Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die Medizinalkollegien. (8. 87.) 495 
Diese Medizinalkollegien sind auf Grund der Verordnung v. 30. April 1815 (8. 202 
errichtet und ihre Verhältnisse durch die Dienstanweisung für dieselben v. 23. Okt. 1817 
festgestellt worden." Durch die Verordnung v. 22. Sept. 1867 3 wurde demnächst die 
Errichtung von Medizinalkollegien auch für die im Jahre 1866 mit der Monarchie 
vereinigten Landesteile, und zwar für die Provinz Schleswig-Holstein mit dem Amtssie 
in Kiel", für die Provinz Hannover mit dem Amtssitze in Hannover s und für die Pro- 
vinz Hessen Nassau mit dem Amtssitze in Kassel", angeordnet und zugleich bestimmt, daß 
diese neuerrichteten Medizinalkollegien in den ihnen angewiesenen Bezirken diejenigen amt- 
lichen Aufgaben zu lösen haben, welche den Medizinalkollegien in den älteren Teilen der 
Monarchie gesetzlich gestellt sind. Die Medizinalkollegien sind rein wissen- 
schaftliche und technisch-ratgebende Behörden für die Regierungen und Gerichte 
im Fache der polizeilichen und gerichtlichen Medizin und haben mithin keine Ver- 
waltung (§. 1 der Instruttion v. 23. Okt. 18170.7 Ihre Befugnisse und Obliegen- 
heiten sind nach §. 2 a. a. folgende: 1 die Angabe und Begutachtung allgemeiner 
Maßregeln zur Tefercrung. der Kultur der medizinischen Wissenschaft und Kunst, zur 
Ausbildung der Medizinalpersonen und Beamten und zur Einrichtung fehlender oder 
Vervollkommnung der in der Provinz bereits vorhandenen öffentlichen Medizinalanstalten, 
besonders wenn sie zugleich Lehr und Bildungsanstalten für Medizinalpersonen sind; 
2) die Entwerfung oder Beurteilung allgemeiner Pläne zur Vervollkommnung des Medi- 
zinalpolizeiwesens der Provinz und insbesondere die Revision der Medizinalordnungen, 
Reglements, Taxen usw., auch Abgabe gutachtlicher Vorschläge zu deren Berichtigung; 
3) die Pritfung der Medizinalpersonen, insoweit solche überhaupt den Provinzialbehörden 
übertragen ist 5, mit Ausschluß der Prüfungen der Hebammen, welche bei den Regie- 
rungen oder, im Auftrage derselben, von den Hebammenlehrern besorgt wird?; 4) die 
Beurteilung gerichtlich-medizinischer Fälle, die Abfassung und Prüfung medizinisch-chirur- 
gischer Gutachten, Atteste und Obduktionsverhandlungen!"; 5) die Angabe und Prüfung 
  
1 Agl. Soben *d2- ist Bekanntmach, des Oberpräsid. der Provin; 
2:2 G. S. 1817, S. 245 ff. Nach §§. 21 und Hessen-Nassau v 15. Nov. 1869 M. Bl. d. i 
22 der Feroronunge v. 30. April 1815 sollte in Verw. 1869, S. 276). 
jedem Regierungebezirke, worin kein Medizinal-- Sie buten insbesondere mit der Verwaltung 
kollegium ist, eine Sanitätskommission errichtet der Medizinalpolizei selbst, welche den Regierungen 
werden, welche nach Anweisung des Medizinal= ungeteilt zusteht, nichts zu tun und stehen daher 
kollegiums alle Geschäfte desselben besorgen sollte, auch mit den letzteren in keinem eigentlichen 
die einer näheren persönlichen Einwirkung be= Dienstverhältnisse. Die Regierungen sollen indes 
dürfen. Diese Sanitätskommissionen, deren auch! das Gutachten des Medizinalkollegiums einholen, 
die Dienstinstr. für die Medizinalkollegien im §. 1 wenn solche Gegenstände vorkommen, die (nach 
gedenkt, sind auch errichtet, jedoch durch die Kab. §. 2 der Dienstanweisung für die Medizinal- 
O. v. 18. Okt. 1821 wieder aufgehoben worden, kollegien, zum Ressort des letzteren gehören. Auch 
was die Kab. O. v. 31. Dez. 1825, suh D (G. sollen die Regierungen den letzteren diejenigen 
S. 1826, S. 5) demnächst bestätigte. Vgl. v. Nachrichten mitteilen, um welche sie von ihnen 
Rönne und Simon, Medizinalwesen des Preuß.F zur Ausführung der ihnen angewiesenen Bestim- 
Staates, Bd. I. S. 81, Note 1. mung ersucht werden, und insbesondere ist dies 
* G. S. 1867, S. 1570. die Pflicht des Regierungsmedizinalrates, mit 
* Durch §. 5 des Ges. v. 23. Juni 1876. welchem auch das Medizinalkollegium in Hinsicht 
betr. die Vereinigung des Herzogtums Lauenburg seines Wirtungekreises in direkte Korrespondenz 
mit der preuß. Monarchie (G. S. 1876, S. treten kann (§. 5 der Dienstanweisung für die 
  
169 ff., ist bestimmt worden, daß der Wirkungs- Medizinalkollegien. « q[ unte11532,( 
kreis des Medizinalkollegiums in Kiel nach Maß- * Vgl. hierüber oben S. 434. 
gabe der Verordnung v. 22. Sept. 1867 auf daus V/gl. das Prüfungeregl. v. 1. Dez. 1825. 
Herzogtum Lauenburg (sjetzt Kreis Herzogtum Sss. 82—86 (v. KRampt, Ann., Bd. X, S. 
Lauenburg auszudehnen sei. 153 ff.. — Die Prüfung erfolgt jetzt durch be- 
Dae Medizinalkollegium in Hannover ist mit sondere, von der Regierung bezw. dem Ober- 
dem 1. Ökt. 1863 in Wirksamkeit getreten, mit prästdenten der Provinz bestellte Prüfungskom 
welchem Tage das bi,oberige „Ober-Medizinal= missionen. 
kollegium“ daselbst außer Tätigteit getreien ist. 10 Der s8. 5 der Dienstauweis. für die Medi 
* Das Medizinalkollegium für die Provinz zinalkollegien bestimmt, daß diese auf Ersuchen 
Hessen-Nassau ist mit dem 1. Jan. 1870 in Wirk= der Gerichte verpflichtet sein sollen, den letzteren 
samkeit getreten, mit welchem Tage das bisherige im Falle des §. 2, Nr. 1 a. u. O. ihr Gutachten 
„DOber Medizinalkollegium für den Bezirk des vor zu erteitlen. Uber das Verhältnis der Gerichte 
maligen Kurfürstentums Hessen“ aufgelöst worden zu den Medizinalkollegien vgl. v. Rönne und
	        
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