Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

260 Das Staatsbürgerrecht. (8. 59.) 
beschritten werden (§§. 63 mit 20, 21). Druckschriften, die in sittlicher: oder religiöser 
Beziehung Argernis zu erregen geeignet sind, sowie solche, die mittels Zusicherung von 
Prämien oder Gewinnen vertrieben werden, sind vom Feilbieten und Aufsuchen von Be- 
stellungen im Umherziehen und ebenso vom Vertrieb von Haus zu Haus oder an öffent- 
lichen Orten innerhalb des Gemeindebezirks, des Wohnortes oder der gewerblichen Nieder- 
lassung (§. 42 a, Abs. 1) ausgeschlossen, ebenso Lieferungswerke, wenn nicht der Gesamtpreis 
auf jeder einzelnen Lieferung an einer in die Augen fallenden Stelle bestimmt verzeichnet 
ist (§J. 56, Abs. 3); ein von der Behörde bei Erteilung des Legitimationsscheines fest- 
zustellendes und stets mitzuführendes Verzeichnis hat im übrigen die zum Vertriebe zu- 
gelassenen Druckschriften zu bezeichnen (F. 56, Abs. 4) 
Für nicht gewerbsmäßige Verbreitung bedarf es keiner besonderen Legitimation; doch 
kann der Vertrieb allen Personen untersagt werden, denen der Schein nach dem Gesesz 
versagt werden kann. 
Für den gewerbsmäßigen Vertrieb im Umherziehen gelten im übrigen die allge- 
meinen Vorschriften über den Gewerbebetrieb im Unherziehen. 6 
Üüber Bekanntmachungen, Aufrufe und Plakate s. S. 270, 271. 
Stimmzettel und Druckschriften zu Wahlzwecken für die Parlamente können in der 
Zeit von der amtlichen Bekanntmachung des Wahltages bis zur Beendigung des Wahl- 
aktes ohne polizeiliche Erlaubnis verteilt werden.“ 
Nicht unter die Bestimmungen der Reichsgewerbeordnung fällt dagegen die Beförde- 
rung aller Zeitungen politischen Inhaltes, welche öfter als einmal wöchentlich erscheinen. 
Die genannten Blätter dürfen vielmehr gegen Bezahlung von Orten mit einer Postanstalt 
des In= und Auslandes nach einem solchen nur durch die Post befördert werden, und 
wenn sie vom Auslande eingehen und nach inländischen Orten mit einer Postanstalt be- 
stimmt sind oder durch das Gebiet des Deutschen Reiches hindurchgehen sollen, müssen sie 
bei der nächsten inländischen Postanstalt zur Weiterbeförderung eingeliefert werden. Durch 
diese Statuierung des Postzwanges ist die Gewerbefreiheit in keiner Weise berührt; indes 
erstreckt sich der Postzwang nicht auf den zweimeiligen Umkreis des Ursprungsortes der be- 
treffenden Zeitung, auch ist die Beförderung durch expresse Boten oder Fuhren gestattet, wenn 
ein solcher Expresser nur von einem Absender abgeschickt ist und dem Postzwange unter- 
liegende Gegenstände weder von anderen mitnimmt, noch für andere zurückbringt. Übrigens 
darf die Annahme und Beförderung von Postsendungen von der Post nicht verweigert werden, 
sofern die Bestimmungen des Reichspostgesetzes und der auf Grund des §. 50 desselben 
erlassenen Postordnung beobachtet sind, und insbesondere darf keine im Gebiete des Deutschen 
Reiches erscheinende politische Zeitung vom „Postdebit“ ausgeschlossen werden, und ebenso- 
wenig darf bei der Normierung der Gebühren, welche für die Beförderung der im Gebiete 
des Deutschen Reiches erscheinenden Zeitungen erhoben werden, nach verschiedenen Grund- 
sätzen verfahren werden; die Post aber besorgt die Annahme von Bestellungen und die Beför- 
derung der Zeitungen mit den oben bezeichneten Einschränkungen ausschließlich (Monopol!."“ 
  
1 Zur näheren Bestimmung vgl. Entsch. d. eine solche Postdebitsentziehung gegen solche 
O. V. G., Bd. XV, S. 356. Zeitungen und Zeitschriften für zulässig erklärt 
* Gewerbeordnung §8. 43, 1485, Preßgesetz §.5.) wissen, gegen die wegen ihres Inhaltes eine Strafe 
Gewerbeordnung §. 55 ff., v. Liszt, S. 50 ff. erkannt worden war; allein die I. Kammer lehnte 
* Gewerbeordnung §. 43, Abs. 3, 4. die Aufnahme dieser Bestimmung ab. Durch den 
5 Reichspostgesetz v. 28. Okt. 1871, 88. 1 u. 2/ mit dem §. 3 des Reichspostgesetzes v. 28. Okt. 
(R. G. Bl. S. 347). 1871 übereinstimmenden §. 4 des Postgesetzes für 
* Reichopostgesetz v. 28. Okt. 1871, §. 3 (ta. den Norddeutschen Bund (B. G. Bl. 1867, S. 62) 
a. O., S. 348). Bei der Beratung über das wurde die Zulässigkeit einer solchen Maßregel 
preußische Preßgesetz v. 12. Mai 1351 hatte die definitiv auesgeschlossen. Uber die „Zeitungsgebühr“ 
Staatsregierung beantragt, in das nrestgeier auchjent R.G. v. 20. Dez. 1899 (R. G. B.715 Art. 1,II 
die (im §. 1 der Presordonnanz v. 5. Juni 1850 ühber die Beseitigung der Privatpostanstalten ebenda 
enthaltene) Bestimmung aufzunehmen, „daß die Art. 3—5. Vgl. über das „Zeitungsgeschäft“ der 
Postverwaltung berechtigt sein solle, nach Umstän= Post auch Laband, Staatsrecht III, 56, 62; G. 
den die Annahme und Ausführung von Bestellun= Mevyer, Lehrbuch des Verw. R. I, 579, 583, 
gen auf Zeitungen und Zeitschriften abzulehnen", 589: Arndt, Reichsstaatsrecht, S. 297; Zorn, 
und zwar wollte der Entwurf des Gesetzes (§. 55)| Bd. II, S. 276. 
 
	        
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