Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

262 Das Staatsbürgerrecht. (S. 59.) 
IV. Das Reichspreßgesetz hat, außer den vorstehend gedachten allgemeinen sin- 
leitenden) Bestimmungen ferner folgende Anordnungen getroffen: 
A. Betreffend die Ordnung der Presse (Abschn. II). 
1. a) Auf jeder im Geltungsbereich des Reichspreßgesetzes 1 erscheinenden Druck- 
schrift muß der Name und Wohnort des Druckers? und, wenn sie für den Buchhandel 
oder sonst zur Verbreitung 3 bestimmt ist, der Name und Wohnort des Verlegers", oder 
— beim Selbstvertriebe der Druckschrift — des Verfassers oder Herausgebers genannt 
sein. An Stelle des Namens des Druckers oder Verlegers genügt die Angabe der in 
das Handelsregister eingetragenen Firma.? „Die Anstalten, aus denen die Druckschrift 
hervorgegangen ist, sollen zur Kenntnis der überwachenden Behörde gebracht werden.“? 
Ausgenommen von dieser Vorschrift sind die nur zu den Zwecken des Gewerbes und 
Verkehrs, des häuslichen und geselligen Lebens dienenden Druckschriften, als: Formulare, 
Preiszettel, Visitenkarten und dergleichen, sowie Stimmzettel für öffentliche Wahlen, so- 
fern sie nichts weiter als Zweck, Zeit und Ort der Wahl und die Bezeichnung der zu 
wählenden Personen enthalten (§. 6, dazu das Spezialgesetz v. 12. März 1884, N. 
G. B. 17). 
b) Zeitungen und Zeitschriften, welche in monatlichen oder kürzeren, wenn auch un- 
regelmäßigen Fristen erscheinen (periodische Druckschriften im Sinne des Reichspreßgesetzes) 
müssen außerdem auf jeder Nummer, jedem Stücke oder Hefte den Namen und Wohnort 
des verantwortlichen Redakteurs, d. i. derjenigen Person, die die Oberaufsicht über die 
Redaktionsgeschäfte führt?, enthalten. Die Benennung mehrerer Personen als verant- 
  
kräftig zu einer Strafe verurteilt worden sind, fallen nicht unter die Bestimmung des Abs. 1 des 
kann von der Landespolizeibehörde die Befugnis §. 6, vgl. Stenogr. Ber- des Reichstages 1574, 
zur gewerbsmäßigen oder nicht gewerbsmäßigen I. Session, Bd. I. S. 393 ff.; Marquardsen, 
öffentlichen Verbreitung von Druckschriften, sowie Reichspreßgesetz, S. 71; Liszt, Reichsprebrech, 
die Befugnis zum Handel mit Druckschriften im S. 78; G. Meyer, Verw. R., Bd. 1 175. 
Umherziehen entzogen werden. Die Beschwerde Der un §. 6 gebrauchte Ausdruck: „Wohnorr- 
findet nur an die Aufsichtsbehörden statt (§. 24 ist nicht identisch mit „Wohnsitz“; es genügt die 
a. a. O.). Wer einem auf Grund des §. 23 Angabe des Ortes, wo Drucker und Verleger den 
ergangenen Urteil oder einer auf Grund des s. 24 Pflichten obliegen, die ihre Verantwortlichkeit be- 
erlassenen Verfügung zuwiderhandelt, wird mit gründen, gleichviel ob sie dort ihr Domizil haben 
Geldstrafe bis zu 1000 Mark oder mit Haft oder oder nicht (Erk. des Ob. Trib. v. 5. Sept. 1878, 
mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft Oppenhoffs Rechtspr., Bd. XIX, S. 384. 
(S. 25 a. a. O.). In bezug auf die dem §. 6 des Reichspreß. 
1 Die Beschränkung der Bestimmung des §. 6 gesetzes entsprechende Bestimmung des §. 7 des 
auf die „im Geltungsbereiche des Reichspreßgesetzes“ Preßgesetzes v. 12. Mai 1851 hat das Ob. Trib. 
erscheinenden Druckschriften drückt aus, daß bei in dem Erk. v. 27. Febr. 1856 (J. - Bl., 
Druckschriften, welche im Auslande erschienen sind, S. 114; Goltdammers Arch., Bd. IV, S. 3791 
die Verbreitung im Inlande an eine gleiche Vor-- angenommen, daß dieser Paragraph nicht aus- 
aussetzung nicht gebunden sein soll (vgl. die Motive drücklich einen legitimen Verlag voraussetzt, sondern 
zum §. 5 des Entwurfs in den Stenogr. Ber. daß auch derienige Verleger im Sinne dieses 
des Reichstages 1874, 1. Session, Bd. III, Aktenst. Paragraphen ist, bei welchem die Druckschrift als 
Nr. 23, S. 139), daß vielmehr für „ausländische“ Verlags= oder Kommissionsartikel faktisch erscheint. 
Preßerzeugnisse besondere Bestimmungen gelten, Herausgeber eines Sammelwerkes, z. B. eines 
vgl. unten Ziff. 6 a). Anzeigeblattes, ist derjenige, welcher die Zusammen- 
2 v. Liszt, S. 24 ff. über die Abgrenzung stellung des Ganzen bewirkt und die Veröffent- 
der einzelnen Begriffe; über „Druckschrift" Jolly lichung veranlaßt. Hat der Verfasser oder Her- 
bei Stengel, Bd. II, S. 302. ausgeber einer zur Verbreitung bestimmten Druck- 
3 Nicht nur zur gewerblichen, wie v. Liszt, schrift den Selbstvertrieb übernommen, so genügt 
S. 73 annimmt; s. dagegen G. Meyer, Verw. es, wenn sein eigener Name neben dem Namen 
N., Bd. I, S. 174, N. 3: Entsch. d. Neichs= usw. des Druckers auf der Schrift genannt ist: 
gerichts i. Strafs., Bd. XX, S. 63 ff. es ist nicht erforderlich, daß er dabei sich zugleich 
* Unter dem „Verleger"“ ist auch der Kom= als Selbstverleger bezeichne (Erk. des Ob. Trib. 
missionsverleger begriffen vgl. den Kommissions= v. 18. Juni 1863, Oppenhoffs Rechtsprechung, Bo. 
bericht zum §. 6, Stenogr. Ber. a. a. O., Bd. III, III, S. 508, Goltdammers Arch., Bd. XI, S. 707. 
Aktenst. Nr. 67, Z. 251/; vgl. v. Liszt, S. 29 ff. " v. Liszt, S. 74. 
über „Verleger“. 7 v. Liszt, S. 80, 183 f. S. über die „Dis- 
5 Vgl. hierher v. Liszt, 71 ff. Im be= krepanz zwischen Gesetz und Wirklichkeit“ auch 
sonderen ist hervorzuheben: Die sog. Exemplare v. Liszt, S. 37. 
„Avant la lettre“ bei Aupfer- und Stahlstichen * Die regelmäßige Beilage einer periodischen 
  
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