300 Die Staatsbehörden.
(8. 61.)
Ist ein Verein auf Grund öffentlichen Rechtes aufgelöst, so verliert er damit ipso
jure auch die privatrechtliche Rechtsfähigkeit, in den Fällen zu a—c besteht der Verein
an sich fort, aber ohne Rechtsfähigkeit. Die Form für Entziehung der Rechtsfähigkeit
ist regelmäßig das Verwaltungsstreitverfahren; nur bei den vom Bundeêrat konzessionierten
Vereinen genügt ein Beschluß des Bundesrates, der nicht anfechtbar ist.à Die An-
fechtung des Beschlusses auf Entziehung der Rechtefähigkeit mit Klage hat keine auf-
schiebende Wirkung.?
Vierter Abschnitt.
Die Staatsbehörden.
S. 61.
Allgemeines.
Die Regierungsgewalt im allgemeinsten Sinne ist der Inbegriff aller dem Herrscher
zustehenden öffentlichen Befugnisse. Sie ist im absoluten Staate gleichbedeutend mit der
vollen Staatsgewalt; im konstitutionellen monarchischen Staate dagegen besteht sie in
dem Inbegriffe derjenigen Rechte der Staatsgewalt, welche dem Staatsoberhaupte vor-
behalten sind. Zu diesen Rechten gehört nicht bloß die Verwaltung, sondern auch die Ge-
setzgebung und Rechtspflege, diese allerdings nach Maßgabe der hierfür bestehenden, die
monarchische Gewalt einschränkenden Rechtsvorschriften." Die Regierung (Staatsverwaltung
im weiteren Sinne) besteht in der recht= und zweckmäßigen Anwendung der Staatshoheitsrechte
auf ihre einzelnen Gegenstände , und die Staatsverwaltung ist der Inbegriff derjenigen
Tätigkeit, welche bestimmt ist, den Staatszweck in allen Beziehungen und nach allen Rich-
tungen hin zu verwirklichen. Dazu sind zahlreiche Einrichtungen und Bestimmungen erforder-
lich, welche die Anwendung der Grundsätze der Verfassung auf die verschiedenen Verhältnisse
näher ordnen und festsetzen; es bedarf ferner vor allem der Organe, welchen die Lösung der
Aufgabe der Staatsverwaltung im Namen des Staatsoberhauptes innerhalb gewisser formeller
1 B. G. B., s. 44; Crome, Bd. I, S. 255.
* Endemann, Rd. I, S. 184.
* Vgl. zum Folgenden L. v. Stein, Die Ver-
waltungslehre, Tl. 1I, 2. Aufl. (Stuttgart, 1869),
insbesondere: Die vollziehende Gewalt, S. 67 ff.;
L. v. Stein, Handbuch der Verwaltungslehre
mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung
von Frankreich, England, Deutschland und
sterreich (Stuttgart, 1876); H. Rösler, Lehr-
buch des d. Verwaltungerechts, Bd. I; Das
soziale Verwaltungsrecht (Erlangen, 1872—73);
F. F. Mayer, Grundsätze des Verwaltungs-
rechts mit besonderer Rücksicht auf gemeinsames
deutsches Recht, sowie auf neuere Gesetzgebung
und bemerkenswerte Entscheidungen der obersten
Behörden, zunächst der Rönigreiche Preußen, Bayern
und Württemberg Tübingen, 1862); — E.
Meier, Verwaltungsrecht in Holtzendorff-Kohlers
Enzyklopädie (1904„ Bd. II, S. 637—760;
G. Meyer-Anschütz, Tehrbuch des d. St. R.,
6. Aufl., §. 106, N. 2, Seite 342; H. Schulze,
Preuß. St. N., Bd. I1, §. 8, S. 20 und Bd. II,
88. 192, S. 391 ff. und §. 211, S. 503 ff.;
Gneist, Verwaltung, Justiz, Rechtsweg, Staats-
)’I
verwaltung und Selbstverwaltung nach englischen
und deutschen Verhältnissen (Berlin, 1869). —
Laband, Bd. I, S. 338 ff.; Otto Mayer,
Verwaltungsrecht, Bd. II, S. 198 ff.
Uber die tatsächlichen Schranken der absoluten
Gewalt, wie sie fast allenthalben sich auch in
solchen Staaten finden, vgl. Schmitthenner,
Grundlinien des allgemeinen oder idealen Staats-
rechtes, S. 480 ff.
s Vgl. Schmitthenner a. a. O., S. 482 1
über die Lehre von der Teilung der Gewalten,
deren Entstehung, Berechtigung, Gefahren s. be-
sonders Laband, Bd. II, S. 159 ff.; Bd. III,
S. 346 ff.; O. Mayer, Verwaltungerecht. Bd. J.
S. 1 ff.; Hänel, Studien, Bd. II, S. 177 flf.,
246 ff.; G. Meyer, Verwaltungsrecht, S. 1 ff.:
Anschütz in Holtzendorff-Kohlers Enzyklopädie
(1904), Bd. II, S. 474 ff. Auf die tiefgehenden
grundsätzlichen Verschiedenheiten der Auffassung
über diese Fragen in der staatsrechtlichen Litera-
tur der Neuzeit kann hier nicht eingegangen
werden.
* Vgl. Zocharii. D. St. und B. R., 3. Ausl.
Bd. II, 8. 129, S. 1.