Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Freiheit und Sicherheit des Eigentums. (§S. 58.) 235 
f) Bei der zwangsweisen Abtretung oder Erwerbung eines Grundstückes zu einer 
bergbaulichen Anlage kommen diejenigen Wertserhöhungen, welche das Grundstück erst in- 
folge dieser Anlage erhielt, bei der Entschädigung nicht in Anschlag (§S. 140). 
8) Wegen aller zu Zwecken des Bergbaues veräußerten Teile von Grundstücken fand 
gemäß §. 141 des Berggesetzes ein Vorkaufs= oder Wiederkaufsrecht statt, wenn in der Folge 
das Grundstück zu Zwecken des Bergbaues entbehrlich wird; dieses Wiederkaufsrecht ist in 
Analogie von §. 57 des Enteignungsgesetzes als aufgehoben zu erachten.1 
h) Können die Beteiligten sich in den Fällen der §§. 135—139 über die Grund- 
abtretung nicht gütlich einigen, so erfolgt die Entscheidung darüber, ob, in welchem Umfange 
und unter welchen Bedingungen der Grundbesitzer zur Abtretung des Grundstückes oder der 
Bergwerksbesitzer zum Erwerbe des Eigentums verpflichtet ist, durch einen gemeinschaftlichen 
Beschluß des Oberbergamtes und des Bezirksausschusses (§. 142 mit Z. G., S. 150). 
i Vor der Entscheidung müssen beide Teile gehört und die Verhältnisse durch 
Kommissarien der beiden entscheidenden Behörden an Ort und Stelle untersucht werden. 
Die Ermittlung der für die vorübergehende Benutzung des Grundstückes oder für die 
Abtretung des Eigentums zu leistenden vollständigen Entschädigung, sowie der im §. 137 
erwähnten Kaution liegt beim Mangel einer gütlichen Einigung der Beteiligten eben- 
falls den Kommissarien ob. Zu dieser Ermittlung sind Sachverständige zuzuziehen. Jeder Teil 
ist befugt, einen Sachverständigen zu bezeichnen. Geschieht dies binnen einer von den 
Kommissarien zu bestimmenden Frist nicht, so ernennen letztere die Sachverständigen. In 
jedem Falle können die Kommissarien einen dritten Sachverständigen zuziehen (§. 143). 
k) Der Beschluß, durch welchen die zwangsweise Abtretung oder Erwerbung eines 
Grundstückes ausgesprochen wird, muß das Grundstück genau bezeichnen, die dem Grund- 
besitzer zu leistende Entschädigung, beziehungsweise Kaution festsetzen und die sonstigen 
Bedingungen der Abtretung oder Erwerbung enthalten (§. 144). 
1) Gegen diesen Beschluß steht beiden Teilen die Beschwerde an den Minister für 
Handel und Gewerbe zu. Dieselbe muß (nach den in den §§. 192 und 193 erteilten 
Vorschriften) bei dem Oberbergamte eingelegt werden. Gegen die Festsetzung der Ent- 
schädigung und der Kaution findet der Rekurs nicht statt. Uber die Verpflichtung zur 
Abtretung eines Grundstückes ist der Rechtsweg nur in dem Falle zulässig, wenn die 
Befreiung von dieser Verpflichtung auf Grund des zweiten Satzes des 8. 136 oder eines 
speziellen Rechtstitels behauptet wird (S. 145). 
m Durch Beschreitung des Rechtsweges wird, wenn dieselbe nur wegen der Fest- 
setzung der Entschädigung oder Kaution erfolgt, die Besitznahme des Grundstückes nicht 
aufgehalten, vorausgesetzt, daß die festgesetzte Entschädigung an den Berechtigten gezahlt 
oder bei verweigerter Annahme gerichtlich hinterlegt, desgleichen die gerichtliche Hinter- 
legung der festgesetzten Kaution geschehen ist (§. 146). 
n) Die Kosten des Enteignungsverfahrens hat für die erste Instanz der Bergwerks- 
besitzer, für die Rekursinstanz der unterliegende Teil zu tragen (§. 147). 
5. liber die Entziehung und Beschränkung des Grundeigentums im Interesse der 
Landestriangulation? sind nach dem für die sechs östlichen Provinzen der Mon- 
archie ergangenen Gesetze v. 7. Okt. 1865, betreffend die Errichtung und Erhaltung 
von Marksteinen behufs der zur Legung eines trigonometrischen Netzes zu bestimmenden 
trigonometrischen Punkte?, die Eigentümer, beziehungsweise die Pächter oder sonstigen 
  
Ber. des Abg. H. 1865, Anl. Bd. IV,, Aktenst. 
1 Agl. Entsch. des Obertribunals, Bd. 79, 
S. 45. Anderer Ansicht Löbell, Kommentar 
S. 224. Eine Aufhebung „durch“ den zitierten 
§. 57 hat jedenfalls gemäß §. 54, Ziff. 2, nicht 
staitgefunden, wie dies v. Brauchitsch, Bd. IV, 
S. 423, Nr. 2 behauptet. 
Uber die Unterschiede gegenüber der Ent- 
eignung Otto Mayer, Verw. R., Bd. 1, S. 146; 
Layer, S. 34 f. 
* G. S. 1865, S. 1033. — Vgl. den Ent- 
wurf des Gesetzes nebst Motiven in den Stenogr. 
  
Nr. 51, S. 372 ff.; den Kommissionsbericht v. 
15. Mai 1865 a. a. O., Bd. VII, Aktenst. Nr. 148, 
S. 1623 ff., und die Verhandlung darüber in 
der Plenarsitzung des Abg. H. v. 29. Mai 1865 
(Stenogr. Ber. 1865, S. 1740—46); den Ber. 
der Finanzkommission des H. H. v. 14. Juni 
1865 (Stenogr. Ber. 1865, Anl. Bd., Aktenst. 
N. 46, S. 431) und die Verhandlung darüber 
in der Plenarsitzung v. 16. Juni 1865 (Stenogr. 
Ber., Bd. 1, S. 308).
	        
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