Gesetzlich bevorzugte Staatsbürger. (§. 51.)
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6. Die besonderen Vorrechte der Mitglieder des Königlichen Hauses sind:
a) Der Militärdienst ist nicht formelle Rechtspflicht, sondern oberste Ehrenpflicht;
nach alter Tradition treten die Prinzen des Königlichen Hauses mit dem
10. Lebensjahre in die Armee ein!;
b) Befreiung von der Eingquartierungslast bezüglich der ihnen gehörigen Wohn-
gebäude im Frieden, sowie von Vorspannleistung, ferner von Fouragelieferung
im Umfange des Bedarfs für die zu ihrem Hofhalt gehörigen Pferde ?;
) Befreiung von direkten Staatssteuern und Abgaben, sowie von kommunalen
Steuern und Diensten, soweit letztere nicht auf Grundstücken liegen?;
e besonderer strafrechtlicher Schutz gegen Beleidigungen“;
e.) Portofreiheit bei den Reichspost= und Telegraphenanstalten haben nur —
außer den regierenden Fürsten selbst — deren Gemahlinnen und Witwens;
f) über die Vorrechte der Königlichen Prinzen in bezug auf Staatsrat und
Herrenhaus s. Bd. I, S. 245, 279;
8) in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Testamentserrichtung, Nachlaß-
regulierungen, Ehe= und Vormundschaftssachen,
Grundbuchsachen) ist der
Minister des Königlichen Hauses zuständig; dieser Rechtszustand beruht auf
den Hausgesetzen, ist festgestellt durch Art. III. Nr. 1, Abs. 3 des Gesetzes
v. 26. April 1851 (G. S. 182) und durch die reichsgesetzliche Ordnung der
Gerichtsverfassung gänzlich unberührt geblieben “;
h) Streitigkeiten der Mitglieder des Königlichen Hauses werden auf dem Wege
der Austräge erledigt, die durch den Hausminister vorzubereiten sind;:
i) die Reichsgesetze über das gerichtliche Verfahren — Gerichtsverfassungsgesetz,
Straf-, Zivilprozeß= und Konkursordnung — gelten nur, insoweit durch die
Hausgesetze oder Landesgesetze nicht anders bestimmt ist?"; hausgesetzlich haben
die Mitglieder des Königlichen Hauses in Rechtsstreitigkeiten mit dritten Per-
sonen ihren Gerichtsstand erster und zweiter Instanz bei dem mit dem Kammer-
gericht verbundenen Geheimen Justizrat, in letzter Instanz beim Reichsgericht“;
1 Kriegedienstgesetz v. 9. Nov. 1867 (B. G.
B. 131) F. 1.
* Quartierleist. Ges. v. 25. Juni 1868 (B.
G. B. 523) §. 4: R. G. v. 24. Mai 18888,
(R. G. B., S. 361), §§. 3, 5). Dazu Allerh.
Erlaß v. 13. Juli 1898 (R. G. Bl., S. 921).
* Eink. St. G. v. 24. Juni 1891 (G. S.
175), §. 3, Z. 1, Ergänz. St. G. v. 14. Juli
1893 (G. S., S. 134), §. 3, Kommunalabg.
G. v. 14. Juli 1893 (G. S. 152), §. 24 a (Real-
steuer) §. 40, Z. 1 (Einkommensteuer) §. 66
(Dienste), ogl. auch G. Meyer, Verw. R. II,
230 f., 251; Schön, Recht d. Kommunalverb.
274, 287, 294, 316, 420; Entsch. d. O. V. G.
VII, 42, ferner Ges. v. 31. Juli 1835, S. 4
(Stempel).
1 R. Str. G. B. §S§. 96, 97, 100, dazu
Entsch. d. R. G. i. Straff., Bd. XXII, S. 141 ff.
* R. Portofreih. G. v. 5. Juni 1869, (B. G.
Bl. 141) S. 1.
4 Einf. G. z. Ger. Verf. Gesetze §. 5, dazu
Grundbuchordn. v. 24. März 1897, §F. 90, R.
G. üb. d. freiwill. Gerichtsbarkeit v. 17. Mai
1898, §. 189; R. G. über Beurk. d. Personenst.
|
T.
v. 6. Febr. 1875, §. 6; dazu Schwartz, Komm.
S. 171.
7 Einf. Ges. z. Z. P. O., §. 5, z. Str. P. O.,
S. 4, Konk. O., S. 7, z. Ger. Verf. Ges., §. 5, vgl.
dazu Rehm, Fürstenrecht, S. 65 ff.; ferner die
Sondervorschrift des preuß. A. G. z. Z. P. O.
v. 6. Okt. 1899, §. 2 und dazu Rehm, S. 128,
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*Das Ges. v. 26. April 1851 (G. S.,
S. 182) hatte im Art. III, Nr. 1 bestimmt, daß
die Mitglieder der Königl. Familie, sowie des
hohenzoll. Fürstenhauses, ihren persönlichen
Gerichtsstand bei dem mit dem Kammergerichte
verbundenen Geheimen Justizrate haben, wel-
cher aus 12 Mitgliedern des Kammergerichtes,
von denen 5 die erste, 7 die zweite Instanz bil-
den, und welche von dem Justizminister bei der
jedesmaligen Bildung der Senate bestimmt wer-
den, besteht. Diese Bestimmung ist auch auf die
im J. 1866 mit der Monarchie vereinigten
Landesteile ausgedehnt worden. (Vgl. die Ver-
ordnungen v. 26. Juni 1867 für Schleswig-
Holstein, S. 7/G. S., S. 1074s. für Nassau, §. 25
G. S., S. 1100|], für Hessen-Kassel. §. 26 4G. S.,
S. 1091j.) Nach §. 5 des Einf. Ges. zum Ger.
Verf. Ges. wird die Gerichtsbarkeit des Geheimen
Justizrates durch die neue Gerichtsorganisation
nicht berührt, und hierauf gestützt hat sodann das
Ausführungsgesetz v. 24. April 1878 zum Ger.
Verf. Ges. (G. S., S. 230) ff.) im §S. 18 be-
stimmt, daß der „Geheime Justizrat“, unter
entsprechender Anwendung des Art. III des Ges.
v. 26. April 1851, bei dem Oberlandesgerichte zu
Berlin edem Kammergerichte zu bilden sei, und
daß die Gerichtsbarkeit letzter Instanz in den
zur Zuständigkeit des Geheimen Justizrates ge