Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

258 Das Staatsbürgerrecht. (8. 59.) 
betriebe eines Buch= oder Steindruckers, Buch= oder Kunsthändlers 1, Antiquars, Leih- 
bibliothekars, Inhabers von Lesekabinetten, Verkäufers von Zeitungen, Flugschriften und 
Bildern die Genehmigung der Bezirksregierung erforderlich sei, welche indes nicht versagt 
werden dürfe, wenn derjenige, welcher das Gewerbe betreiben will, unbescholten ist. Diese 
Bestimmung wurde indes durch die Reichsgewerbeordnung v. 21. Juni 1869 beseitigt; 
denn nach §. 1 derselben ist der Betrieb eines jeden Gewerbes jedermann gestattet, so- 
weit nicht durch die Gewerbeordnung selbst Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben 
sind; an diesem Fundamentalsatze haben auch alle späteren Abänderungen der Gewerbe- 
ordnung festgehalten. Demnach ist auch die Sprache, in welcher Duuckschriften er- 
scheinen, frei und es bedürfte hier einer ausdrücklichen Gesetzesvorschrift für jede Ein- 
schränkung, während für Vereine und Versammlungen, insoweit sie dem öffentlichen Recht 
eingefügt sind, das Gegenteil angenommen werden muß (s. S. 293 f.). Beschränkungen 
bestehen aber bezüglich der (im §. 1 des Preßgesetzes v. 12. Mai 1851 aufgeführten) 
Gewerbetreibenden der Presse nicht, indem dieselben nicht zu denjenigen Gewerbetreibenden 
gehören, welche nach den §§. 29—40 der Reichsgewerbeordnung einer besonderen Ge- 
nehmigung (Approbation, Konzession) bedürfen. Die Preßgewerbe gehören daher jetzt zu 
denjenigen Gewerben, deren selbständiger Betrieb, zufolge §. 14 a. a. O., lediglich durch 
die Anzeige des Beginnes des Gewerbes bei der zuständigen Behörde bedingt wird. 
Nur die eine Bedingung ist, in §. 14 a. a. O., noch vorgeschrieben, daß Buch= und 
Steindrucker, Buch= und Kunsthändler, Antiquare, Leihbibliothekare, Inhaber von Lese- 
kabinetten, Verkäufer von Druckschriften, Zeitschriften und Bildern verpflichtet sind, bei der 
Eröffnung ihres Gewerbes das Lokal, sowie jeden späteren Wechsel desselben spätestens am 
Tage seines Eintrittes der zuständigen Behörde ihres Wohnortes anzugeben. Die Be- 
hörde ist (nach §. 15 a. a. O.) verpflichtet, innerhalb dreier Tage den Empfang der An- 
zeige zu bescheinigen. Die Unterlassung der vorschriftsmäßigen Anzeige des Beginnes 
des Gewerbes oder der Anzeige über das Betriebslokal wird (§. 148 a. a. O.) mit 
Geldbuße bis zu 150 Mark, oder im Falle des Unvermögens mit Haft bis zu vier 
Wochen bestraft. Daß auch Frauen zum selbständigen Betriebe der Preßgewerbe zuzu- 
lassen sind, ist nach §. 11 a. a. O. unzweifelhaft.? Auch ist unzweifelhaft, daß die 
Preßgewerbe durch Stellvertreter ausgeübt werden dürfen, und daß nach dem Tode eines 
Gewerbetreibenden der Presse das Gewerbe für Rechnung der Witwe während des Witwen- 
standes, oder, wenn minderjährige Erben vorhanden sind, für deren Rechnung durch einen 
Stellvertreter betrieben werden darf, und daß dasselbe während der Dauer einer Kuratel 
oder Nachlaßregulierung gilt (§§. 45 und 46 a. a. O.). Für den in diesen Fällen zu 
  
gedachten Beschränkungen der Preßfreiheit nicht an, daß die „Musikalienhändler" den Buch- 
ausdrücklich aufgeführt wurden, sondern nur das 
Verbot der Einführung der Zensur, so erachtete 
die Staatsregierung es für zulässig, durch den 
8. 2 der Preßverordnung v. 5. Juni 1850 (G. 
S., S. 329) vorzuschreiben, daß die Bestim- 
mung der Gewerbeordnung v. 17. Jan. 1845 
über den Gewerbebetricb der bei der Presse Be- 
teiligten wieder in Anwendung zu bringen sei, 
und das Zirk. Reskr. der M. d. Inn. und für 
H., G. u. öff. Arb. v. 9. Juni 1850 (M. Bl. 
d. i. Verw., S. 186,) erteilte hiernach eine In- 
struktion über die Handhabung der betr. Vor- 
schriften der Gewerbeordnung. Das Preßgesetz 
v. 12. Mai 1851 erklärte indes (§. 1) den S. 48 
der Gewerbeordnung auedrücklich für aufgehoben, 
und dadurch traten lediglich die Vorschriften des 
Abschnittes 1 des Prengeselzes an die Selle aller 
früheren Bestimmungen über den selbständigen 
Betrieb der darin aufgeführten Presigewerbe. 
Jetzt gelten lediglich die Grundsätze der Reichs- 
gewerbeordnung. 
1 Das Restr. des M. d. Inn. v. 10. Nov. 
1860 (M. Bl. d. i. Verw., S. 241) nahm 
  
händlern im Sinne des Preßgesetzes nicht beizu- 
zählen seien; dagegen hatte das Reskr. desselben 
Ministeriums v. 8. Mai 1852 (a. a. O., S. 121) 
dieselben den Buchhändlern wegen des Tertes der 
Musikstücke gleichgestellt. Vgll. auch das Restr. 
desselben Ministeriums v. 28. Febr. 1853 (a. a. O., 
S. 79). Die Frage hat gegenwärtig nur noch in- 
sofern ein Interesse, als von derselben abhängig 
ist, ob es auch bei Musikalienhändlern der im 
§. 14 der Gewerbeordnung v. 21. Juni 1869 vor- 
geschriebenen Anzeige des Lokals des Gewerbe- 
betricbes bedarf. 
m Früher hatte das Reskr. des M. d. Inn. 
v. 14. Juli 1855 (M. Bl. d. i. Verw., S. 138) 
dies verneint; das Reskr. desselben Ministeriums 
v. 26. O kt. 1861 (a. a. O., S. 272) dagegen, unter 
Aufhebung des Reskr. v. 14. Juli 1855, ausge- 
sprochen, das Franen, welche den allgemeinen und 
besonderen Erfordernissen für den Beginn des 
betr. Preßgewerbes zu genügen imstande sind, 
von dessen Betriebe nicht ausgeschlossen werden 
können.
	        
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