Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Freiheit und Sicherheit des Eigentums. (8. 58.) 245 
in der Regel! alle Arten Reallasten, mit Ausnahme der öffentlichen Lasten (s. 
S. 244, N. 5) ablösbar, und was die „Grundgerechtigkeiten“ betrifft, so findet deren 
Aufhebung gegen Entschädigung in der Regel nach den Vorschriften der beiden Gemein- 
heitsteilungsordnungen? statt, so daß also auch in letzterer Beziehung die Befreiung des 
Grundeigentums von darauf lastenden Beschränkungen gesetzlich ermöglicht ist. Nur die 
Ablösbarkeit derjenigen auf Grundstücken haftenden Reallasten, welche an Kirchen, 
Pfarren, Küstereien und Schulen zu entrichten sind, ward von dem Ablösungsgesetze 
v. 2. März 1850 nicht definitiv ausgesprochen, sondern die Regulierung dieses Gegen- 
standes erfolgte durch das Gesetz v. 15. April 1857 3, an dessen Stelle indes dem- 
nächst das Gesetz v. 27. April 1872, betreffend die Ablösung der den geistlichen und 
Schulinstituten, sowie den frommen und milden Stiftungen usw. zustehenden Realberech- 
tigungen getreten ist. 
2. Der letzte Abs. des Art. 42 der Verfassungsurkunde bestimmt, „daß bei erb- 
licher Überlassung eines Grundstückes nur die Ubertragung des vollen Eigentums zulässig 
sein soll, jedoch auch hier ein fester ablösbarer Zins vorbehalten werden kann“. Auf 
Grund dieses Satzes der Verfassungsurkunde hat demnächst auch der §. 91 des Ab- 
lösungsgesetzes v. 2. März 1850 verordnet, „daß bei erblicher überlassung eines Grund- 
stückes fortan nur die Ubertragung des vollen Eigentums zulässig sei“ und „daß mit 
Ausnahme fester Geldrenten einem Grundstücke künftig keine Lasten auferlegt werden dürfen, 
welche nach dem Gesetze ablösbar sind“. Nach den ferneren Bestimmungen des ange- 
zogenen §. 91 soll aber der Verpflichtete berechtigt sein, neu auferlegte feste Geldrenten, nach 
vorgängiger sechsmonatlicher Kündigung, mit dem zwanzigfachen Betrage abzulösen, sofern 
nicht vertragsmäßig etwas anderes bestimmt wird; auch darf vertragsmäßig die Kündigung 
nur während eines bestimmten Zeitraumes, welcher dreißig Jahre nicht übersteigen darf, 
ausgeschlossen und ein höherer Ablösungsbetrag als der fünfundzwanzigfache der Rente 
nicht stipuliert werden. Endlich schreibt der §. 91 a. a. O. noch vor, „daß vertrags- 
mäßige Bestimmungen, welche den Vorschriften desselben zuwiderlaufen, wirkungslos sind, 
unbeschadet der Rechtsverbindlichkeit des sonstigen Inhaltes eines solchen Vertrages“. — 
Diese Bestimmungen, welche dem Grundsatze des Schlußabsatzes des aufgehobenen Art. 42 
der Verfassungsurkunde seine praktische Anwendung sichern, bleiben, ungeachtet der Be- 
seitigung ihrer verfassungsmäßigen Garantie, fortbestehen.“ 
  
den Reallasten betrifft, so findet deren Ablösung 
nach den Vorschriften des G. v. 11. März 1850, 
betefsend die auf Mühlengrundstücken haftenden 
Reallasten (G. S. 1850, S. 146) statt. Die Re- 
gulicrung behufs der Eigentumsverleihung bäuer- 
licher Besitzungen aber, welche bisher nicht zu 
Eigentums-, Erbzins= oder Erbpachtsrechten be- 
sessen worden, findet in den vor dem Jahre 1866 
die Monarchie bildenden Landesteilen rechts der 
Elbe, mit Ausschluß jedoch von Neuvorpommern 
nebst Rügen und des vom Königreiche Sachsen 
erworbenen, gegenwärtig zur Provinz Sachsen 
gehörigen Landesteiles, nach den Vorschriften des 
Abschnittes III des Ablösungsgesetzes v. 2. März 
1850 stan (vgl. Lette und v. Rönne, a. a. O., 
S. 597—598), wogegen für die altländischen 
Landesteile zwischen Elbe und Rhein der Ab- 
schnin II des Ablösungsgesenes v. 2. März 1850 
nicht gilt, sondern die verschiedenen für diese er- 
gangenen provinziellen Ablösungs= und Regu- 
lierungsgesetze (modifiziert durch die Bestimmungen 
der Abschnitte 1, II und IV des Ablösungsgesetzes 
v. 2. März 1850) zur Anwendung gelangen (val. 
Lette und v. Rönne, a. a. O., S. 844—1032). 
1 Vgl. die vorige Note. 
* Vgl. Glatzel in Stengels Wörterbuch, Bd. I, 
S. 548 ff. „Gemeinheitsteilungen“. 
2 G. S. 1857, S. 363 ff. 
  
4 G. S. 1872, S. 417 ff.: Glatzel, S. 13, 
dazu für Schlesien besonders N. 49. 
5 Gleiche Bestimmungen enthält das kurhessische 
G. v. 20. Juni 1850, §. 1 (G. S. für Kurhessen 
S. 29). — Bezüglich der Provinz Hannover vgl. 
Verordnung v. 23. Juli 1833 (G. S. für Han- 
nover, Abt. 1, S. 253). 
* Die Bestimmungen des Schlußabsatzes des 
Art. 42 der Verf. Urk. und des §. 91 des Ab- 
lösungsgesetzes v. 2. März 1850 sind, wie das 
ganze Ablösungsgesetz, aus der Überzeugung her- 
vorgegangen, daß die Abhängigkeit des bäuer- 
lichen Grundbesitzes von dem gutsherrlichen einer 
ersprießlichen Benuvung des Besitzes und der 
Kräftigung des Landes und seiner Bewohner 
hemmend entgegenstehe. Deshalb aber wurden 
durch die angezogenen Bestimmungen zugleich auch 
Vorkehrungen getroffen, dast sich einesteils neue 
Abhängigkeitsverhältnisse nicht bilden, und andern- 
teils alte mit Umgehung des Gesetzes nicht fernerhin 
entstehen können. Daher ist durch die angezogenen 
Bestimmungen dafür Sorge getragen worden: 
al daß Erbpacht-, Erbzins= und andere dergleichen 
Verträge, welche auf der Annahme eines geteilten 
Eigentums beruhen, nicht ferner geschlossen wer- 
den dürfen, sondern daß, wenn ein Grundstück 
dergestalt von dem jetzigen an einen anderen Be 
sitzer übergehen soll, daß der neue Besitzer es zu
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.