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Das Staatsbürgerrecht.
(S. 58.)
mäßige Grundlage flir weitere Reformen durch die Spezialgesetzgebung in bezug auf die
darin behandelten volkswirtschaftlichen und damit in naher Verwandtschaft stehenden poli-
tischen Gegenstände.1
— Obschon nun Art. 42 der Verfassungsurkunde, insoweit er die
staatsgrundgesetzliche Garantie für die Aufrechterhaltung der Freiheit des Grundeigentums
bildet,
durch das Verfassungsabänderungsgesetz v. 14. April 1856 wesentlich abgeändert
worden ist?, so bestehen doch diejenigen Spezialgesetze fortgesent in Gültigkeit, welche teils
1 Vgl. den dies in erschöpfender Weise speziell
motivierenden (von dem Abgeordneten Lette er-
statteten) Bericht der Kommission der II. Kammer
v. 14. März 1855 über den Gesetzentwurf, be-
treffend die Aufhebung der Art. 42 und 114 der
Verf. Urk. (in den Stenogr. Ber. der II. Kammer
1854—55, Bd. III, S. 380, und Drucks. der
II. Kammer 1854—55, Bd. III, Nr. 162).
2 Die Abänderung des Art. 42 ist bereits in
der zweiten Sitzungsperiode nach Verkündigung
des Staatsgrundgesetzes angebahnt, jedoch erst im
Jahre 1856 herbeigeführt worden. Nach Inhalt
der Stenogr. Ber. und Drucks. der Kammern hat
die Angelegenheit folgenden Verlauf genommen:
a) Unterm 27. März 1852 beantragten in der
I. Kammer die Abgeordneten v. Gerlach und Ge-
nossen, „die Regierung um Vorlegung eines Ge-
setzes zu ersuchen, durch welches das Grundeigen-
tum von denjenigen Dispositionebeschränkungen
befreit werde, welche die Gesetzgebung seit 1848,
namentlich der Art. 42 der Verf. Urk., das Ab-
lösungsgesetz v. 2. März 1850 und der §. 2 des
Jagdgesetzes v. 31. Okt. 1848, angeordnet haben“
(Drucks. der I. Kammer 1851—52, Bd. 1IV, Nr.
205). Die Agrarkommission der I. Kammer
empfahl in ihrem Bericht v. 13. Mai 1852
(Drucks. a. a. O., Nr. 291) die Annahme dieses
Antrages; allein die Kammer beschloß (in der
67. Sitzung v. 18. Mai 1852) über denselben
zur (motivierten) Tagesordnung überzugehen
(Stenogr. Ber. der I. Kammer 1851—52, Bd. II,
S. 1236—45). b) In der Sitzungsperiode von
1852—53 beantragte in der I. Kammer der Ab-
geordnete Graf v. Itzenplitz (unterm 11. Febr.
1853), die Aufhebung des Art. 42 zu beschließen
(Drucks. der I. Kammer 1852—53, Bd. III, Nr.
114), und die XV. Kommission der I. Kammer
empfahl in ihrem Bericht v. 4. März 1853 (Drucks.
a. a. O., Nr. 174) die Annahme dieses Antrages,
jedoch mit der Modifikation, daß an Stelle des
aufzuhebenden Artikels ein neuer Artikel gesetzt
werden möge, in welchem auszusprechen sei, daß
es bei der unentgeltlichen Aufhebung des mit dem
Besitze gewisser Grundstücke verbundenen Rechtes
der Ausübung oder Ubertragung der richterlichen
Gewalt und der aus diesem Rechte fliestenden
Exemtionen und Abgaben, deegleichen der aus
dem gerichts= und schutzherrlichen Verbande fliesten-
den personlichen Abgaben und Leistungen bewen-
den solle. Dieser Antrag wurde von der I. Kam-
mer in der 63. Sipung v. 10. März 1853)1 an-
genommen Stenogr. Ber. der I. Kammer 1852
— 53, Bd. 1, S. 56140—578 und Bd. II. S. 289
In der II. Kammer gelangte indes der Gegen-
stand diedmal noch gar nicht zur Beratung, wohl
aber beschloß dieselbe (in der 39. Sibzung v.
