Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Freiheit und Sicherheit des Eigentums. (8. 58.) 243 
setzgebung beseitigten Beschränkungen, welche — ungeachtet der erfolgten Abänderung des 
Art. 42 der Verfassungsurkunde — aufgehoben bleiben, hatte indes die mehrgedachte Be- 
stimmung dieses Artikels auch die Wirkung, jede das Recht der freien Verfügung über 
das Grundeigentum einschränkende Provinzialgesetzgebung unmöglich zu machen!, indem 
der gedachte Artikel bestimmte, daß dergleichen Beschränkungen nicht anders als im Wege 
der „allgemeinen Gesetzgebung“ eingeführt werden dürften, wogegen der Erlaß solcher 
partikularen Gesetze nach der nunmehr erfolgten Aufhebung des Abs. 1 des Art. 42 ver- 
fassungsmäßig nicht mehr unstatthaft ist. 
b) Was sodann die in dem zweiten Satze des Abs. 1 des Art. 42 ausgesprochene 
Gewährleistung der „Teilbarkeit des Grundeigentums“ betrifft, so ist auch hier darauf 
hinzuweisen, daß dies Prinzip keineswegs erst durch die Verfassungsurkunde eingeführt 
worden ist, sondern daß der Art. 42 in dieser Beziehung nur dasjenige wiederholt hat, 
was bereits durch die Gesetzgebung feststand und folglich, ungeachtet der Aufhebung der 
im Art. 42 ausgedrückten verfassungsmäßigen Garantie des Prinzips, bestehen bleibt. 
Während nämlich in denjenigen westlichen Landesteilen, welche ursprünglich von fränkischen 
Stämmen bewohnt, und wo fränkische Rechte hergebracht gewesen, abgesehen von einzelnen 
Gütern, verfassungsmäßige Einschränkungen der Teilbarkeit niemals bestanden, bildete in 
anderen Landesteilen, vorzugsweise in den östlichen Provinzen und einem Teile von West- 
falen, die Geschlossenheit und Unteilbarkeit, besonders der bäuerlichen Höfe, die Regel. 
Allein bereits das Edikt v. 9. Okt. 1807 (§§. 4—6) sprach den Grundsatz der Dis- 
membrationsfreiheit aus, und das Landeskulturedikt v. 14. Sept. 1811 (§§. 1—6) er- 
teilte noch durchgreifendere und entschiedenere Bestimmungen über die Teilbarkeit des 
Grundbesitzes. Im Ressort der Auseinandersetzungsbehörden ergingen dann mehrere gesetz- 
liche Vorschriften, welche bezweckten, für die Geschäfte dieser Behörden erleichternde Ein- 
richtungen in bezug auf die dabei stattfindenden Zerstücklungen zu treffen. Abgesehen 
hiervon sind dann noch anderweitige Gesetze zur Erleichterung der Parzellierungen er- 
gangen, nämlich das Gesetz v. 13. April 1841 über den erleichterten Austausch einzelner 
Parzellen von Grundstücken", welches demnächst durch das an dessen Stelle getretene 
  
1362, Bd. II, S. 65 ff.; desgleichen Bericht der 
XIII. Kommission für die Jagdgesetzgebung v. 
8. April 1856 in den Drucksachen des H. H. 
1855—56, Bd. III, Nr. 168, Bericht der X. Kom- 
mission v. 24. April 1857 in den Drucksachen 
des H. H. 1856—57, Bd. III, Nr. 136, Bericht 
der Petitionskommission v. 4. Febr. 1858 in den 
Drucksachen des H. H. 1857—58, Bd. I, Nr. 23, 
S. 4—5, nebst Verbesserungsantrag dazu in den 
Drucksachen, Bd. I, Nr. 28, Bericht der Petitions- 
kommission v. 5. März und 9. Mai 1859 in den 
Drucksachen des H. H. 1858—59, Bd. 1, Nr. 45, 
S. 1 ff., und Bd. III, Nr. 128, S. 1 ff., und 
Bericht der Petitionskommission v. 25. Juni 1862 
in den Drucksachen des H. H. 1861—62), Bd. II, 
Nr. 40, S. 3—4. — Bygl. ferner die Verhand- 
lungen im Abg. H. v. 19. Jan. 1856 (Stenogr. 
Ber. 1855—56, Bd. I, S. 119—124 und Bd. 1V, 
S. 9—10), v. 18. März 1857 (Stenogr. Ber. 
1856—57, Bd. I, S. 518—520 und Bd. III, 
S. 230—231), und v. 17. Febr. 1858 (Stenogr. 
Ber. 1858, Bd. l, S. 73—77 und Bd. II, S. 25). 
1 So schloß z. B. die gedachte Bestimmung 
des Art. 42 eine Partikulargesetzgebung, wie die 
über die bäuerliche Erbfolge in der Provinz 
Westfalen v. 13. Juli 1836 (G. S., S. 209) 
aus; noch vor Erlaß der Verfassung durch die 
Verordnung v. 18. Dez. 1849 (G. S., S. 425) 
wurde jenes Gesetz beseitigt. In neue Form — 
„Anerbenrecht“ — sind die alten Grundsätze der 
Geschlossenheit und Unteilbarkeit der Bauerugülter 
  
für Westfalen und die angrenzenden Teile der 
Rheinprovinz gebracht durch G. v. 2. Juli 1898 
(G. S. 139); vgl. auch das die gleichen Grund- 
sätze für Renten= und Ansiedlungsgüter feststellende 
G. v. 8. Juni 1896 (G. S. 124). Außerdem die 
G. S. 1891, S. 303 im Eingang des G. v. 
11. Juli 1891 angeführten Gesetze über Höfe- 
rollen und Landgüterrollen, deren System unten 
im Verwaltungorecht darzustellen sein wird. 
2 Vgl. das Nähere hierüber, in Lette und 
v. Rönne, Landeskulturgesetzgebung des Preußi- 
schen Staates, Bd. II, Abt. 1, S. 112 ff. 
3 Dahin gehören die Bestimmungen des §. 43 
der Verordnung v. 20. Juni 1817 (G. S., 
S. 161) bezüglich der Verteilung von Reallasten 
und Abgaben an Kirchen und Schulen, sowie an 
andere öffentliche Anstalten, desgleichen der Kom- 
munallasten, sowie in Rücksicht der Teilbarkeit 
der dem Gutsherrn vorbehaltenen Renten und 
anderen Abgaben privatrechtlicher Natur. Ferner 
die Bestimmungen des Regulierungsedikts v. 
14. Sept. 1811, §. 28, über die Repartition der 
gutsherrlichen Entschädigungerente bei einer Ver- 
einzelung des Hofes auf die einzelnen Stücke; 
dann die Vorschriften der Ablösungsordnung v. 
7. Juni 1821, durch welche die Verteilung, resp. 
Ablösung der Reallasten privatrechtlicher Natur bei 
den Dismembrationen erst vollständig ausführbar 
wurde: vgl. hierüber Lette und v. Rönne, vandes- 
kulturgesetzgebung, Bd. 1II, Abt. I. S. 119—1219. 
1 G. S. 1841, S. 79. 
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