Der Organismas der Verwaltungsbehörden. (S. 67.) 347
eine Hauptdepartement des geheimen Staatsrates faktisch von diesem getrennt, obschon
das Kabinettsministerium dem Namen nach noch dessen erste Sektion blieb. Auch bei
dem Generaldirektorium konnte die Idee eines die ganze innere Verwaltung umfassenden
Kollegiums nicht vollständig aufrecht erhalten werden, sondern im Jahre 1725 wurde das
schon früher errichtete Collegium medicum zum Ober-Collegium medicum erhoben
und es wurden demselben die im Jahre 1724 eingesetzten Provinzialmedizinalkollegien
untergeordnet*, so daß hiermit eine von dem Generaldirektorium unabhängige Verwaltungs-=
behörde für die Landesmedizinalangelegenheiten geschaffen war.
Diese Einrichtungen blieben zwar unter Friedrich dem Großen im wesentlichen be-
stehen; sie erlitten indes mehrfache Anderungen. Das Kabinett wurde mehr und mehr
die oberste Behörde, von wo aus der König selbst die gesamte Staatsverwaltung in einem
einheitlichen Geiste leitete.) Im Jahre 1748 wurden die Geschäftsinstruktionen der Kriegs-
und Domänenkammern revidiert und es wurde hierbei teilweise von der Idee der Kollegial-
verfassung abgewichen.“ Die Kriegs= und Domänenkammern sollten in den Provinzen
alle Domänen-, Steuer-, Polizei-, Militär= und Servissachen, in einigen auch die Lan-
deshoheits-, Kirchen-, Schul= und ähnliche Sachen verwalten. Ihre Organe waren die
Landräte, welche in den Landkreisen das Steuer= und Polizeiwesen des platten Landes,
nebst den Kantons-, Lieferungs-, Vorspanns= und dergleichen Sachen zu verwalten, und
die Kriegs= und Steuerräte, welche in den Städten die Staatsaufsicht über die von den
Magistraten zu führende Verwaltung der Kämmerei-, Polizei-, Handwerks= und Manu-
faktur-, Kanton-, Militär= und Invaliden= und dergleichen Sachen wahrzunehmen hatten.
— Auch dem Generaldirektorium wurde unterm 20. Mai 1748 eine neue Instruktion
erteilt“, nach welcher zuerst, behufs Beschleunigung des Geschäftsganges, neben den Ab-
teilungen nach Provinzen auch solche nach Gegenständen eingeführt wurden.7
Die Kolle-
1 Vgl. A. B. König, Histor. Schilderung der
Hauptveränderungen von Berlin bis 1786, Bd. I,
S. 132.
* Kab. O. v. 4. Dez. 1725 (Mylius, C. C. M.,
Tom. V, IV. Sect. I, No. 29).
3 Vgl. J. Ch. Rinne, Handbuch der preußi-
schen innern Staatsverwaltung, Bd. I, S. 77.
Alles, was die Verhältnisse zu fremden Mächten
betraf, kam nur noch im Kabinett zur Beratung
und Entscheidung. Die Zuziehung eines Justiz-
ministers zum Kabinettsministerium fiel weg.
4 Jede Kammer erhielt eine neue Instruktion,
welche streng geheim gehalten und nur jährlich
einmal bei verschlossenen Türen dem Kollegium
vorgelesen wurde. Jede Kammer sollte fortan
aus einem Präsidenten, zwei oder mehreren Direk-
toren und der erforderlichen Anzahl von Räten
bestehen. Die Sachen sollten nach Vortrag des
Referenten, und bei wichtigeren Sachen auch des
Korreferenten, in den Kammersitzungen dekretiert
und expediert, indes zur Zeitersparnis nur vom
Präsidenten, den Direktoren, dem Re= und Kor-
referenten im Konzepte gezeichnet werden, wo-
gegen die Idee der Kollegialverfassung in ihrer
Schärfe die Vollziehung durch sämtliche an den
Beschlüssen teilnehmende Mitglieder erfordert hätte
(vgl. Geschichte und Darstellung des Organismus
der preußischen Behörden, S. 51 ff.).
5 Das Institut der Kriegs= und Steuerräte
hat seinen Ursprung darin, daß die mit der
Akzise-und Steuerverwaltung beauftragten Kriegs-
kommissariate bei der Menge der ihnen unter-
gebenen Städte und der unordentlichen Verfassung
der Magistrate und ihrer Geschäfte nicht alles
im Detail übersehen konnten. Deshalb wurden
die Städte in gewisse Inspektionen zerlegt, und
über jede Abteilung von einer bestimmten zu-
sammengelegten Anzahl (Departement) ein Steuer-
kommissarius (commissarius loci) bestellt. Diese
Kommissarien erhielten in der Folge die Benen-
nung „Steuerräte“ und später „Kriegs= und
Steuerräte“. Die Institution rührt wahrschein-
lich von dem großen Kurfürsten her, obwohl eine
Verordnung über ihre Errichtung nicht bekannt
ist. Über die Art ihrer Anstellung vgl. den Plan
des Ministers v. Hagen, wie das preußische
Kameral= und Finanzwesen in Ordnung zu
bringen sei, in Fischbach, Historisch-statistische
Beiträge für die preußischen Staaten, Bd. I,
S. 43, §§. 1—3, desgl. die Schrift: Geschichte
und Darstellung des Organismus der Behörden
im Preußischen Staate, S. 58—59. — Uber ihre
Rechte und Obliegenheiten ist eine Justruktion
v. 6. Mai 1712 (Mylins, C. C. M., Tom. III,
Sect. I, pag. 287) ergangen (vgl. auch v. Rönne
und Simon, Die preußischen Städtcordnungen
[Breslau, 1843), S. 20, Note 3, und Rabe,
Samml., Bd. IV, Einleitung S. XVI, 8. 9).
Unterm 1. Aug. 1766 erhielten sie eine neue In-
struktion, wonach sie mit burcaukratischer Ein-
richtung deputierte Räte des Provinzialfinanz-
kollegiums über ein städtisches Inspektionsdeparte-
ment sind. Vgl. über diese ganze Entwicklung
jetzt die ausgezeichnete Darstellung bei E. Meier,
Reform, S.0 ff.; M. Lehmann, Stein, -Pd. II,
S. 26 ff.
* Diese Instruktion wird in dem Restkr. v.
2. Mai 1754 (Mylius, N. C. C., Tom. III.
pag. 1221, Nr. 7 des Nachtrags von 1765) er-
wähnt; dieselbe ist indes gleichfalls nicht veröffent-
licht worden, s. E. Meier, Reform, S. 12, Note.
* Schon unterm 27. Juni 1740 war dem