Die Oberpräsidenten. (§. 84.) 477
der Normaleichungskommission des Norddeutschen Bundes 1, jert des Deutschen
Reiches, vorbehalten hat, die Organisation der Eichungsbehörden im übrigen nicht in
ihren Bereich gezogen, vielmehr Art. 15) nur bestimmt, daß das Geschäft der Eichung
und Stempelung der Maße und Gewichte ausschließlich durch Eichungsämter
auszuüben sei, deren Personal von der Obrigkeit bestellt wird und welche mit den
erforderlichen, nach den Normalmaßen und -Gewichten hergestellten Eichungsnormalen,
beziehungsweise mit den erforderlichen Normalapparaten durch die Zentralbehörde zu ver-
sehen seien. Der Art. 16 a. a. O. bestimmt dann ferner, daß die Errichtung der Eichungs-
èmter den Einzelstaaten zustehen und nach den Landesgesetzen erfolgen soll, sowie daß
dieselben auf einen einzelnen Zweig des Eichungsgeschäfts beschränkt sein oder mehrere
Zweige desselben umfassen können, und endlich hat der Art. 17 a. a. O. vorgeschrieben,
daß die Bundesregierungen, jede für sich oder mehrere gemeinschaftlich, zum Zwecke der
Aufsicht über die Geschäftsführung und die ordnungsmäßige Unterhaltung der Eichungs-
ämter die erforderlichen Anordnungen zu treffen haben, und daß ihnen in gleicher Weise
die Fürsorge für eine periodisch wiederkehrende Vergleichung der im Gebrauche der
Eichungsämter befindlichen Eichungsnormale mit den Normalmaßen und -Gewichten ob-
liegt. In den älteren Provinzen, dem Geltungsbereiche der Maß= und Gewichtsordnung
v. 16. Mai 18162, waren die Eichungsämter (§. 7 a. a. O., Kommunalanstalten; die
Aufsicht über dieselben war Eichungskommissionen übertragen S. 3 a. a. O.),
welche in jedem Regierungsbezirke errichtet und der Regierung umergcordnet waren,
auch für ihren Ort die Stelle eines Eichungsamtes vertreten sollten (§. 9 a. a. O.). In
den neuerworbenen Landesteilen bestand verschiedenartiges Recht, das heute kein Interesse
mehr bietet (uvgl. v. Rönne, 4. Aufl., Bd. III, S. 235 f.). Da es nicht zweckmäßig
war, solche Verschiedenheiten der einzelnen Landesteile fortbestehen zu lassen, so wurde
der Gegenstand für die ganze Monarchie gleichmäßig durch das Gesetz v. 26. Nov.
1869, betreffend die Eichungsbehörden?, geregelt. Danach sind die Eichungsämter,
welchen nach Art. 15 der Maß= und Gewichtsordnung das Geschäft der Eichung und
Stempelung obliegt, Gemeindeanstalten, jedoch mit Ausnahme der Eichungsämter an
denjenigen Orten, wo die Eichungsinspektoren ihren Sitz haben, welche Staats-
anstalten sein und unter der unmittelbaren Leitung der Eichungsinspektoren stehen sollen
(§§. 1, Abs. 1 und 3 des Gesetzes v. 26. Nov. 180191. Das Biehördensystem der
Maß= und Gewichtsbehörden in Preußen unter der Reichs-Normaleichungskommission
besteht demnach
1. aus staatlichen Eichungsinspektionen,
2. aus Eichungsämtern, die in der Regel Gemeindeanstalten und, wo das
Bedürfnis besteht, in besondere Abfertigungsstellen gegliedert sind.
Die Eichungsämter bestehen aus einem Vorsteher, welchem die allgemeine Leitung
der Geschäfte obliegt, und einem Sachverständigen als Eichmeister; im Falle des Bedürf-
nisses ist jedoch das Personal zu vermchren. Zu Eichmeistern können nur solche Personen
bestellt werden, deren technische Befähigung von dem vorgesetzten Eichungsinspektor nach vor-
gängiger Prüfung anerkannt und bescheinigt ist §. 1, Abs. 3,; die Errichtung von Eich-
ämtern kann jedoch Gemeinden, welche die zu einem Eichungsamte nötigen Lokalitäten und
Einrichtungen beschaffen und eine zum Eichmeister qualifizierte Persönlichkeit nachweisen, nicht
vorenthalten werden (§. 1, Abs. 4. Die Aufsicht über den Geschäftobetrieb der Eichungs-
ämter wird durch Eichungsinspektoren auegeübt, deren in der Regel einer für jede Pro-
vinz ernannt wird. Sie sind befugt, die Eichungsämter ihres Distrikts in technischen
Angelegenheiten durch Vermittlung der Gemeindebehörden mit Anweisung zu versehen.
Die Eichungsinspektoren sind Staatsbeamte und dem Oberpräsidenten beziehungsweise
dem Minister für Handel und Gewerbe untergeordnet: (§. 2. Solche Zweige des
1 S. das Nähere in den Werken über Reiche:
Staatsrecht von Laband, III. 180 ff., Zorn lI.
S. 316 ff.
2 G. S., S. 149.
* G. S. 1869, S. 1165.
wurf dieses Geseter nebst Motiven in den
Bal. den Ent-
Stenogr. Ber. des Abg. H. 1868—70, Anl. Bd. 1,
Akten. Nr. 15, S. 155 fl.
* Das 3Z. R. des D##n. für H., G. u. öffentl.
Arb. v. 26. April 1870 MEK. Bl. d. i. Verw.
1870, S. 124, hat die Eichungeinspektoren unter
die Anfsicht der Obervrandenten geseellt.