Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

478 Die Staatsbehörden. (8. 84.) 
Eichungsgeschäfts, welche eine besondere Sachkunde und Geschicklichkeit erfordern, können 
ausschließlich einzelnen Eichungsämtern übertragen werden (8. 4). Die Kosten der Er— 
richtung und Unterhaltung der Eichungsämter an den Orten, wo die Eichungsinspektoren 
ihren Sitz haben, übernimmt der Staat, welcher dagegen auch die bei denselben auf— 
kommenden Gebühren bezieht; die Kosten der übrigen Eichungsämter, sowie andererseits 
die bei ihnen aufkommenden Gebühren fallen den betreffenden Gemeinden zu (§. 5°.1 
Der Minister für Handel und Gewerbe ist (zufolge des §. 6 a. a. O.) ermächtigt worden, 
durch eine Instruktion die Geschäftsführung der Eichungsämter zu regeln und die Dienst- 
pflichten der Eichungsinspektoren, sowie deren Verhältnis zu den Regierungsbehörden und 
zur Normaleichungskommission festzustellen. Die betreffende Instruktion ist unterm 6. Jan. 
18702 ergangen.? 
Eine Neuregelung dieser Materie von Reichs wegen ist in Aussicht genommen und 
zurzeit Gegenstand der parlamentarischen Beratung. 
XII. Weiter sind noch in diesem Zusammenhange die Handelskammern zu er- 
wähnen. Zwar sind sie nicht der Provinzialverwaltung angegliedert, auch nicht der Auf- 
sicht der Oberpräsidenten, sondern des Handelsministers unterstellt; da sie jedoch ihren 
territorialen Bezirken gemäß provinziellen Charakter tragen, sind sie hier einzureihen. 
Ihre Verhältnisse sind in umfassender Weise geordnet durch das Gesetz v. 
74. Fr. 1870 r 
19. Aug. 18977 
dermaliger Fassung publiziert G. S. 1897, S. 355 ff.“ 
1. Handelskammern bestanden früher nur in der Rheinprovinz; im Jahre 1844 
wurden indes auch in Erfurt, Hagen und Halle Handelskammern errichtet, und durch 
die Verordnung v. 11. Febr. 18485 wurde das Institut für den ganzen damaligen 
  
1 Die Beschaffung der Normale und der son- 
stigen Ausrüstungsgegenstände eines Gemeinde- 
eichungsamtes darf nicht dem Eichmeister auf seine 
Kosten überlassen werden (R. des Min. für H., 
G. u. öff. Arb. v. 6. Mai 1870, M. Bl. d. i. 
Verw. 1870, S. 124, Nr. 108). 
:2 M. Bl. d. i. Verw. 1870, S. 56 ff. 
* Die Znstr. v. 6. Jan. 1870 erteilt (im 
Abschn. I) die allgemeinen Bestimmungen in be- 
treff der Eichungsämter, ferner (im Abschn. II) die 
Anforderungen über das Personal und die Ge- 
schäftaführung der Gemeindeeichungdämter, sodann 
(im Abschn. III) die besonderen Bestimmungen 
für die Staatseichungeämter, und endlich (im 
Abschn. IV) die Vorschriften über die Geschäfts- 
führung der Eichungeinspektoren. Vgl. dazu die 
erganz. und erläuternden R. d. Min. für H., G. 
u. öff. Arb. v. 4. April 1370, betr. den Betrieb 
eines in der Anfertigung oder dem Verkaufe 
cichungopflichtiger Gegenstände bestehenden Pri- 
vatgeschäfts seitens der Eichmeister (M. Bl. d. 
i. Verw. 1870, S. 910, v. 3. Juni 1870, betr. 
den Geschäftsbetrieb der Gemeindeeichungsämter 
(d. a. O., S. 155), v. 17. Sept. 1870, betr. die 
Bekanntmachung über Errichtung von Eichungs- 
ämtern und die denselben beigelegten Befugnisse 
(d. u. SO., S. 270), v. 19. Jan. 1871, betr. die 
Wahrnehmung bestimmer Zweige des Cichunge- 
geschafts (a. ua. O. 1871, S. 11), v. 7. Juni 
1971, betr. die Errichtung und Ausstattung neuer 
Gemeindeeichungsämter (a. a. S., S. 180, v. 
12. Mai 1872, betr. die Ubertragung der Befug- 
nisse der Eichungeinspektoren auf die den Staate= 
cichungsämtern vorbehaltenen Gegenstände auf die 
Cichmeister (a. a. L. 1872, S. 141, v. 17. Dez. 
1872, betr. die Beschränkung der Befugnise der 
Cichungsamter auf einzelne Zweige des Eichungg 
  
— 
geschäfts (a. a. O., S. 338), v. 6. März 1871, 
betr. die Zuziehung der Eichungsinspektoren bei 
dem Bau und der Einrichtung von Eichlokalen 
(a. a. O. 1874, S. 79). 
Durch die Instr. des Min. für H., G. u. öff. 
Arb. v. 13. Febr. 1863 (M. Bl. d. i. Verw. 
1863, S. 77) war für jeden Oberbergamtsbe- 
zirk ein besonderes Bergeichungsamt eingesetzt und 
es waren diese Bergeichungsämter der bern. 
Departementseichungskommission untergeordnet. 
Das Z. R. des Min. für H., G. u. öff. Arb. 
v. 14. April 1870 (a. a. O. 1870, S. 122, 
Nr. 106) hat jedoch diese Bergeichungsämter auf- 
gehoben und bestimmt, daß die Eichung und 
Stempelung der beim Verkaufe der Bergwerks- 
produkte und bei Ermittlung der Bergwerksad- 
gaben zur Anwendung kommenden Gemäße und 
Fördergefäte den mit der Befugnis zum Eichen 
von Hohlmaßen versehenen Eichungeämtern ob- 
liegen soll, welche dabei nach den allgemeinen, für 
ihre Geschäftoführung erteilten Vorschriften zu 
verfahren haben, insoweit nicht durch die dem 
angeführten Z. R. beigefügte Instruktion, bem. 
die Wahrnehmung der Bergeichungsgeschäfte ab- 
weichende Bestimmungen getroffen sind. Zur 
gleichmäsigen Ausführung der gedachten Instr. 
v. 14. April 1870 ist das Z. R. des Min. für 
O., G. u. öffentl. Arb. v. 11. Aug. 1871 M. 
Bl. d. i. Verw. 1871, S. 259) ergangen. 
4 v. Rönne hatte (III, 238 f.) die Handels- 
kammern als „Organe“ der Bezirksregierungen 
bezeichnet und eingegliedert, was nicht zutrifft:. 
die Regierungspräsidenten haben nur einzelne, 
gesenlich bestimmte, Aufsichtsrechte. 
* Val. die Statuten v. 18. Okt. 1844 G. 
S. 1844, S. 663—674). 
* G. S. 184, S. 63.
	        
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