Versammlungs- und Vereinsrecht.
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rung der Statuten oder der Vereinsmitglieder binnen drei Tagen, nachdem sie eingetreten
ist:, der Ortspolizeibehörde zur Kenntnisnahme einzureichen, derselben auch auf Erfordern
jede darauf bezügliche Auskunft zu erteilen.
Die Ortspolizeibehörde hat über die erfolgte Einreichung der Statuten und der Ver-
zeichnisse, oder der Abänderungen derselben, sofort eine Bescheinigung zu erteilen (§. 22,
(Erkenntnis des Obertribunals v. 9. Juni 1870,
J. M. Bl. 1870, S. 218, Oppenhoffs Rechtspr.,
Bd. XI, S. 346, Goltdammers Archiv, Bd. XVIII,
S. 631). Dagegen mit Recht: nur am Orte des
Vereinssitzes, Entsch. des O. V. G., Bd. XXXI,
S. 412. c) Der §. 2 verpflichtet die Vorsteher eines
politischen Vereins nicht, der Vorschrift über die Ein-
reichung der Statuten usw. an die Ortspolizei-
behörde an jedem Orte zu genügen, an welchem
einer der Vorsteher eine (vorschriftsmäßig ange-
meldete) Volksversammlung veranstaltet, sofern
nicht festgestellt werden kann, daß an dem be-
treffenden Orte formell oder tatsächlich ein Verein
sich gebildet habe (Erkenntnis des Obertribunals
v. 25. Mai 1877, Goltdammers Archiv, Bd. XXV,
S. 384). ber Zweigvereine eines Zentral-
verbandes s. Entsch, des O. V. G., Bd. XXXIX,
S. 426; Bd. XXXVIII, S. 405. Eine wieder-
holte Einforderung eines Mitgliederverzeichnisses
muß befolgt werden, wenn besondere Gründe die
Ortspolizeibehörde eine Anderung des früheren
Bestandes vermuten lassen: Entsch. des O. V. G.
v. 4. Juli 1902, D. Jur. Ztg., S. 130. Auf die
Neuwahl des Vorstandes bezieht sich §. 2 nicht, eine
Anzeigepflicht besteht in dieser Richtung also nicht.
d) Wenn auch jeder Verein nach §§. 2 und 13
Statuten haben und vorlegen soll, so ist doch die
Existenz eines Vereins nicht von dem Vorhanden-
sein von Statuten und also auch die eines be-
sonderen Vereins nicht von dem Nachweise be-
sonderer Statuten bedingt (Erkenntnis des Ober-
tribunals v. 22. Febr. 1877, Oppenhoffs Rechtspr.,
Bd. XVIII, S.158, Goltdammers Archiv, Bd.XXV,
S. 249). e) Die Statuten und Mitgliederverzeich-
nisse müssen zur Vermeidung der Strafe des §. 13
in deutscher Sprache eingereicht werden (Er-
kenntuis des Obertribunals v. 9. Febr. 1876,
Oppenhoffs Rechtspr., Bd. XVII, S. 103, Golt-
dammers Archiv, Bd. XXIV, S. 65). Vgl. über
die Sprache der Vereine und Versammlungen
noch unten S. 293 .
1 Über die Berechnung im Anschluß an St. P.
O., §. 42 (computatio naturalis), s. Schwartz,
Verf. Urk., S. 388.
: a) Als „Verein“ im Sinne des F§. 2 ist
jede dauernde Vereinigung Mehrerer zur Ver-
folgung bestimmter gemeinschaftlicher Zwecke zu
erachten (Erkenntnis des Obertribunals v.
