Freiheit und Sicherheit des Eigentums. (8. 58.) 207
bestätigt, indem sie im Art. 12 ausspricht, daß der Genuß der bürgerlichen und staats-
bürgerlichen Rechte unabhängig von dem religiösen Bekenntnisse sein soll, so daß mithin
hierdurch alle inländischen Juden auch in Beziehung auf das Recht zum Erwerb und
Besitz von Grundeigentum in jeder Beziehung den christlichen Staatsbürgern gleichgestellt
wurden. Durch die Einführung der Verfassung v. 31. Jan. 1850 in die durch die
Gesetze v. 20. Sept. und 24. Dez. 18661 der preußischen Monarchie einverleibten
Landesteile sind die Juden auch in diesen Landesteilen denjenigen der altpreußischen
Landesteile überhaupt, also besonders auch in bezug auf das Recht zum Erwerb und
Besitz von Grundeigentum, den christlichen Staatsbürgern vollständig gleichgestellt worden.?
Durch das (Reichs-) Gesetz v. 3. Juni 1869 hat diese Entwicklung nunmehr ihren völligen
Abschluß durch Reichsrecht gefunden.
b) In betreff der Mennoniten, sowie der Quäker hat die vor Erlaß der Ver-
fassungsurkunde ergangene Gesetzgebung Beschränkungen hinsichtlich des Erwerbes und
Besitzes von Grundeigentum angeordnet, welche mit der denselben zugestandenen Befreiung
von der Wehrpflicht gegen Entrichtung einer sogen. Mennonitensteuer in Verbindung
stehen, und es sind Zweifel darüber entstanden, welchen Einfluß die Verfassungsurkunde
auf jene Beschränkungen ausgeübt hat. Die den Gegenstand betreffende Gesetzgebung ist
folgende:
a)Das sogen. Gnadenprivilegium für die Mennonitengemeinden im KRönigreich
Preußen (Ost= und Westpreußen nebst Litauen) v. 29. März 1780 hatte den dortigen
Mennonitengemeinden gegen Entrichtung einer jährlichen Beisteuer von 15000 Mark zur
Kulmischen Kadettenschule die Befreiung vom Militärdienste und den Genuß ihrer Glaubens-
1 G. S. 1866, S. 555, 875 u. 876. der Juden mit den christlichen Staatsangehörigen
: Für das Königreich Hannover hatte der ausgesprochen, ohne in betreff des Erwerbes und
8. 50 des G. v. 30. Sept. 1842 über die Rechts= Besitzes von Grundeigentum Ausnahmen zu
verhältnisse der Juden (G. S. für Hannovermachen. Das G. v. 14. Juli 1363, betr. die
1842, Abt. I, S. 211) bestimmt, daß es rücksicht Rechtsverhältnisse der Juden im Herzogtum Hol-
lich des Erwerbes von Grundeigentum durch stein (Gesetz= und Ministerialblatt für die Herzog-
Inden bis auf ein weiteres Gesetz bei dem in tümer Holstein und Lauenburg 1863, S. 167)
den verschiedenen Provinzen bestehenden Rechte §F. 4 bestimmte, daß Juden sowohl städtischen als
vgl. hierüber Ebhardt, Staatsverfassung des ländlichen Grundbesitz erwerben, Besitzungen
Königreichs Hannover, S. 173, Note* bewenden wieder veräußern dürfen, ohne in dieser Beziehung
solle. Das G. v. 15. April 1847 (G. S. für besonderen, nicht auch für andere Staatsangehörige
Hannover 1847, Abt. I, S. 97) gestattete den geltenden Beschränkungen unterworfen zu sein.
Inden unbedingt den Erwerb eines Hauses mit Nur durften sie kein mit dem Grundbesitze ver-
1 ¼1 Morgen Landes, machte dagegen den Er= bundenes Stimmrecht in Kirchen= und Schul-
werb von mehr als einem Hause und mehr als sachen ausüben. Gleich: Bestimmungen hat der
1 ¼ Morgen Landes von besonderer Dispensation F. 12 der Verordnung v. 8. Febr. 1354, betr.
abhängig. Auch diese Einschränkunz wurde in= die Verhältnisse der Juden im Herzogtum Schles-
des dadurch beseitigt, daß der §. 6 des Ver= wig Chron. Sammlung der Verordnungen usw.
fassungsgesetzes v. 5. Sept. 1845 a. a. O., für das Herzogtum S hleswig 1854, S. 124 ff.)
S. 261) aussprach, „daß die Ausübung der getroffen. Das G. v. 1. Sept. 1824, betr. die
politischen und bürgerlichen Rechte von dem Rechte der Israeliten in Frankfurt a. M. Gesetz-
(Glaubensbekenntnisse unabhängig sein solle“. V#l. und statistische Simulung der freien Stadt
hierüber die Bekanntmachung der Landdrostei zu Frankfurt, Bd. III., S. 223) beschränkte im
Stade v. 16. Nov. 1848 (Hannoverische G. S. Art. 15) die Inden in der Art im Erwerbe von
1348, Abt. III. S. 71). Vgl. Grefe, Han= Grundeigentum, daß jeder Familienvater oder
novers Recht, 3. Aufl., Teil I, §. 111, S. 327 ff. selbständige Inde nur ein Haus und einen Garten
In dem Kurfürstentum Hessen waren die Juden zu kaufen berechtigt sein sollte. Diese Beschränkung
in bezug auf bürgerliche und staatsbürgerliche wurde durch das G. v. 20. Febr. 1849 (d. a. O.,
Rechte schon durch das G. v. 29. Okt. 1833 Bd. X, S. 214) beseitigt, und es ist auch durch
(G. S. für Kurhessen 1833, S. 1441, den Staatss das G. v. 5. Okt. 1852 q(üa. a. O., Bd. HX,
angehörigen anderer Bekenntnisse gleichgestellt, S. 197 deren Wiederherstellung nicht erfolgt,
insoweit nicht diesens Gesen Ausnahmen vor weil dies letztere Gesetz nur die durch das G.
schreibt, was bezüglich des Erwerbes von Grund= v. 20. Febr. 1849 erfolgte staatsbürgerliche Gleich-
eigentum nit#t der Fal ist. In dem Herzogtun stellung der Juden wieder außer Kraft gesetzt hat.
Nassau hat der §. 10.) des Gemeindegesenzes v. 3 Bgl. Leman, Westvprenßisches Provinzial-=
12. Deʒ. 1848 Herzoglich RMussanisches Verordnungs= rech:, Bd. II. S. 134; v. Vegesack, Westvreußisches
blatt 1848, S. 257,, beziehun sweise der §. 7y0 Provinzialrecht, Bd. L, S. 300: des l. v. Rönnes
des Gemeindegesetzes v. 26. Zuli 1854 sa. a. O. Eegänzungen und Erläuterungen der preußischen
1854, S. 187, die vollständige Gleichberechtigung Retobegriffe, 5. Ausg., Bd. II, S. 768.