Die Oberpräsidenten. (§. 84.) 465
In betreff der Stellvertretung der Oberpräsidenten in Krankheits= und Behinderungs-
fällen hatte der §. 14 der Instruktion v. 31. Dez. 1825 vorgeschrieben, daß sie von
einem auf ihren Vorschlag von dem Staatsministerium bestimmten Substituten ver-
treten werden, und die Kabinettsorder v. 31. Dez. 1825, betreffend einige Abänderungen
in der Organisation der Provinzialverwaltungsbehörden, hatte unter Lit. D, Nr. IV.
vorgeschrieben, daß der bei den Regierungen des Wohnortes des Oberpräsidenten bestellte
Vizepräsident den Oberpräsidenten bei Abwesenheit, Krankheit und in sonst zu bestimmen-
den Fällen bei der Regierung zu vertreten, auch die Präsidialgeschäfte der Regierung
insofern zu übernehmen hat, als es das Staatsministerium, wenn dazu ein Antrag vom
Oberpräsidenten gemacht wird, bestimmen wird.
Diese Vorschriften finden jedoch keine Anwendung mehr, sondern die Stellvertretung
des Oberpräsidenten erfolgt in Fällen der Behinderung, zufolge §. 9 des Organisations-
gesetzes, soweit sie nicht für einzelne Geschäftszweige durch besondere Vorschriften geord-
net ist!, durch den Oberpräsidialrat:; die zuständigen Minister sind indes befugt, in
besonderen Fällen eine andere Stellvertretung anzuordnen. Die Oberpräsidenten sind dem
Staatsministerium sowie jedem einzelnen Staatsminister verwaltungsrechtlich untergeordnet
und haben deren amtliche Aufträge zu vollziehen (§. 12). Uber den Zustand der ihnen
anvertrauten Provinz haben sie jährlich einen Gesamtbericht an das Staatsministerium
zu erstatten, sowie die Spezial-Jahresberichte der ihnen untergeordneten Behörden an die
einzelnen Ressortminister über deren Verwaltungszweige zu übersenden (§. 13).
IV. Der dem Oberpräsidenten zur Seite stehende Provinzialrat, welcher neben
der selbständigen Mitwirkung bei einigen wichtigeren, die ganze Provinz betreffenden An-
gelegenheiten über Beschwerden gegen Beschlüsse des Bezirksausschusses, soweit dieser
Beschlußbehörde ist, zu entscheiden hat, besteht aus dem Oberpräsidenten, bezw.
dessen gesetzlichen Stellvertreter als Vorsitzenden, aus einem von dem Minister des Innern
auf die Dauer seines Hauptamtes am Sitze des Oberpräsidenten ernannten höheren Ver-
waltungsbeamten?, beziehungsweise dessen Stellvertreter, und aus fünf Mitgliedern, welche
vom Provinzialausschusse aus der Zahl der zum Provinziallandtage wählbaren Provinzial-
angehörigen gewählt werden, für welche letzteren in gleicher Weise fünf Stellvertreter
zu wählen sind (L. V. G., §. 10, Abs. 10. Von der Wählbarkeit ausgeschlossen find
der Oberpräsident, die Regierungspräsidenten, die Vorsteher königlicher Polizeibehörden,
die Landräte und die Beamten des Provinzialverbandes (§. 10, Abs. 2 a. a. O.).2
Die Wahl der Mitglieder des Provinzialrates und deren Stellvertreter erfolgt auf sechs
Jahre; jede Wahl verliert ihre Wirkung mit dem Aufhören einer der für die Wählbar-
keit vorgeschriebenen Bedingungen; der Provinzialausschuß hat darüber zu beschließen,
ob dieser Fall eingetreten ist; gegen den Beschluß des Provinzialausschusses findet inner-
halb zwei Wochen die Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte statt, welche Klage auch
dem Vorsitzenden des Provinzialrates zusteht. Dieselbe hat keine aufschiebende Wirkung,
jedoch dürfen bis zur Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Ersatzwahlen nicht statt-
finden (§. 11 a. a. O.). Alle drei Jahre scheidet die Hälfte der gewählten Mitglieder
und Stellvertreter aus und wird durch neue Wahlen ersetzt; die Ausscheidenden sind
jedoch wieder wählbar; für die im Laufe der Wahlperiode ausscheidenden Mitglieder und
Stellvertreter haben für den Rest der betreffenden Amtsperiode Ersatzwahlen stattzufinden
S. 12 a. a. O.). Die Daner der Wahlperiode darf durch Provinzialstatut“ auch
anders festgesetzt werden (I. 13. Die gewählten Mitglieder und stellvertretenden Mit-
1 S. dazu unten §. 86 Provinzialschulkollegium, besitzen mustte, ist durch den S. 10, L. V. G.,
serner Provinzialordn. v. 20. Juni 1875, §. 26. beseitigt.
" Den Stellung gst geregelt durch . Kab. * Provinzialordn. f. d. östl. Prov. §§. 5, 17.
O-v. 23. Nov. 1888; gemäß Allerh. l. v. *. * . *
v 8. Rop 1 9 gemäß Illerh Erl. 5 Uber Posen — Ges. v. 19. Mai 1889
13. April 1888 (G. S., S. 76) sind sie Räte (G. S. S. 10. en §. 93, E. 605 ff
dritter Klasse. " (G .e ) – . unten d— "
Die in den §F§. 62 und 67 der Provinzial- * S. darüber Provinzialordn. S§. 8, 35, 119:
ordn. v. 20. Juni 1875 enthaltene Vorschrift, analoge Vorschriften in den besonderen Provinzial-=
wonach das zu ernennende staatliche Mitglied dese ordnungen. Provinzialstatuten bedürfen immer
Provinzialrates die Befähigung zum Richterame landerherrlicher Genehmigung.
v. Rönne = Zorn, Preuß. Staatsrecht. #. Aufl. I1. 30