244 Das Staatsbürgerrecht. (S. 58.)
Gesetz v. 27. Juni 1860 ersetzt worden ist, und das Gesetz v. 3. März 1850, be-
treffend den erleichterten Abverkauf kleiner Grundstücke.: Die durch die vorstehend er-
wähnte Gesetzgebung festgestellte Freiheit der Zerstücklung des Grundbesitzes wird nun
aber durch die Aufhebung der in dem Art. 42 der Verfassungsurkunde ausgesprochenen
Garantie des Prinzips, aus welchem jene Gesetzgebung hervorgegangen ist, keineswegs
eingeschränkt, sondern besteht, ungeachtet der Beseitigung ihrer verfassungsmäßigen Grund-
lage, gesetzlich fort.
c) Endlich spricht der Abs. 1 des Art. 42 der Verfassungsurkunde die Garantie
der „Ablösbarkeit der Grundlasten“ aus. Auch dieser Satz ist nur ein Zeugnis und
eine Sanktion dessen, was in Preußen für die vor dem Jahre 1866 den Staat bilden-
den Landesteile schon vor der Verkündigung der Verfassungsurkunde Rechtens gewesen
und seit einem halben Jahrhundert als eine notwendige Bedingung für die fortschreitende
Entwicklung erkannt worden ist.¾ Der Grundsatz der „Ablösbarkeit der Reallasten“ ist
demgemäß auch in dem §. 6 des Ablösungsgesetzes v. 2. März 1850“ im weitesten
Umfange wiederholt anerkannt und ausgesprochen worden und bleibt bestehen, ungeachtet
die Aufhebung des Art. 42 der Verfassungsurkunde ihm die staatsgrundgesetzliche Garantie
entzieht.
Es sind aber nach den Bestimmungen des Ablösungsgesetzes v. 2. März 1850
1 G. S. 1860, S. 384.
„ G. S. 1850, S. 145.
Vgl. hierüber Glatzel in Stengels Wörter-
buch, Bd. I, S. 8 ff., sowie die dort angegebene
weitere Literatur, insbesondere die vom Ober-
landeskulturgericht herausgegebene Zeitschrift für
die Landeskulturgesetzgebung in den preußischen
Staaten.
4 G. S. 1850, S. 77. — Dies Gesetz gilt
für den ganzen damaligen Umfang der Monarchie
mit Ausnahme der auf dem linken Rheinufer be-
legenen Landesteile, der Hohenzollernschen Lande
und des Jadegebiets. Für die Hohenzollernschen
Lande ist demnächst das Ablösungsgesetz v. 28. Mai
1860 (G. S., S. 221) ergangen. Für das
linke Rheinufer waren die Verhältnisse bereits
durch die französische Gesetzgebung im gleichen
Sinne geordnet worden, s. Lette und v. Rönne,
Bd. II, S. 217; Glatzel, S. 10, N. 22; s. für
das linke Rheinufer auch G. v. 12. Mai 1902
(G. S. 139).
5 Der §. 6 des Ablösungsgesetzes v. 2. März
1850 erklärt für ablösbar nach den Vorschriften
dieses Gesetzes: „alle beständigen Abgaben und
Leistungen, welche auf eigentümlich oder bisher
erbpachts= oder erbzinsweise besessenen Grund-
stücken oder Gerechtigkeiten haften (Reallasten)“,
und schlieüt sich, indem es hierbei auf die Qualität
des verpflichteten Grundstückes oder der Gerechtig-
keit, auf denen die Abgaben oder Leistungen haften,
überall nicht ankommen soll, demjenigen Prinzip
an, welches bereits die früheren Ablösungsord-
nungen für die westlichen Provinzen (Ablösungs=
ordnung v. 13. Juli 182, G. S. 1829, S. 65;
G. v. 22. Dez. 1839, G. S. 1810. S. 6: desgl.
v. 18. Juni 1840, G. S. 1840, S. 151: Ab-
lösungsordnung v. 18. Juni 13.10, G. S. 13840,
S. 156 und G. v. Juli 1810, G. S. 1340,
S. 195 angenommen hatten, indem derselbe
solchergestalt diejenige Beschränkung beseitigt, welche
die Ablösungsordnung v. 7. Juni 1821 für die
östlichen Landesteile, §5. 1 und 2 (G. S. 1821,
S. 77) auegesprochen hatte, daß nämlich Dienste
nur daun ablösbar sein sollten, wenn die ver-
pflichtete Stelle eine Ackernahrung im Sinne der
Art. 4 und 5ha der Deklaration v. 29. Mai 1316
und nicht eine sog. Dienstfamilienstelle sei. —
Die Ausnahmen, welche das an die Stelle sämt-
licher älteren Ablösungsordnungen getretene Ab-
lösungsgesetz v. 2. März 1850 von der Regel der
Ablösbarkeit der auf Grundstücken oder Gerechtig-
keiten haftenden Reallasten macht, sind nur folgende:
a) Ees sind nach §. 6 des Gesetzes von der Ab-
lösbarkeit nach dessen Bestimmungen die öffent-
lichen Lasten, mit Einschluß der Gemeindelasten.
Gemeindeabgaben und Gemeindedienste, sowie der
auf eine Deich= oder ähnliche Sozietät sich be-
ziehenden Lasten, ferner Abgaben und Leistungen
zur Erbauung oder Unterhaltung der Kirchen-,
Pfarr= und Schulgebäude, wenn letztere nicht die
Gegenleistung einer ablösbaren Reallast sind, in.
welchem Falle sie zugleich mit dieser abgelöst wer-
den, ausgeschlossen. S. hierzu Glatzel, S. 11
(§. 8), bes. N. 26, die spezialgesetzlichen Vorschrif#en
über die auf dem öffentlichen Rechte beruhenden,
gesetzlichen oder nach der Verfassung einer öffent-
lich-rechtlichen Korporation aufgelegten sog. ge-
meinen Lasten. d) Nach §8. 7 des Gesetzes sind
Grundgerechtigkeiten (Servituten) und andere nach
den Grundsätzen der Gemeinheitsteilungsordnung
abzulösende Verhältnisse in der Regel nicht nach
den Vorschriften des Ablösungsgesetzes v. 2. März
1850 ablösbar; dagegen kann die Aufhebung
solcher Rechtsverhältnisse nach den Vorschriften
der Gemeinheitsteilungsordnung v. 7. Juni 1821
(G. S., S. 53) und des Ergänzungsgesetzes zu
derselben v. 2. März 1850 (G. S., S. 139) er.
folgen, und in betreff der Ablösung solcher Rechts-
verhältnisse in der Rheinprovinz (mit Ausnahme
der Kreise Rees und Duisburg) und in Neu-
vorpommern und Rügen finden die Vorschriften
der für diese Landesteile ergangenen Gemeinheits=
teilungsordnung v. 19. Mai 1851 (G. S., S. 371)
Anwendung. — Agl. über die Frage, welche Lasten
im Sinne des Ablösungsgesetzes v. 2. März 1850
für „Reallasten“ und welche für „Grundgerechtig-
keiten“ zu erachten, die Erörterungen in Lette
und v. Rönne, Landeskulturgesetzgebung des
Preusßtischen Staates, Bd. II, Abt. 1, S. 323—
351. — Was dic auf Mühlengrundstücken haften-