Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Das Ministerium der geistlichen usw. Angelegenheiten. (S. 78.) 131 
hatte indes mannigfache Unzuträglichkeiten zur wolge und es zeigte sich das Bedürfnis 
einer einheitlichen Leitung der gesamten Verwaltung dieses Zweiges. Deshalb wurde 
mittelst Allerhöchsten Erlasses v. 22. Juni 18491, unter Aufhebung der Kabinettsorder 
v. 29. Jan. 1825, die Überweisung der gesamten Medizinalverwaltung, mit Einschluß 
der Medizinal- und Sanitätspolizei, an den Minister der Unterrichts= und Medizinal- 
angelegenheiten mit der Maßgabe angeordnet, daß derselbe in allen Fällen, in welchen 
durch Anordnungen der Medizinalverwaltung die Interessen anderer Ressorts betroffen 
werden, vor der Entscheidung sich mit den beteiligten Ministern zu benehmen und nach 
Lage der Umstände gemeinschaftlich mit ihnen zu handeln hat. 
Durch Allerhöchsten Erlaß v. 27. April 18722 ist demnächst bestimmt worden, 
daß — unter Abänderung des Erlasses v. 22. Juni 1849 — die gesamte Verwaltung 
des Veterinärwesens mit Einschluß der Veterinärpolizei an den Minister für die land- 
wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Maßgabe zu überweisen sei, daß der letztere in 
allen Fällen, in welchen durch Anordnungen in der Veterinärverwaltung die Interessen 
anderer Ressorts betroffen werden, vor der Entscheidung sich mit den beteiligten Ministern 
zu benehmen und nach Lage der Umstände gemeinschaftlich mit ihnen zu handeln hat.? 
Das gesamte Medizinalwesen, mit Ausschluß des Militärmedizinal- 
wesens" und des Veterinärwesens einschließlich der Veterinärpolizei ist so- 
mit dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts= und Medizinalangelegen- 
heiten untergeordnet, in welchem dasselbe die dritte Abteilung bildet. Der 
Geschäftskreis dieser Abteilung umfaßt: a) die oberste Leitung der gesamten Medizinal- 
verwaltung, mit Einschluß der Medizinal= und Sanitätspolizei, jedoch mit Ausschluß der 
Veterinärpolizei, mithin die überwachung sämtlicher zum Gesundheitsschutze der Staats- 
angehörigen getroffenen oder zu treffenden Maßregeln und aller die Förderung der öffent- 
lichen Gesundheitspflege betreffenden Einrichtungen und Anstalten; b) die Aufsicht über 
die Qualifikation des Zivilmedizinalpersonals, die Verwendung desselben im Staatsdienste, 
die Begutachtung über Kunstfehler der Medizinalpersonen und die Handhabung der Dis- 
liplinargewalt; c) die Aufsicht über alle öffentlichen und Privatkrankenanstalten. Von 
maßgebender Bedeutung für die Medizinalverwaltung der Einzelstaaten ist nunmehr die 
Gesetzgebung des Reiches geworden. Die ganze Materie befindet sich unverkenubar in 
einer starken und interessanten, noch unabgeschlossenen gesetzgeberischen Entwicklung. 
III. Unmittelbar zum Ministerium gehören: 
1. Die wissenschaftliche Deputation für das Medizinalwesen in Berlin. 
Sie wurde durch §. 17 des Publikandums v. 16. Dez. 18087 angeordnet und sollte 
die Stelle des aufgehobenen Ober-Collegil medici et sanitatis vertreten. Ihre 
Organisation blieb einer besonderen Verordnung vorbehalten und es ist darüber die In- 
struktion v. 23. Jan. 18177 ergangen. Danach ist diese Deputation eine wissenschaft- 
liche, beratende Behörde, welche die theoretische Ausbildung der medizinischen Disziplinen 
verfolgen, auch zu deren Vervollkommnung mitwirken und durch Benutzung der Ergebnisse, 
welche zu jeder gegebenen Zeit diese Ausbildung liefert, die Leitung der Medizinalver- 
waltung erleichtern soll. Sie bildet also eine Versammlung von Sachverständigen, welche 
zugleich berufen ist, den Minister mit ihrem wissenschaftlichen Gutachten und Rate zu 
unterstützen, auch auf Erfordern desselben in allen einzelnen Fällen solche Gutachten ab- 
zustatten, wo es zur Verwaltung des Medizinalwesens oder in Kriminalfällen verlangt 
  
1 G. S. 1849, S. 335. 1 Dieselbe besteht unter der oberen Leitung des 
: G. S. 1872, S. 594. Ministers ans einem Direktor und aus vortragen- 
3 Insbesondere bestimmt der Erlaß v. 22. Juni Fden, teils technischen, teils für die Verwaltung 
1849 noch, daß der Lehrplan der Tierarzneischule befähigten Räten. 
vor dessen Genehmigung durch den Minister der 3 S. hierüber Laband, III, 251 ff. 
Medizinalangel. den Ministern des Krieges und fütt . Vgl. Ra be, Sammlung, Bd. Xl, S. 392. 
landwirtschaftliche Angelegenheiten zur Außerung Dieselbe Bestimmung wiederholt d- Ver- 
mitzuteilen, auch mit denselben jede organische ordnung v. 27. Okt. 1810 (G. S. 1810, S. 11). 
Verfügung über die Ausbildung der TDierärzte " Vgl. dieselbe in v. Rönne und Simon, 
vorher zu beraten ist. Medizinalwesen, Bd. l. S. 66 ff.; Pistor, Das 
4 Val. darüber unten S. 443. Gesundheitowesen in Preußen, 2 Ade., 1898.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.