Die Oberpräsidenten. (8. 84.) 467
heute die Vorschriften der neueren Gesetzgebung getreten sind. — Die Dienstinstruktion
für die Provinzialkonsistorien v. 23. Okt. 1817 bestimmte im §. 3, daß der Oberpräsi-
dent die Rechte circa Sacra gegenüber der römisch-katholischen Kirche verwaltet, jedoch
unbeschadet der gesetz= und verfassungsmäßigen Amtsbefugniss he der dieser Kirche unmittel-
bar vorgesetzten Bischöfe; dagegen sollte das Konsistorium in Ansehung dieser Angelegen-
heiten bloß beratende Behörde sein, und es sollte von dem Oberpräsidenten abhängen,
welche Sachen er darin von den katholischen Räten zum Vortrag bringen lassen wollte,
wogegen ihm selbst die Entscheidung gebühren sollte, auch die Verfügungen in seinem
Namen ausgefertigt und von ihm vollzogen werden sollten. Der F. 4 der Dienst-
instruktion führt sodann diejenigen Angelegenheiten speziell auf, welche unter den dem
Oberpräsidenten beigelegten inneren Angelegenheiten der römisch-katholischen Kirche ver-
standen werden. Die Verordnung v. 27. Juni 1845, betreffend die Ressortverhältnisse
in katholisch-kirchlichen Angelegenheiten!, hat hiernächst (in den §§. 1 und 2) diese Rechte
der Oberpräsidenten noch erweitert, indem ihnen auch die Bestätigung der zu Stellen
bischöflicher Kollation oder Privatpatronats berufenen katholischen Geistlichen in allen
Fällen beigelegt ist, in denen solche bisher den Regierungen übertragen war, und indem
ihnen gleichfalls die Ausübung des landesherrlichen Ernennungsrechtes zu den katholisch-
geistlichen Stellen, insoweit solches bisher den Regierungen zustand, übertragen wurde,
während (§. 3) den Regierungen im übrigen die bisher zu ihrem Geschäftskreise ge-
hörigen Angelegenheiten der römisch-katholischen Kirche, namentlich die Ernennung und
Bestätigung der weltlichen Kirchenbedienten, belassen wurde. Infolge des Erlasses der
Verfassungsurkunde sind indes in dieser Hinsicht wesentliche Veränderungen eingetreten.
Die Verfassungsurkunde v. 5. Dez. 1848 hatte im Art. 15 bestimmt, „daß das dem
Staate zustehende Vorschlags-, Wahl= und Bestätigungsrecht bei Besetzung kirchlicher
Stellen aufgehoben sei“, und bereits auf Grund dieser Bestimmung hatte die Staats-
regierung anerkannt, daß alle diejenigen Maßregeln und Verfügungen, welche bisher der
katholischen Kirche gegenüber von Staats wegen wahrgenommen worden waren und
die sich als Akte des Kirchenregiments darstellten, nunmehr in Wegfall kommen sollten,
insbesondere die Bestätigung der bischöflichen Kollationen für die von den Bischöfen
angestellten Pfarrer und Benefiziaten, die Bestätigung, beziehungsweise Genehmigung der
kraft Privatpatronatsrechtes erfolgten, bischöflicherseits durch Erteilung der kanonischen
Institution vollzogenen Besetzung geistlicher Stellen, die Genehmigung der bischöflicherseits
erfolgten Anstellung von Erzpriestern und Dechanten und sonstiger bischöflicher Beamten
usw.: Die Bestimmung des Art. 15 der Verfassungsurkunde v. 5. Dez. 1848 wurde
demnächst in den Art. 18 der Verfassungsurkunde v. 31. Jan. 1850, jedoch mit
1 G. 1845, S. 443. nicht zu betreiben, sondern lediglich den geistl.
* diss Grundsätze sind in den Zirk. Erlassen Oberen zu überlassen sei, weil die Vorschrift des
des Min. der geistl. Ang. v. 6. Jan. und 1. März 1 #§. 9 des Ges. v. 8. Mai 1837, wonach die Ver-
1849 (M. Bl. d. i. Verw. 1349, S. 266 u. 267)waltung des Patronats, wenn die Unfähigkeit
auogesprochen worden. Vgl. auch das Regul. des des Besitzers ausgesprochen ist, im landesberrl.
Oberpräsid. der Provinz Preußen v. 25. Mai Auftrage geführt werden soll, mit dem Inhalte
1350 für die zu den Diözesen Kulm und Ermland der Art. 11 u. 15 (jetzt 15 u. 18) der Verf. Urk.
gehörigen Teile der Regierungsbezirke Danzig nicht zu vereinigen sei, und daher der Anwendung
und Marienwerder (sub I) in den Beitr. zum der Vorschrift des kanonischen Rechtes und des
preuß. Kirchenr., H. 1, S. 40, und die gleich- 614 A. L. R., II, 11, welche in Fällen, wo
lautende Bestimmung des Regul. des Oberpräsid. dr Patron das Wahl= und Präsentationerecht für
der Provinz Posen v. 19. Nov. 1850 für die seine Person verliert, die Besetzung der erledigten
zur Erzdiözese Guesen und Posen gehörigen Teile Pfarrstelle den geistl. Oberen beilegt, nichts ent-
der Regierungebezirke Posen und Brombergsub 1) gegenstehe. — Vgl. Richter, Die Entwicklung
im M. Bl. d. i. Verw. 1851, S. 32, desgl. das des Verhältu. zwischen dem Staate und der kathol.
R. des Oberpräsid, der Provinz Westfatlen v. S. Mai Kirche in Preußen (in Donve, Zeitschr. für
1852 'suh 3) in den Beitr. zum preuß. Kirchenr., Bd. I, S. 112 ff., suh 4 u. 50. Die
Kirchenr., H. II. S. K. Das Zirk. Reskr. des Min. oben mitgeteilten Materialien haben auch heute
der geistl. Ang. v. 30. Mai 18419 M. Al. d. i. noch rechtohistorisches Interesse für die Erkennt-
Verw. 1849, S. 95) erklärt, daß die Vesenung nis der Entwicklung des Verhältnisses von Staat
einer katholischen Pfarrstelle in dem Falle, wenn und katholischer Kirche in Preußen, wenn sie auch
der Patron des Präsentationsrechtes für seine positivrechtlich ersezt sind durch die Vorschriften
Person verlustig erklärt worden, von Staats wegen der späteren Geseugebung.
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