Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

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Die Staatsbehörden. 
C. 62.) 
zugeteilt worden fsind, und die aus der Provinz Brandenburg ausgeschiedene Stadt 
Berlin, welche einen Verwaltungsbezirk (Stadtkreis) für sich bildet.! 
A. Die östlichen Provinzen sind folgende: 
1. die Provinz Ostpreußen, bestehend aus den Regierungsbezirken Königsberg und 
Gumbinnen (Ostpreußen mit Litauen), und — seit 1. Nov. 1905 — Allenstein (Masuren,); 
2. die Provinz Westpreußen, bestehend aus den Regierungsbezirken Danzig und 
Marienwerder. 
Nach der Verordnung v. 30. April 1815 sollte: 
a) die Provinz Preußen ? — das alte Ostpreußen und Litauen umfassend — 
den alten Braunsbergschen, Heilsbergschen, Brandenburgschen und Schakenschen, Tapian= 
schen, Insterburgschen, Sehestenschen, Oletzkoschen und Rastenburgschen Kreis und das 
Hauptamt Ortelsburg, b) die Provinz Westpreußen“ den Marienburgschen und Dirschau- 
schen Kreis nebst Stadt und Gebiet Danzig, den Stargarder, Konitzer, Marienwerder- 
schen, Mohrungenschen, Kulmschen und Michelauschen Kreis in den Grenzen von 1772, 
  
1 Vgl. 8§. 1, 31—40 des G. v. 26. Juli 1880 
über die Organisation der allgemeinen Landes- 
verwaltung (G. S. 1880, S. 291), jetzt L. V. G. 
v. 30. Juli 1883, S§. 1, 5, 41—47. 
: Ülber die verschiedenen Veränderungen, wel- 
chen die Provinz Preußen (Königreich Preußen) 
hinsichts ihrer Bildung unterworfen gewesen ist, 
ogl. Starke, Beiträge zur Kenntnis der be- 
stehenden Gerichtsverfassung, Bd. II, S. 3 ff. 
s Das alte Ostpreußen begreift das vormalige 
sog. Niederpreußen, zum Unterschiede von dem 
vormaligen polnischen oder Oberpreußen, wie 
es bis 1772 war, also mit Einschluß der bei der 
neuen Provinzialeinteilung zu Westpreußen ge- 
legten Kreise, nämlich des ehemaligen Marien- 
werderschen und Riesenburgschen Kreises, in sich. 
Dasselbe — der Hauptbestandteil der ehemaligen 
Besitzungen des deutschen Ritterordens, der das 
Land im 13. Jahrhundert erobert hatte — war 
im Jahre 1525 dem Hochmeister des deutschen 
Ordens, Markgraf Albrecht von Brandenburg, 
von dem Könige von Polen als ein weltliches, 
von der Krone Polen zu Lehn gehendes Herzog- 
tum verliehen. Kurbrandenburg erhielt hierauf 
1569 die Mitbelehnung und in deren Folge 1618, 
nach Abgang der preußischen Linie des Hohenzollern- 
hauses, den Besitz vom Herzogtume Preußen. Durch 
den Labiauer Vertrag v. 10. Nov. 1656 und durch 
den Wehlauer Frieden v. 19. Sept. 1657 erlangte 
dann der Große Kurfürst von der Republik Polen 
die Unabhängigkeit des Herzogtums, welches die 
späteren Regierungsbezirke Königsberg und Gum- 
binnen und einen Teil des jetzigen Regierungs- 
bezirkes Marienwerder umfaßte und in vier Land- 
schaften (Samland, Natangen, Oberland und 
Litauen) zerfiel. Als dann durch den Warschauer 
Vertrag v. 18. Sept. 1773 der König und die 
Republik Polen an König Friedrich II. ganz 
Pommerellen, mit Ausnahme Danzigs, den Di- 
strikt von Großpolen bis an die Netze, Gordon 
und das übrige Westpreußen, nämlich die Pala- 
tinate Marienburg und Kulm mit Elbing und 
Bistum Ermland, aber mit Ausnahme der Stadt 
Thorn, abtraten, wurden die beiden Provinzen 
Ost= und Westpreusen gebildet. Das alte Her- 
zogtum Preusen (Ostpreußen) erhielt das Bis- 
tum Ermland lauch Wermeland genannt) von 
Westpreußen, wogegen zu diesem, welches die 
  
neuerworbenen Länder umfaßte, von Ostpreußen 
der Marienwerdersche Kreis des alten Oberlandes 
geschlagen wurde. S. auch oben Bd. I, S. 22 
über die Bedeutung dieser Vorgänge für die 
brandenburgisch-preußische Staatsentwicklung. 
4 Das ehemalige Westpreußen begreift in sich 
das ehemalige Oberpreußen (vgl. die vorige Note), 
enthaltend die vormaligen polnischen Woiwod- 
schaften Kulm, Marienburg und Ermland (Bis- 
tum Ermland), nebst den Landschaften Pommerellen 
und dem zu Großpolen gehörigen Neddistrikte, 
welche Länder nach Inhalt der Regierungsinstr. 
v. 21. Sept. 1773 (Rabe, Sammlung, Bd. I, 
Abt. 5, S. 674) den Namen „Westpreußen"“ führen 
sollten. Diese Länder kamen infolge des Peters- 
burger Teilungstraktats v. 17. Febr. 1772 laut 
Ratifikationspatents v. 28. Sept. 1772 (a. a. O., 
Bd. 1, Abt. 4, S. 335) an Preußen. Durch die 
Verordnung v. 14. Okt. 1776 (a. a. O., Bd. I, 
Abt. 5, S. 766) wurden der Provinz Westpreußen 
die Herrschaften Lauenburg und Bütow, und im 
Jahre 1793 auch noch die damals zu Preußen 
gekommenen Städte Danzig und Thorn einver- 
leibt. Schon früher war der zu Ostpreußen ge- 
hörige Marienwerdersche Kreis dazugelegt. Durch 
den Tilsiter Frieden v. 9. Juli 1807 wurde ein 
Teil des Netzdistriktes und der vormaligen Woi- 
wodschaften Kulm und Marienwerder an das 
Herzogtum Warschau abgetreten, welche Landes- 
teile 1814 und 1815 wieder mit Preußen ver- 
einigt wurden, wobei dann aber der Deutsch- 
Kronesche und Kaminsche Kreis des ehemaligen 
Westpreußens (Netzdistrikts) nicht wieder ganz 
zur Provinz Westpreußen, wie solches 1772 be- 
stimmt war, gelegt wurde, sondern nur der 1807 
bei Preußen gebliebene Teil dieser Kreise, wo- 
gegen die 1807 an das Herzogtum Warschau 
abgetretenen Teile dieser Kreise zum Großherzog-= 
tum Posen gelegt wurden. Auch wurden bei 
der neuen Einteilung des Landes die Herrschaften 
Lauenburg und Bütow und zwei in Pommern 
liegende Enklaven von Westpreußen getrennt und 
zur Provinz Pommern, sowie das ehemalige Bis- 
tum Ermland zur Provinz Preußen gelegt. Da- 
gegen sind die Städte Thorn und Danzig nedst 
ihren Gebieten mit Westpreußen verbunden wor- 
den (vgl. das Besitzuahmepatent v. 15. Mai 1815, 
G. S., S. 45).
	        
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