420 Die Staatsbehörden. (8. 77.)
bestehen solle und daß die vielen Jurisdiktionsabteilungen, bald nach Sachen, bald nach
Personen, bald nach National= und Territorialverhältnissen, aufhören sollen. Der 8. 2
des Publikandums v. 16. Dez. 1808 setzte dann fest, daß das Justizministerium ale
ein selbständiges Departement bestehen und eine verbesserte Verfassung erhalten solle, und
infolgedessen bestimmte die Verordnung v. 27. Okt. 18102, daß der Justizminister,
gleich den übrigen Staatsministern, die ihm anvertraute Verwaltung selbständig, unter
unmittelbarer Verantwortlichkeit zu führen habe. Zum Geschäftskreise des Justizministers
gehört nach jener Verordnung: 1. die Oberaufsicht über die Behörden der Zivil= und
Strafrechtspflege; die Anstellung aller Justizbeamten, oder der Vorschlag dazu bei dem
Könige; der Geschäftsbetrieb bei allen Justizbehörden, das Pupillen-, Deposital= und
Hypothekenwesen. Außerdem werden ihm noch: 2. die Lehnssachen beigelegt, und endlich
soll er 3. in Angelegenheiten des Königlichen Hauses sein Gutachten abgeben.
Die Verordnung v. 27. Okt. 1810 enthält dann ferner noch folgende Bestimmungen
über die Ressortverhältnisse des Justizministeriums:
a) Wo die Aufsicht auf die Leitung des Kriminalwesens mit der allgemeinen
Polizeiaufsicht zusammengreift, handelt der Justizminister gemeinschaftlich mit dem Chef
der allgemeinen Polizei (jetzt dem Minister des Innern).
b) Neue Gesetze kann der Justizminister, gleich anderen Departementechefe, in Vor-
schlag bringen.
(c) Er verhandelt mit den andern Ministern, sobald deren Geschäftskreis mit
eingreift, und handelt und verfügt mit ihnen gemeinschaftlich, insoweit dies der Fall ist.
Uber alle gemeinsamen Gegenstände findet nach ihrer Beschaffenheit eine Beratung ent-
weder mit den einzelnen beteiligten anderen Ministern oder im Staatsministerium statt.
Im letzteren muß der Justizminister auch jede Abänderung der Justizverfassung, es be-
treffe solche die Behörden oder die Form der Rechtspflege, zum Vortrage bringen, ehe er
solche dem Könige vorschlägt.
II. Nach der gegenwärtig bestehenden Verfassung steht dem Justizminister das Recht
der Aussicht hinsichtlich sämtlicher Gerichte und Staatsanwaltschaften zu (§. 78, Ziff. 1
des Ausführungsgesetzes v. 24. April 1878 zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetze!,
und er bildet demzufolge die letzte landesrechtliche Instanz für Beschwerden, welche An-
gelegenheiten der Instizverwaltung, insbesondere den Geschäftsbetrieb und Verzögerungen
betreffen (§. 85 a. a. O.); von hier aus ist noch als weitere Instanz gemäß R. Verf.
Art. 77 der Bundesrat zuständig, der Recht und Pflicht hat, „erwiesene, nach der Ver-
fassung und den bestehenden Gesetzen des betreffenden Bundesstaates zu beurteilende Be-
schwerden über verweigerte oder gehemmte Rechtspflege anzunehmen und darauf die ge-
richtliche Hilfe bei der Bundesregierung, die zu der Beschwerde Anlaß gegeben hat, zu
bewirken“.“ Eine Einwirkung auf die Rechtsprechung dagegen steht dem Justizminister
nicht zu.
Außerdem sind dem Justizminister durch besondere gesetzliche Bestimmumgen einzelne
Zuständigkeiten überwiesen worden. Diese beziehen sich zum Teil auf die Organisation
der Justizbehörden, zum Teil auf den Erlaß allgemeiner Anordnungen bezüglich gewisser
Zweige der Justizverwaltung, auf die Ernennung von Justizbeamten und auf ähnliche Ver-
erfordern, Bestellung der Mitglieder der Imme-
diatexaminationskommission, Vorschläge zu Ge-
setzen usw.) gemeinschaftlich handeln. Durch die
Kab. O. v. 17. Dez. 1838 (G. S. 1839,
S. 12) wurde indes der Justizminister v. Kamptz
von der Verwaltung der Justizangelegenheiten der
Rheinprovinz entbunden und solche dem Justiz-
minister v. Mühler mit übertragen, auch die sonstige
Mitwirkung des IJnstizministers v. Kampt auf-
gehoben, so daß diesem nur die Gesetzrevision
verblieb, welche demnächst durch die Kab. O. v.
28. Nebr. 1842 (G. S. 1842, S. 83) dem
Justizminister v. Saviguy übertragen wurde,
welcher zum Chef der durch die Kab. O. v.
28. Febr. und 8. April 1842 (J. M. Bl. 1842,
S. 182—184) angeordneten Gesetzkommission de-
stellt wurde. Durch den Allerhöchsten Erlaß v.
1. Sept. 1848 J. M. Bl. 1848, S. 329 iß
indes diese Gesetzkommission wieder ausgelös und
das bis dahin bestandene Ministerium der Ge-
setzrevision mit dem Justizministerium vereinigt
worden.
1 Vgl. Rabe, Sammlung, Bd. IV. S. 391.
*: G. S. 1810, S. 8 und 18 ff.
G. S. 1878, S. 2530 ff.
* Uber Bedeutung und Umfang dieser Vor-
schrift s. Laband, 1, 143, 245, III, 379; Zorn.
I, 165, 170, 383.