384 Die Staatsbehörden.
(§. 73.)
Steuern und der sonstigen Einnahmezweige des Staates, welche nicht dem Ministerium
für Handel und Gewerbe, für öffentliche Arbeiten oder dem Ministerium für Landwirt=
schaft, Domänen und Forsten untergeordnet sind, speziell zu führen. Endlich unterliegt
die Hauptverwaltung der Staatsschulden seiner „oberen Leitung“.
Die Geschäfte des Finanzministeriums werden bei demselben in drei Abteilungen
bearbeitet, nämlich: a) der Abteilung für das Etats= und Kassenwesen; b) der
Abteilung für die Verwaltung der direkten Steuern (Generaldirektion der direkten
Steuern) und c) der Abteilung für die indirekten Steuern und Zölle (General=
direktion der indirekten Steuern).7
II. Im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Regelung des Verwaltungsstraf-
rechtss durch das Gesetz v. 26. Juli 1897 (G. S., S. 237) wurde dem Finanzminister
durch Allerh. Erl. v. 26. Sept. 1897 (G. S., S. 402) ein umfassendes Straf-
milderungs= und Strafniederschlagungsrecht in Zoll= und indirekten
Steuerstrafsachen, auch gerichtlichen Erkenntnissen gegenüber, eingeräumt, und ihm
zugleich das Recht der weiteren Delegation dieser Befugnisse an untere Behörden über-
tragen; ferner wurde dem Finanzminister und den Provinzialsteuerdirektionen das Recht
gewährt, die Strafvollstreckung auszusetzen, sowie Strafunterbrechung
1 Durch die Verordnung v. 3. Nov. 1817
(G. S., S. 292) war eine unabhängige Zentral-
behörde unter der Benennung: „Generalkontrolle
der Finanzen für das gesamte Etats-, Kassen-
und Rechnungswesen und für die Staatsbuch-
haltung“" eingeführt worden, welche verpflichtet
war, bei der Revision der Etats darüber zu
wachen, daß die Staatseinnahmen überall mit
Umsicht und Treue verwaltet, die Ausgaben auf
das Notwendige beschränkt und im ganzen ein
geregelter Haushalt geführt werde. Sie hatte
durch die mit ihr verbundene Staatsbuchhatterei
über den Zustand der Finanzen genaue Uber-
sichten zu führen und die Resultate in gewissen
Perioden dem Könige vorzulegen. Die Kab. O.
v. 17. Jan. 1820 (G. S., S. 24) stellte die
Generalkontrolle in eine nähere Verbindung mit
dem Staatsministerium; durch die Kab. O. v.
29. Mai 1826 (G. S., S. 45) wurde sie indes
wieder aufgehoben und behufs der ihr obgelegenen
Zusammenstellungen der Ubersichten des Staats-
vermögens, der Staatseinnahmen und -Aus-
gaben, in Vergleichung mit den Etats, einc neue
Zentralbehörde unter der Benennung: „Staats-
buchhalterei“ angeordnet, deren erster Chef der-
jenige Staatsminister, welcher beim Könige den
Vortrag in Verwaltungssachen hat, und deren
zweiter Chef der Finanzminister sein sollte. Diese
Staatsbuchhalterei wurde indes durch die Kab. O.
v. 19. Juli 1844 (G. S., S. 265) gleichfalls wieder
aufgehoben und es wurden ihre Funktionen auf
das Finanzministerium übertragen.
: a) Uber die Bestellung eines selbständigen
Generaldirektors der Steuern und über die
Stellung und den Geschäftsbetrieb der General=
verwaltung der Steuern im Finanzministerium
ist die Kab. O. v. 12. Aug. 1825 nebst Regulativ
v. 25. Juli 1825 ergangen (vgl. die Schrift: Die
Grundgesetze über die innere Verwaltung des
Preußischen Staats oder Verfassung und Ein-
richtung der obersten Staats= und Provinzial-
behörden der preußischen Monarchie [Verlin. 1842],
S. 50—53). bD) Auf rund Allerhöchster Ermäch-=
tigung ist seit dem 1. Jan. 1867 zufolge des Er-
lasses des Finanzministeriums v. 17. Dez. 1866
(M. Bl. d. i. Verw. 1866, S. 234) die Verwaltung
der direkten Steuern von der Abt. III des Finanz=
ministeriums getrennt und zur Erledigung aller
zu diesem Geschäftszweige gehörigen Angelegen-
heiten aus der für die Leitung und Überwachung
der Grundsteuerveranlagungsarbeiten unter der
Bezeichnung: „Zentralkommission zur Regelung
der Grundsteuer“ bei dem Finanzministerium
vorübergehend errichteten Abteilung eine neue
Ministerialabteilung gebildet worden, welcher die
Bezeichnung: „Finanzministerium, Verwaltung der
direkten Steuern“ beigelegt worden ist. — Die
erwähnte „Zentralkommission zur Regelung der
Grundsteuer“" war in Gemäßheit des G. v. 21. Mai
1861, betreffend die anderweitige Regelung der
Grundsteuer (G. S. 1861, S. 253 ff.) als eine dem
Finanzministerium unmittelbar untergeordnete Be-
hörde errichtet worden. Es hatten nämlich, un-
mittelbar unter dem Finanzministerium, vier
Generalkommissarien die Ausführung der Ab-
schätzungsarbeiten zur anderweiten Regelung der
Grundsteuer zu überwachen, und diese vier General=
kommissarien, nebst vier von dem Finanzmini,
sterium zu berufenden Sachverständigen, bildeten
die Zentralkommission unter dem Vorsitze des
Finanzministers. Dazu traten ferner noch für jede
Provinz zwei Mitglieder, von denen das eine
durch das Herrenhaus, das andere durch das
Haus der Abgeordneten zu erwählen war. Val.
§§. 9 und 10 der Anweisung v. 21. Mai 1861 für
das Verfahren bei Ermittelung des Reinertrages
der Liegenschaften behufs anderweiter Regelung
der Grundsteuer (G. S. 1861, S. 260).
3 S. darüber Bd. III, wo die große prinzi-
pielle Bedeutung dieser in der Theorie äußerst
kontroversen, in der Praxis noch in sehr un-
sicheren gesetzgeberischen Anfängen stchenden Ma-
terie darzulegen sein wird; s. vorläufig James
Goldschmidt: Die Deliktsobligationen des Ver-
waltungerechts (1904) und desselben Verfassers um-
fassendes Werk: Das Verwaltungsstrafrecht 1902.
ferner Leivmann und Wiesemann, Handbuch
des Verwaltungsstrafgesetzes, Berlin 1905, mu
Begründung, Ausführungsbestimmungen, Ent-
scheidungen und Mustern.