Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

242 Das Staatsbürgerrecht. (8. 58.) 
entspricht zunächst dem 8. 1 des Landeskulturedikts v. 14. Sept. 1811, woselbst „unter 
gänzlicher Aufhebung aller Beschränkungen des Grundeigentums, die aus der bisherigen 
Verfassung entspringen“, festgesetzt wird, „daß jeder Grundbesitzer befugt sein soll, 
über seine Grundstücke insofern frei zu verfügen, als nicht Rechte, welche Dritten darauf 
zustehen, und aus Fideikommissen, Majoraten, Lehnsverband, Schuldverpflichtungen, 
Servituten und dergleichen herrühren, dadurch verletzt werden““. Insoweit also als die 
Tragweite dieser Bestimmung des Landeskulturedikts reicht, hat es, ungeachtet der er- 
folgten Aufhebung des Art. 42 der Verfassungsurkunde, auch fernerhin bei der durch 
jenes Edikt ausgesprochenen Beseitigung der aus der älteren Landesverfassung herrühren- 
den früheren Beschränkungen der freien Verfügung über das Grundeigentum sein Be- 
wenden. Diese Grundsätze haben ihre spezialgesetzliche Durchführung vor allem durch 
das Ablösungsgesetz v. 2. März 1850 gefunden, welches die Materie für die ganze 
damalige Monarchie ordnete, ausgenommen das linkerheinische Gebiet, für welches bereits 
durch die französische Gesetzgebung eine völlige Beseitigung aller dieser „Feudallasten“ 
durchgeführt worden war. 1 Außerdem aber sind, um dem Grundsatze des hier in Rede 
stehenden Satzes des Art. 42 der Verfassungsurkunde weitere Rechnung zu tragen, durch 
die vorzüglich darauf gegründete neuere Spezialgesetzgebung eine große Anzahl solcher 
Rechte ohne Entschädigung für aufgehoben erklärt worden, welche bis dahin der freien 
Verfügung über das Grundeigentum hinderlich gewesen waren. Dahin gehören vor allem 
die in den §§. 2 und 3 des Ablösungsgesetzes v. 2. März 1850 aufgeführten Be- 
rechtigungen. Dann ist aber auch schon vor Erlaß der Verfassungsurkunde durch 
das für den ganzen damaligen Umfang der Monarchie ergangene Gesetz v. 31. Otkt. 
1848 jedes Jagdrecht auf fremdem Grund und Boden ohne Entschädigung für auf- 
gehoben erklärt (§. 1 a. a. O.) und zugleich bestimmt worden, daß eine Trennung des 
Jagdrechtes vom Grund und Boden als dingliches Recht künftig nicht stattfinden dürfe 
(§. 2 a. a. O.), und daß die Jagd jedem Grundbesitzer auf seinem Grund und Boden 
zustehen solle (§. 3 a. a. O.).“ 
Abgesehen von diesen durch die ältere und neuere Ge- 
  
teilen, welche vormals zum Königreiche Westfalen 
gehört haben, Deklaration v. 24. Nov. 1833 und 
v. 1. Aug. 1833 betreffend die Vererbung in den 
dem Heimfallsrechte unterworfenen Grundstücken, 
§§. 78—80 des Regulierungegesetzes v. 8. April 
1823 für das Großherzogtum Posen 2c.). — Der 
Bericht des Zentralausschusses der I. Kammer 
spricht sich zur Erläuterung des ersten Satzes des 
Abs. 1 des Art. 42 dahin aus, „daß derselbe im 
wesentlichen nur das Motiv und die Einleitung 
zu den folgenden Bestimmungen des Artikels über 
die Verhältnisse des Grundeigentums enthalte 
und die Beschränkungen beseitigen wolle, welche 
bisher für gewisse Arten von Gütern, wie in be- 
treff der Teilbarkeit, so auch in betreff anderer 
Verfügungen bestanden hätten“ (Stenogr. Ber. 
der I. Kammer 1849—50, Bd. II, S. 835). 
1 Vgl. über den linksrheinischen Rechtszustand 
Glatzel bei Stengel, Bd. I, S. 10, N. 22. 
m# Es sind dies insbesondere die im §S. 2 a. a. O. 
aufgeführten Rechte, nämlich: das Obereigentum 
des Landesherrn und die lediglich aus diesem ent- 
springenden Rechte, mit Ausnahme der daraus 
entspringenden Berechtigungen auf Abgaben, 
Leistungen und vorbehaltene Nutzungen: das Ober- 
cigentum des Guts= oder Grundherrn und des 
Erbzinsherrn, desgleichen das Eigentumsrecht des 
Erbverpächters: der Anspruch auf Regulierung 
eines Allodifikationszinses für die aufgehobene 
Lehnsherrlichkeit in den vormals zum Königreiche 
Westfalen, zum Großherzogtum Berg, zu den 
französisch = hanseatischen Departements oder dem 
Lippe-Departement gehörig gewesenen Landesteilen; 
  
das grundherrliche oder gutsherrliche Heimfalls- 
recht an Grundstücken und Gerechtigkeiten jeder 
Art innerhalb des Staates; die Berechtigung des 
Erbverpächters oder des Zinsberechtigten zur will- 
kürlichen Erhöhung des Kanons oder Zinses; die 
Vorkaufs-, Näher= und Retraktrechte an Immo- 
bilien, mit Ausnahme der auf Verträgen oder 
letztwilligen Verfügungen beruhenden, und der- 
jenigen, welche gesetzlich dem Eigentümer expro- 
priierter Grundstücke auf diese zustehen; die auf 
Grundstücken haftende Verpflichtung, gegen den 
in der Gegend üblichen Tagelohn zu arbeiten; die 
auf Grundstücken haftende Verpflichtung zur Be- 
pflanzung mit Maulbeerbäumen und zur Untrr= 
haltung solcher; die auf Grundstücken haftende 
Verpflichtung des sog. flämingschen Kirchganges. 
Auch enthielten mehrere der im F. 3 a. a. O. für 
ohne Entschädigung aufgehoben erklärten Berech- 
tigungen zugleich Einschränkungen der freien 
Dispositionsbefugnis der Grundeigentümer. BVgl. 
auch Glatzel bei Stengel, Bd. 1, S. 10, §. 7. 
* G. S. 1848, S. 343. 
* Die Wiederaufhebung dieses Gesetzes, oder 
doch die Vorlegung eines Gesetzes wegen zu ge- 
währender Entschädigung für die unentgeltliche 
Aufhebung des Jagdrechtes auf fremdem Grund 
und Boden, ist mehrfach in Anregung gebracht 
worden: indes haben diese Anträge keinen Erfolg 
gehabt. Vgl. insbesondere die Stenogr. Ber. der 
1. Kammer, beziehungsweise des H. H. 1853—54, 
S. 22—23, 347—354, 406—422, 667—674, 
699—707:1857, Bd. I, S. 88 ff. und S. 326 ff. 
1858, Bd. 1, S. 92 ff.; 1859, S. 152 ff. und
	        
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