Das Recht der freien Meinungsäußerung. (§. ö9.) 259
bestellenden Stellvertreter ist auch der Nachweis einer besonderen Qualifikation nicht vor-
geschrieben.
Nach §. 1 des Preßgesetzes v. 12. Mai 1851 waren Buchhändler und Buchdrucker
verpflichtet, vor Erteilung der zu ihrem Gewerbebetriebe erforderlichen Konzession den
Nachweis ihrer Befähigung vor einer Prüfungskommission zu führen. Diese Vorschrift
ist indes bereits durch den §. 2 des Bundesgesetzes v. 8. Juli 1868, betreffend den
Betrieb der stehenden Gewerbe 2, beseitigt worden, welcher bestimmte, daß für den Be-
trieb eines Gewerbes, mit Ausnahme der speziell vorbehaltenen, zu welchen das Gewerbe
der Buchhändler und Buchdrucker nicht gehört, ein Befähigungsnachweis nicht mehr er-
forderlich ist.
Für gewerbsmäßige Verbreitung von Druckschriften oder anderen Schriften oder
Bildwerken an öffentlichen Orten (Bahnhöfen, Straßen, Wirtschaften), also außerhalb
eines bestimmten Verkaufslokales, ist ein polizeilicher Legitimationsschein erforderlich";
dieser wird auf ein Jahr erteilt und muß gewissen Personen nach Maßgabe der gesetz-
lichen Vorschriften verweigert werden (Gewerbeordnung 8. 57, Ziff. 1, 2, 4); bei anderen
gesetzlich bestimmten Kategorien von Personen soll er in der Regel (§. 57 a), bei anderen
kann er verweigert werden (§. 57 b, Ziff. 1, 2); soweit aber das Gesetz nicht in dieser
Beziehung Schranken zieht, ist der Schein zu erteilen 5; gegen Verweigerung seitens der
Verwaltungsbehörde kann immer mit Klage der Weg des Verwaltungsstreitverfahrens "
1 Auch das Preßgesetz v. 12. Mai 1851 ge-
stattete (§. 3) die Ausübung der Preßgewerbe
durch Stellvertreter, und (F. 4) den Betrieb durch
cinen Stellvertreter für Rechnung der Witwe
während des Witwenstandes, beziehungsweise der
minderjährigen Erben oder der Kuratel, verlangte
jedoch für den Stellvertreter, daß dieser denselben
Erfordernissen genüge, welche für den selbständigen
Gewerbebetrieb vorgeschrieben sind. — Diese be-
schränkenden Bestimmungen sind durch die Reichs-
gewerbeordnung für beseitigt zu erachten; denn
die §§. 45 und 46 derselben schreiben für Stell-
vertreter der Gewerbetreibenden der Presse keine
bejonderen Erfordernisse vor, und nach S. 42 a.
a. O. darf jeder dieser Gewerbetreibenden sein
Gewerbe nicht bloß am Orte seiner Niederlassung,
sondern auch außerhalb dieses letzteren ausüben.
Nur ist selbstverständlich, daß im Falle des Ge-
werbebetriebes an mehreren Orten die im F. 14
a. a. O. vorgeschriebene Anzeige den zuständigen
Behörden dieser verschiedenen Orte gemacht
werden muß.
: B. G. Bl. 1868, S. 406.
* Vgl. das Zirk. Reskr. des M. d. Inn. v.
4. Aug. 1868 (M. Bl. d. i. Verw. S. 217).
4 Gewerbeordnung §. 43 in der Fassung vom
26. Juli 1900 (R. G. B. 871); vgl. G. Meyer,
Verwaltungsrecht, Bd. I, S. 176 f.; v. Liszt,
S. 53 ff. („der fliegende Buchhandel“).
5 Die einschlägigen Vorschriften der Gewerbe-
ordnung lauten: „§. 57. Der Wandergewerbeschein
ist zu versagen: 1. wenn der Nachsuchende mit
einer abschreckenden oder ansteckenden Krankheit
behaftet oder in einer abschreckenden Weise entstellt
ist; 2. wenn er unter Polizeiaussicht sieht; 3. wenn
er wegen strafbarer Handlungen aus Gewinnsucht,
gegen das Eigentum, gegen die Sittlichkeit, wegen
vorsätzlicher Angriffe auf das Leben und die
Gesundheit der Menschen, wegen vorsätzlicher
Brandstistung, wegen Zuwiderhandlungen gegen
Verbote oder Sicherungsmaßregeln, betreffend
Einführung oder Verbreitung ansteckender Krank-
heiten oder Viehseuchen, zu einer Freiheitsstrafe
von mindestens drei Monaten verurteilt ist, und
seit Verbüßung der Strafe drei Jahre noch nicht
verflossen sind; 4. wenn er wegen gewohnheits-
mäßiger Arbeitsscheu, Bettelei, Landstreicherei,
Trunksucht übel berüchtigt ist; 5. in dem Falle
des §. 55, Ziff. 4, sobald der den Verhältnissen
des Verwaltungsbezirks der zuständigen Verwal-
tungsbehörde entsprechenden Anzahl von Personen
Wandergewerbescheine erteilt oder ausgedehnt sind
(§F. 60, Abs. 2)0. §. 57a. Der Wandergewerbe-
schein ist in der Regel zu versagen: 1. wenn
der Nachsuchende das 25. Lebensjahr noch nicht
vollendet hat. Im Falle der Ziff. 1 ist dem
Nachsuchenden der Wandergewerbeschein zu er-
teilen, wenn er der Ernährer einer Familie ist
und bereits 4 Jahre im Wandergewerbe tätig
gewesen ist. 2. wenn er blind, taub oder stumm
ist, oder an Geistesschwäche leidet. §. 57b. Der
Wandergewerbeschein darf außerdem nur dann
versagt werden: 1. wenn der Nachsuchende im
Inlande einen festen Wohnsitz nicht hat; 2. wenn
er wegen strafbarer Handlungen aus Gewinnsucht,
gegen das Eigentum, gegen die Sittlichkeit, wegen
vorsätzlicher Angriffe auf das Leben und die Ge-
sundheit der Menschen, wegen Hausfriedensbruches,
wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, wegen
vorsätzlicher Brandstiftung, wegen Zuwiderhand-
lungen gegen Verbote oder Sicherungsmaßregeln,
betreffend Einführung oder Verbreitung anstecken-
der Krankheiten oder Viehseuchen, zu einer Frei-
heitsstrafe von mindestens einer Woche verurteilt
ist, und seit Verbüßung der Strafe fünf Jahre
noch nicht verflossen sind: 3. wenn er wegen
Verletzung der auf den Gewerbebetrieb im Um-
herziehen bezüglichen Vorschriften im Laufe der
letzten drei Jahre wiederholt bestraft ist; 4. wenn
er ein oder mehrere Kinder besitzt, für deren
Unterhalt und, sofern sie im schulpflichtigen Alter
stehen, für deren Unterricht nicht genügend ge-
sorgt ist.“
* Zuständigkeitsgesetz v. 1. Aug. 1883, S. 116.
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