30. April 1869, Entsch., Bd. LXII, S. 15, Oppen-
hoffs Rechtspr., Bd. X. S. 279, Goltdammers
Archiv, Bd. XVII, S. 522);: jedoch gehört
es nicht zu den wesentlichen Voraussetzungen,
daß sämtliche in den Verein getretene Personen
von der näheren Organisation, den speziellen
Zielen, der Art und Weise wie, und den Mitteln,
mit welchen er seine Zwecke verfolgen will, ein-
gehende Kenntnis haben (Erkenntnis des Ober-
tribunals v. 17. Juni 1875, Oppenhoffs Rechtspr.,
Bd. XVI. S. 452, Goltdammers Archiv, Bd.
werkskartellen zum Vereinsgesetz s. Entsch. des
O. V. G., Bd. XXXIX, S. 426. b) Die Tätigkeit
der Organe des Vereins, insbesondere der Mit-
glieder des Vorstandes kann für die Feststellung
der Zwecke des Vereins auch dann von Erheblich-
keit sein, wenn sie dem statutenmäßig ausgesproche-
nen Zwecke nicht entspricht. Der §. 2 setzt nicht
voraus, daß von dem Vereine eine gesetzwidrige
Einwirkung auf die öffentlichen Angelegenheiten
bezweckt werde (Erkenntnis des Obertribunals v.
8. April 1875, Goltdammers Archiv, Bd. XXIII,
S. 470). c) Das Vereinsgesetz rkennt solche Vereine,
welche eine Einwirkung auf öffentliche Angelegen-
heiten bezwecken, nur in lokaler Begrenzung an
und unterwirft eine jede Verbindung einer Mehr-
zahl von Personen innerhalb der Grenzen eines
gewissen Polizeibezirkes zur Einwirkung auf öffent-
liche Angelegenheiten unter einer Leitung für
längere oder kürzere Zeit der in dem Gesetze ge-
ordneten Kontrolle der Ortspolizeibehörde, ohne
Rücksicht darauf, welche Gestalt die Statuten der
Vereinsorganisation gegeben haben mögen. So
lange jedoch die einem Polizeibezirke angehören-
den Personen, welche einem über einen weiteren
Raum sich ausdehnenden politischen Vereine bei-
getreten sind, nicht auch innerhalb jenes Bezirkes
eine besondere Vereinstätigkeit entwickeln, finden
die Vorschriften der §§. 2 und 13 auf sie keine
Anwendung (Erkenntnis des Obertribunals v.
16. April 1874, Oppenhoffs Rechtspr., Bd. XV.
S. 230, Goltdammers Archiv, Bd. XXII, S.569).
d) Für den Begriff des Vereins kommt es
nur auf das Bestehen einer Organisation zur
Verwirklichung des Vereinszweckes unter einer
äußeren Leitung an, nicht aber auf eine größere
oder geringere Intensivität dieser Gliederung
(Erkenntnis des Obertribunals v. 5. April
1876, Oppenhoffs Rechtspr., Bd. XVII. S. 250,
Goltdammers Archiv, Bd. XXIV, S. 392).
e) Für die Anwendbarkeit des §. 2 kommt nichts
darauf an, ob die öffentlichen Angelegenheiten,
auf welche der Verein seine Einwirkung zu üben
beabsichtigt, zugleich das Privatinteresse der Ver-
einsmitglieder berühren oder nicht. Es ist auch
dazu nicht erforderlich, daß ein Verein fortgesetzt
und ausschließlich die Erörterung öffentlicher An-
gelegenheiten als Zweck seiner Tätigkeit betrachtet.
Alles, was ein Verein als solcher #ut. muß als
von ihm bezweckt angesehen werden (Erkenntnis
des Obertribunals v. 26. Sept. 1877, Oppen-
hoffs Rechtspr., Bd. XVIII, S. 593, Goltdam-
mers Archiv, Bd. XXV. S. 637). f) Bei
einem Vereine genügt zur Freisprechung wegen
einer aus §. 2 erhobenen Beschuldigung nicht,
wie bei Versammlungen nach §. 1, die Fest-
stellung, daß der Zweck des Vereins nicht auf
Erörterung oder Beratung öffentlicher Angelegen-
heiten gerichtet sei, sondern es muß festgestellt
werden, daß der Verein eine Einwirkung auf
XXIII. S. 626. Über das Verhältnis von Ge= öffentliche Angelegenheiten nicht bezwecke. Die