Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

224 Das Staatsbürgerrecht. (8. 58.) 
Grund und Boden, welcher zur Bahn, zu den Bahnhöfen und zu den an der Bahn und 
an den Bahnhöfen behufs des Eisenbahnbetriebes zu errichtenden Gebäuden! erforderlich 
ist; b) auf den zur Unterbringung der Erde und des Schuttes usw. bei Abtragungen, 
Einschnitten und Tunnels erforderlichen Grund und Boden; c) überhaupt auf den Grund 
und Boden für alle sonstigen Anlagen, welche zu dem Behufe, damit die Bahn als eine 
öffentliche Straße zur allgemeinen Benutzung dienen könne, nötig oder infolge der Bahn- 
anlage im öffentlichen Interesse erforderlich sind; d) auf das für die Herstellung von 
Aufträgen erforderliche Schüttungsmaterial. Dagegen ist das Enteignungsrecht auf den 
Grund und Boden für solche Anlagen nicht auszudehnen, welche, wie Warenmagazine 
und dergleichen, nicht den unter c) gedachten allgemeinen Zweck, sondern nur das Privat- 
interesse des Eisenbahnunternehmers angehen. Die vorübergehende Benutzung fremder 
Grundstücke soll bei der Anlage von Eisenbahnen, insbesondere zur Einrichtung von In- 
terimswegen, Werkplätzen und Arbeiterhütten, zulässig sein“. 
b) Das Enteignungsgesetz hat ferner in den §§. 50—53 gesetzliche Normen über 
das Recht der Entnahme von Wegebaumaterialien für öffentliche Wege vom Grundeigen- 
tum Dritter (mit Ausschluß der zu Eisenbahnbauten erforderlichen) aufgestellt. Der 
Eigentümer ist verpflichtet, sich die Entnahme solcher Materialien? von seinen landwirt- 
schaftlichen, unbebauten („Unland“) oder Feldgrundstücken, oder aus seinen Gewässern „nach 
Anordnung der Behörde“ gefallen zu lassen, vorausgesetzt, daß a) der Wegebaupflichtige 
sie nicht in brauchbarer Beschaffenheit und angemessener Nähe auf eigenen Grundstücken 
fördern kann, und b) der Eigentümer sie nicht selbst braucht. Die Behörde ist hiernach 
nur berufen, zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des Enteignungsrechtes vor- 
handen sind, und die Modalitäten der Ausführung zu regeln; dagegen kann sie das 
Enteignungsrecht selbst weder erteilen, noch verweigern. Der Wert der Materialien ist 
vollständig zu ersetzen, eventuell besonderer Schadenersatz zu leisten (§. 51), unter be- 
stimmten gesetzlichen Voraussetzungen kann sogar Übernahme des ganzen Grundstücks ver- 
langt werden (§. 52). Die Entscheidung erfolgt mangels gütlicher Einigung durch den 
Kreis-(Stadt-) Ausschuß, gegen dessen Entscheidung, insoweit es sich um die zu gewährende 
Entschädigung handelt, der Rechtsweg, im übrigen Beschwerde beim Bezirksausschuß statt- 
findet. Auch hier bedarf es einer formellen Einweisung, die erst erfolgen kann, wenn 
der Streit erledigt, bezw. die gesetzliche Frist — 2 Wochen für die Beschwerde, 90 Tage 
für die Klage — abgelaufen und die Entschädigungssumme bezahlt oder hinterlegt ist 
(8. 53).7 
B. Von der Regel des F. 2 des Gesetzes, wonach es zu Enteignungen einer könig- 
lichen Verordnung bedarf, finden folgende Ausnahmen statt: a) Die Bezirksausschüsse 
sind befugt, die Zulässigkeit der Enteignung auszusprechen für Geradelegung oder Er- 
weiterung öffentlicher Wege, sowie zur Umwandlung 5 von Privatwegen in öffentliche 
Wege, vorausgesetzt, daß das dafür in Anspruch genommene Grundeigentum außerhalb 
der Städte und Dörfer belegen und nicht mit Gebänden besetzt ist (§. 3); b) für vor- 
übergehende Beschränkungen des Grundeigentums bedarf es ebenfalls nur der Anordnung 
des Bezirksausschusses; es dürfen jedoch derartige Beschränkungen wider den Willen des 
Grundeigentümers die Dauer von drei Jahren nicht überschreiten, auch darf dadurch die 
Beschaffenheit des Grundstückes nicht wesentlich oder dauernd verändert werden; vielmehr 
bedarf es zur lberschreitung dieser Grenzen eines nach §. 2 des Gesetzes Dingeleiteten 
und durchgeführten Enteignungsverfahrens (§. 4 a. a. O.); endlich haben c) die Be- 
zirksausschüsse auch die Befugnis, nach näherer Bestimmung des §. 5 des Gesetzes die 
Erlaubnis zur Vornahme von Handlungen zu erteilen, die zur Vorbereitung eincs die 
Enteignung rechtfertigenden Unternehmens erforderlich sind; die Erlaubnis selbst hat der 
  
1 Besondere Ansiedelungsgenehmigung nach G. s Z. G. §#§. 150, 151, in Abänderung von 
v. 25. Aug. 1876, §. 13, fordert aber dar O. V. G. Enteignungegesetz §. 53. Für Hohengollern ist 
auch noch: Entsch. V, 396, was nur als ein be= der Amteausschus erste Instanz. 
dauerlicher und bedenklicher Formaliomus be- 4 Eger, II, S. 554 ff. 
zeichnet werden kann. # 5* Ist über die Eigenschaft eines Weges, als 
2 Nähere Spezifizierung gibt §S. 50; s. Eger, öffentlichen, Streit, so findet hierüber das Ver- 
II, S. 522 ff. woaltungsstreitverfahren statt: Z. G. §. 56, Abf. 4.
	        
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