Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Bersammlungs- und Vereinsrecht. (S. 60.) 299 
mann zur Einsicht offene Vereinsregister. Die Bezeichnung „Eingetragener Berein“ 
ist demgemäß die Bezeichnung der Rechtsfähigkeit gemäß B. G. B. Über diesen Eintrag 
steht nicht etwa dem das Register führenden Amtsrichter freie Entscheidung zu, sondern 
der Amtsrichter ist verpflichtet zum Eintrag unter zwei rechtlichen Voraussetzungen: 
a) daß die Vorschriften des B. G. B., §§. 55—66, die Normatiobestimmungen, 
erfüllt sind; dies hat also der Amtsrichter zu prüfen und danach die Anmeldung even- 
tuell sofort zurückzuweisen, insbesondere also auch dann, wenn der Verein doch einen 
wirtschaftlichen Zweck hätte; hiergegen ist die sofortige Beschwerde eröffnet?; 
b) daß nicht die Verwaltungsbehörde Einspruch erhoben hat. 
Durch letztere Vorschrift ist demnach nach den gleichen Gesichtspunkten, nach welchen 
für die Rechtsfähigkeit der wirtschaftlichen Vereine direkte Staatsgenehmigung vorgeschrieben 
ist, für die sog. idealen Vereine eine indirekte Staatsgenehmigung gefordert, indem, abge- 
sehen von den Normativbestimmungen, noch der Verwaltungsbehörde ein generelles 
Einspruchsrecht nach bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen gewahrt ist.5 
Behufs Geltendmachung dieses Einspruchsrechtes ist die vom Vorstand des Vereins 
beim Amtsrichter angemeldete Eintragung alsbald der zuständigen Verwaltungsbehörde, in 
den Städten der Ortspolizeibehörde, auf dem Lande dem Landrat", mitzuteilen. Die 
Verwaltungsbehörde kann binnen 6 Wochen ausschließender Frist Einspruch erhebens: 
a) wenn der Verein nach dem öffentlichen Vereinsrecht unerlaubt ist oder verboten 
werden kann, 
b) wenn er einen politischen, sozialpolitischen, religiösen Zweck verfolgt.“ 
An diesen Einspruch der Verwaltungsbehörde, der keine Gründe zu enthalten braucht, 
ist der Registerrichter lediglich gebunden: er darf nicht eintragen. Wohl aber kann der 
Einspruch auf dem Wege des Verwaltungsstreitverfahrens mit Klage beim Bezirksans- 
schuß auf seine Rechtmäßigkeit — wegen Mangels der gesetzlichen Boraussetzungen —, 
nicht aber auf seine Zweckmäßigkeit angefochten werden. 
Im Rahmen dieser letzteren Vorschrift also hat die Verwaltungsbehörde die unbe- 
schrünkte Freiheit, allen politischen, sozialpolitischen, religiösen Vereinen die Rechtsfähig- 
keit einfach abzuschneiden; im übrigen aber wird ihr Bestand dadurch nicht berührt, sie 
fallen dann privatrechtlich unter die oben zu 4. bezeichneten Gesichtspunkte. 
9. Satzungsänderungen bedürfen bei eingetragenen Vereinen gleichfalls des Ein- 
trages; nur durch diesen wird die Anderung rechtswirksam; das Verfahren ist das 
gleiche wie beim Haupteintrag. Für die Entziehung der Rechtsfähigkeit gelten folgende 
Vorschriften 10: a) Jedem Vereine kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, falls er „durch 
einen gesetzwidrigen Beschluß der Mitgliederversammlung oder durch gesetzwidriges Ver- 
halten des Vorstandes das Gemeinwohl gefährdet“ (§. 43, Abs. 1). b) „Einem Ver- 
eine, der nach der Satzung einen politischen, sozialpolitischen oder religiösen Zweck nicht 
hat, kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er einen solchen Zweck verfolgt“ 
(§. 43, Abs. 3). c) „Einem Vereine, dessen Rechtsfähigkeit auf Verleihung beruht, 
kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er einen anderen als den in der Satzung 
bestimmten Zweck verfolgt" (§. 43, Abs. 4). d) Außerdem kann nach Maßgabe des 
öffentlichen Vereinsrechtes (§. 74, Abs. 3) durch Verbot einem Vereine die Rechtsfähig- 
keit entzogen werden. 71 
  
  
1 B. G. B., §§. 21, 55 ff.; Crome, Bd.l, Crome, ZBd. I. S. 238, N. 23; Cosack, 
S. 237 ff. 
2 B. G. B., §. 60, über die Beschwerde Zivil- 
prozeßordnung 8. 577. Abs. 1 bis 3u. 568, Abs. 2, 4. 
* Endemann, 8. Aufl., Bd. I, S S. 183, 187 f. 
" Preuß. Verordnung v. 16. Nov. 14009, Art. 3. 
* B. G. B., F. 61. 
* Bgl. hierüber oben S. 286, N. 9; ferner 
Crome, Bd. I, S. 239; Endemann, Zd. I, 
S. 187 f. 
7 Entsch. d. O. V. G., Bd. XXXIX, S. 440; 
  
Bd. l, S. 100. A. A. Endemann, RP-d.Ll, S.189. 
8 Cosack, Bd. I, S. 101; Endemann, 
8. Aust Bd. I, S. 187, N. 15; Crome, 
Bd. I, S. 239. 
B. 5. B., 8. 71; Crome, Bd. J. S. 247. 
10 Endemann, Bd. 1, S. 184; ipso jure 
hört die Nechssfühigkeit“ aul durch Konkurser= 
öffnung, B. G. B., §. 4 
11 Dazu kommt noch * besondere Fall von 
B. G. B., 8. 73.
	        
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