Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Das Ministerium der auswärtigen Augelegenheiten. (8. 79.) 437 
Staatskanzler allein au die Spitze der gesamten auswärtigen Angelegenheiten. Seit dem 
Jahre 1823, nachdem das Amt des Staatskanzlers nicht wieder besetzt worden war, 
sind alle Geschäfte dieses Ministeriums ausschließlich auf den Minister der auswärtigen 
Angelegenheiten übergegangen. 
II. Nach der Gründung des Norddeutschen Bundes wurden die auswärtigen An- 
gelegenheiten, welche verfassungsgemäß (B. Verf., Art. 11) dem Bunde zugehörten, zunächst 
von dem preußischen Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten wahrgenommen, dem- 
nächst aber wurde zur weiteren Entwicklung und Vervollständigung der Bundeseinrichtungen, 
in Ubereinstimmung mit den im preußischen Landtage ebenso wie im deutschen Reichstage 
gestellten Anträgen und gefaßten Beschlüssen!, die Übertragung der auswärtigen Angelegen- 
heiten auf den Bund und auf das Budget desselben durchgeführt. Demzufolge ist mit 
dem 1. Jan. 1870 das „Auswärtige Amt“ in die Einrichtungen der Bundesverwaltung 
eingefügt worden, und zwar zunächst als eine besondere Abteilung des Bundeskanzler- 
amtes unter der oberen Leitung des Bundeskanzlers. Das seit der Gründung des 
Deutschen Reiches bestehende Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten führt seitdem 
den Namen „Auswärtiges Amt des Deutschen Reiches“:, und zu seinem 
Ressort gehören alle Angelegenheiten, welche sich auf die Verhältnisse des Reiches, seiner 
Staaten 3 und seiner Angehörigen zu fremden Mächten beziehen. Außerdem besorgt das- 
selbe die „auswärtigen““ Angelegenheiten Preußens gegenüber den anderen deutschen 
Staaten, sowie die einzige noch bestehende preußische Sondergesandtschaft im 
Auslande, beim Papste, wofür die preußische Staatskasse jährlich ein Aversum an 
die Reichskasse zahlt. Ju den preußischen Angelegenheiten verfügt aber das Auswärtige 
Amt nicht unter diesem Namen, sondern unter der Firma: „Königlich preußisches Mini- 
sterium der auswärtigen Angelegenheiten“. Über die Geschichte und die hohe Bedeutung 
der preußischen Gesandtschaft beim Papste s. Bd. III. 
Die preußischen Gesandtschaften bei anderen deutschen Einzelstaaten entbehren heute 
grundsätzlich der völkerrechtlichen Voraussetzung, blieben aber erhalten nicht nur wegen 
der monarchischen Tradition, sondern auch zum Zwecke vertraulicher Verhandlungen zwischen 
dem kaiserlichen Bundespräsidium und den einzelnen Bundesgliedern." 
Unter dem Auswärtigen Amte des Deutschen Reiches stehen unmittelbar: 
1. die Botschafter, Gesandten, Ministerresidenten und Geschäftsträger des Deutschen 
  
1 Die provisorische Maßregel der Vertretung obersten Reichsämter zum Reichskanzler vgl. 
des Norddeutschen Bundes durch die preußischen Laband, I. 356 ff., 368: Zorn, I1, 266. 
Gesandten hatte zur Folge, daß- dir #esamten Über die noch verbliebenen Reste auswärtiger 
Kosten für die Vertretung des Bundes von dem Angelegenheiten der Einzelstaaten und deren Ver- 
Preußischen Staate allein ohne Beisteuer der waltung vgl. Laband, I, 351; Zorn, II, 415 ff. 
übrigen Staaten getragen wurden. Dies veran= Für Bayern speziell v. Sendeel. Bayrisches 
laßte das preußische Abgeordnetenhaus unterm Staatsrecht, Bd. VI, S. 557 ff. 
9. Dez. 1867 und wiederholt unterm 9. Dez. * Preußen zahlt an das Reich ein jährliches 
1868 zu dem Beschlusse, „die Staatsregierung Aversum von 90000 Mark dafür, daß die deut- 
aufzufordern, dafür Sorge zu tragen, daß das schen Reichsgesandten und die Beamten im Aus- 
Ministerium der ausw. Ang., die Gesandtschaften wärtigen Amte des Deutschen Reiches zugleich 
und Konsulate auf den Etat des Norddeutschen Bun= einige „spezielle preußische Angelegenheiten“ mit- 
des übernommen werden“ (Stenogr. Ber. des Abg. besorgen. 
H. 1867—68, Bd. I. S. 311—312 und Stenogr. 5 Die Beamten der Behörde aber sind sämt- 
Ber. desselben 1868—69, Bd. I, S. 576). Unter lich Reichsbeamte und stehen lediglich unter den 
Bezugnahme hierauf beschloß auch der Reichstag Reichsgesetzen. Dagegen sind die persönlichen 
des Norddeutschen Bundes unterm 17. Juni 1868, Verhältnisse der bei den preußischen Gesandt- 
„den Bundeskanzler zu ersuchen, die Einver= schaften angestellten Personen auseschließlich nach 
leibung der Gesamtkosten für die auswärtige Ver= preußischem Rechte zu beurteilen. Diese Unter- 
tretung des Bundes in den Bundeshaushaltsctat scheidung ist beispielsweise von Wichtigkeit in 
für 1870 zu veranlassen“ (Stenogr. Ber. des Disziplinarfällen, bei der Bemessung des Warte- 
Reichstages 1368, S. 514—517), was dann auch geldes im Falle einstweiliger Versetzung in den 
geschehen ist (vgl. die Verhandlungen hierüber in Ruhestand usw. 
der Sitzung des Reichstages v. 22. April 13869, 4 S. hierüber die treffenden Bemerkungen 
Stenogr. Ber. 186, Bd. I. S. 505—513). von Laband in der Revue générale de droit 
: Über das Verhältnis dieses und der übrigen internarional public 1904, p. 5. 
 
	        
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