständig auch durch den Art. 3 der 
Reichoverfassung beseitigt, welcher für den ganzen 
Umfang des Bundesgebietes ein gemeinsames 
Indigenat der Reichsangehörigen eingeführt und 
bestimmt hat, daß der Angehörige eines jeden 
Bundesstaates in jedem anderen Bundesstaate als 
Inländer zu behandeln ist. Mit den nichtdeutschen 
Staaten bestehen teils Freizügigkeitsverträge, teils 
ist, auf das Prinzip der Gegenseitigkeit begründet, 
das Abzugsrecht gegen sie außer Ubung ge- 
kommen, da die Kab. O. v. 14. April 1822 (s. 
oben) den bereits früher angewandten Grundsatz 
allgemein feststellte, daß fortan das jus detractus 
nur im Wege der Retorsion zur Anwendung ge- 
bracht werden solle. Vgl. die Zusammenstellung 
aller auf die Freizügigkeit bezüglichen preußischen 
Staateverträge in Simon, Preußisches Staats- 
recht, Bd. II, S. 598 ff. und in meinen 
Ergänzungen des A. L. R., 6. Ausg., Bd. 1V, 
S. 532 ff. — Vgl. auch die Mitteilungen der 
Gesetzrevisoren in den Motiven zum Pens. XII, 
A. v. R., Bd. II, 17, S. 318—324. Acgl. 
auch Schwartz, Verf. Urk., S. 73. Ein neuerer 
Staateovertrag, der auch die Retorsion beseitigt, ist 
mit Dänemark unterm 5. Febr. 1891 abge- 
schlossen, R. G. B., S. 346. 
5 Von diesem historischen Gesichtspunkte aus 
haben die in den Anmerkungen mitgeteilten 
Materialien auch heute noch ihren wissenschaft- 
lichen Wert. 
* AUber die Fälle, in denen einem Deutschen 
die Staats= und Reichsangehörigkeit zur Snafe 
aberkannt werden kann, s. Bd. I. S. 626, 627. 
Uber die Fälle der Ausweisung innerhalb des 
Reichsgebietes s. S. 186 f.
	        
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