16. Mär; 1853, den Ubergang zur Tagesordnung
über einen Antrag des Abgeordneten v. Gerlach
(Drucks. der II. Kammer 1852 53, Nr. 56),
welcher mit demjenigen identisch war, welchen
derselbe Abgeordnete bereits unterm 27. März
1852 (s. oben sub a) in der I. Kammer erfolg-
los gestellt hatte (Stenogr. Ber. der I. Kammer
1852—53, Bd. II. S. 698—703). c) In der
folgenden Sitzungsperiode von 1853—54 bean-
tragte abermals der Abgeordnete Graf v. Itzen-
plitz in der I. Kammer (Drucks., Nr. 17), daß
die Staatsregierung aufgefordert werden möge,
baldigst die Initiative zur Aufhebung des Art. 42
zu ergreifen, und die Staatsregierung ist denn
auch mit einem solchen Gesetzentwurf hervorge-
treten. Auf Grund der allerhöchsten Ermäch-
tigung v. 16. Jan. 1854 (Drucks. der I. Kammer
1853—54, Nr. 46) brachte der Min. des Inn. in
der I. Kammer einen Gesetzentwurf ein, welcher
dahin ging, die beiden ersten und den letzten Absatz
des Art. 42 aufzuheben und es bei den übrigen
Bestimmungen desselben nur mit der Maßgabe
zu belassen, daß sie der Reaktivierung der früheren
ländlichen Polizeiverfassung nicht hinderlich sein
sollten. Die IX. Kommission der I. Kammer
trat in ihrem Berichte v. 27. Jan. 1854 (Drucks.
der I. Kammer 1853—54, Nr. 60) diesen An-
nrägen der Staatsregierung nicht bei, sondern
trug darauf an, den Art. 42 gänzlich aunszuheben
und an dessen Stelle dieselben Bestimmungen zu
setzen, welche die I. Kammer bereits unterm 10. März
1853 (s. oben sub b) angenommen hatte (ogl.
Stenogr. Ber. der I. Kammer 1853—54, Bd. III,
S. 90—96). Die Il. Kammer trat diesem An-
trage bei (Stenogr. Ber. a. a. O., Bd. I, S. 108
— 112 und S. 216). In der II. Kammer ge-
langte indes auch diesmal der Gegenstand nicht
zum Austrage. Die Kommission derselben hatte
sich zwar in ihrem Bericht v. 15. März 1854
(Drucks. 1853—54, Bd. IV, Nr. 199) mit dem
Beschluß der I. Kammer einverstanden erklärt;
allein bevor die Beratung darüber im Plenum
stattfand, wurde der Gesetzentwurf seitens des
Min. d. Inn. auf Grund der allerhöchsten Ermäch=
tigung v. 21. März 1854 (Drucks. a. a. O., Nr. 221)
in der Sitzung v. 23. dess. Monats (Stenogr. Ber.
der II. Kammer 1853—54, Bd. II, S. 699) zu-
rückgezogen. d) Auch in der folgenden Sitzungs-
periode von 1854—55 gelang es noch nicht, den
Art. 42 zu beseitigen. In der I. Kammer war
es abermals der Abgeordnete Graf v. Itzenplitz,
welcher den Antrag siellte, erneuert den von der
I. Kammer bereits in der vorigen Sitzungsperiode
(s. oben sub cy angenommenen Beschluß zu fassen
(Dructs. der I. Kammer 1354—55, Bd. I, Nr. 80,
und auf den Antrag der Kommission (Drucks.
a. u. O., Nr. 21, Stenogr. Ber. der I. Kammer
1851—55, Bd. 11, S. 31 ff.) trat die I. Kammer
dem wiederholt bei #S#tenogr. Ber. a. a. O., Bd. 1,
S. 51 ff. und 671. Die Verfassungskommission
der II. Kammer trug indes in ihrem Bericht v.
14. März 1855 (Drucks., Nr. 162 und Stenogr.