Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Das Recht der freien Meinnngsäußerung. (8. 59.) 255 
im Wege der Gesetzgebung gestattete. Abgesehen hiervon waren in verschiedene, zunächst 
oktroyierte Verordnungen zerstreute Bestimmungen aufgenommen worden, welche auch die 
Preßgesetzgebung berührten?, und außerdem hatte die Staatsregierung sich für berechtigt 
erachtet, eine neue Oktroyierung auf diesem Gebiete zur Ergänzung der Verordnung vom 
30. Juni 1849 mittels Verordnung v. 5. Juni 1850 vorzunehmen. Die erwähnten 
„Preßordonnanzen“ v. 30. Juni 1849 und v. 5. Juni 1850 wurden demnächst den 
Kammern zur nachträglichen Genehmigung, und zwar unter gleichzeitiger Einbringung 
eines, jene Verordnungen vollständig ersetzenden Entwurfes eines Preßgesetzes vorgelegt, 
aus welchem schließlich das für den ganzen damaligen Umfang der Monarchie erlassene 
Gesetz über die Presse v. 12. Mai 18514 hervorgegangen ist, durch welches (§. 56) 
die Preßverordnungen v. 30. Juni 1849 und 5. Juni 1850 außer Kraft gesetzt worden 
sinds, und welches nunmehr, neben den bereits mitgeteilten Bestimmungen der Art. 27 
und 28 der revidierten Verfassungsurkunde, die Grundlage der Preßgesetzgebung bildete 
und die Schranken der gewährleisteten Preßfreiheit normierte. Das Preßgesetz v. 12. Mai 
1851 erlangte demnächst durch die Verordnung v. 22. Mai 1867“ auch in der vor- 
mals bayerischen Enklave Kaulsdorf, und durch die Verordnungen v. 13. Mai 18677 
und v. 20. Sept. 18678 auch in dem vormals hessen-homburgischen Oberamte Meisen- 
heim Gesetzeskraft; durch die Verordnung v. 25. Juni 1867, Art. II, Lit. B aber 
wurde dasselbe in den übrigen, durch die Gesetze v. 20. Sept. und v. 24. Dez. 1866 
mit der preußischen Monarchie vereinigten Landesteilen in Wirksamkeit gesetzt. 
Inzwischen hatte zwar die Bundesversammlung nach ihrer im Jahre 1850 erfolgten 
Reaktivierung durch den Bundesbeschluß v. 6. Juli 1854 10 allgemeine Bestimmungen 
zur Verhinderung des Mißbrauches der Preßfreiheit, welche für die Gesetzgebung der 
einzelnen Bundesstaaten bindend sein sollten, und zwar unter dem Vorbehalte der Be- 
fugnis erlassen, nach Bedürfnis eingreifendere Anordnungen zu treffen. Dieser Bundes- 
beschluß ist indes in Preußen niemals publiziert worden, sondern es verblieb auch nach 
dessen Erlaß lediglich bei den Bestimmungen des Preßgesetzes v. 12. Mai 1851. Die 
  
1 Vgl. oben S. 251 ff. Auch änderte der Art. beitet, nebst einem historisch kritischen und prak- 
94 der Verf. Urk. v. 31. Jan. 1850 die Be= tischen Kommentar zu demselden (Breslau 1851). 
stimmung des Art. 93 der oktroyierten Verf. Urk. Außerdem die Kommentare von Helm, Conrad, 
ab, wonach alle Preßvergehen vor die Geschworenen Hahn, Müller, Schwarck, Thilo, Kayser, 
verwiesen waren, wogegen der Art. 94 der revi- Hartmann, die zum Teil auch heute noch ihren 
dierten Verf. Urk. vorbehielt, hiervon Ausnahmen wilssenschaftlichen Wert behaupten. — Das Haus 
durch das Gesetz einzuführen. der Abgeordneten beschloß in der Sitzung v. 
„ Nämlich in die Verordnung v. 10. Mai 30. Mai 1865 (Stenogr. Ber. des Abg. H. 1865, 
1849 über den Belagerungezustand (G. S. 1849, Bd. III. S. 1758), die Erklärung abzugeben, 
S. 165), in die Verordnung v. 23. Mai 1849 „ daß es für die Aufrechterhaltung der durch die 
wegen Bestrafung der Verleitung von Personen Verfassung gewährleisteten Prehfreiheit dringend 
des Soldatenstandes zum Ungehorsam (G. S. geboten sei, das Preßgesen v. 12. Mai 1851 einer 
1849, S. 417), in das G. v. 11. März 1850, durchgreifenden Revision zu unterziehen, auch die 
betr. die Injurienstrafen (G. S. 1850, S. 175), Schwurgerichte für Prehergehen wieder herzu- 
und in die Verordnung v. 11. März 1850, betr. stellen“ (vgl. die Verhandlung hierüber a. a. O., 
das Versammlungs= und Vereinigungerecht (G. 8- 1766 ff., und den Bericht der Justizkommission 
»O ss48 
»G.S.1850.S.—239.—Vgl.iivckdicIII-Mkssknsckxuss« 
Motive dieser anderweitigen Oktroyierung den Arr drd der tungeperiode 186.—68 von den 
gemnsaun zur Uerordnung v. 5. Jumi 1850 und Aunan auf Annabme eines Gesebeniwuris ten 
den Immediatberi « . -·- ... .’-·« 
4e.r?!uni JIZWAittlnt Patnszdisänn — — t ubeenan W“+“XPd der Frbcz- 
1#½v .. 232 Stenogr. Abg. H. —69, 
Fezunnt # * nes Kommentar über das Anl. B. II. Abtenst. Nr. 118, Z. 305), gelangte 
H4 6 ¾ 1 ½ Us i nicht zur Beratung. 
1 % G. S. 1867, S. 729. 
5 Vgl. die ausführliche Mitteilung der Ent- 
  
· . -. . * E s., S. 
stehungsgeschichte des Presigesetzes v. 12. Mai " Ebendas. — 700 
1851 in der Einleitung bei v. Rönne: Das Ebendas., S. 1534. 
Gesetz über die Presse v. 12. Mai 1851, mit dem *Ehbendas., S. 921. 
Regierungsentwurfe und den Kommissionsberichten 10 Vgl. denselben in Zachariäs Sammiung 
  
beider Kammern zusammengestellt, und unter Be= der deutschen Verfassungogesetze, S. 51 ff. 
rücksichtigung der Kammerverhandlungen bear- «
	        
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