Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Gesetzlich bevorzugte Staatsbürger. (§. 51.) 43 
gebung seit 1848 nicht betroffen worden, und welche mit den gegenwärtigen Staats- 
einrichtungen nicht vereinbar sind, namentlich der Befreiung von der Erbschaftsstempel- 
steuer und von der Einquartierung, dem Rechte exekutivischer Beitreibung der Domänen- 
gefälle im Verwaltungswege, dem Ausscheiden der fürstlichen Familien und Besitzungen 
aus dem Kommunalverbande, dem Bergregal und der Bergverwaltung des Fürsten 
zu Wied, eine neue vertragsmäßige Bestätigung gegeben worden ist; c daß durch die 
gedachten Verträge auch solche aufgehobene Rechte, welche nicht auf völkerrechtlichen oder 
bundesrechtlichen Bestimmungen, sondern nur auf der preußischen Gesetzgebung beruhten, 
namentlich die Landestrauer, soweit sie über das Trauergeläute hinausgeht, die Befreiung 
von ordentlichen Personalsteuern, die Aufsicht über die Gemeindeverwaltung, sowie die 
Genehmigung, Bestätigung oder Ernennung von Gemeindebeamten und von Schullehrern, 
und das Recht, Polizeistrafen zu mildern und zu erlassen, wiederhergestellt worden sind; 
4) daß den Fürsten auch Rechte, welche ihnen niemals zugestanden haben, namentlich 
das Recht der Präsentation zu richterlichen und anderen Beamtenstellen bei Gerichts- 
behörden, sowie das Vorrecht, daß Gerichtsbehörden sich in gewissen Fällen als könig- 
lich preußisches, beziehungsweise fürstliches Gericht bezeichnen und sich der fürstlichen 
Wappen in Verbindung mit dem königlichen bedienen sollen, eingeräumt worden, und 
e) daß ohne vorgängige Genehmigung der Landesvertretung Geldentschädigungen festgesetzt 
und gezahlt, daß solche namentlich für die unentgeltlich aufgehobene Jagdgerechtigkeit und 
Jagdfrohnden bewilligt worden sind““. Im Anschluß an diese Erklärung beschloß das 
Abgeordnetenhaus dann ferner, „an die Staatsregierung die Aufforderung zu richten: 
a) diejenigen Regierungsakte, durch welche den Fürsten die für unstatthaft erklärten Rechte 
wieder hergestellt oder eingeräumt worden sind, außer Kraft zu setzen; b) die völkerrecht- 
lich garantierten Rechte der vormals reichsunmittelbaren Standesherren nicht durch Ver- 
träge, sondern durch königliche in die Gesetzsammlung aufzunehmende Verordnung wieder 
herzustellen und dabei genau die Schranken des Gesetzes v. 10. Juni 1854 und des 
Art. XIV der Bundesakte einzuhalten; c) ohne vorgängige Genehmigung der Landes- 
vertretung keine Entschädigung für die gedachten Standesherren festzustellen oder an die- 
selben zahlen zu lassen; d) die Verordnung v. 21. Juni 1815 und die Instruktion v. 
30. Mai 1820, soweit sie über die Festsetzungen des Art. XIV der Bundesakte, sowie 
der sonstigen Bundesgesetzgebung hinausgehen und mit den verfassungsmäßigen Rechts- 
zuständen nicht vereinbar sind, einer Revision beziehentlich Aufhebung, zu unterstellen 
und dem Landtage eine entsprechende Vorlage zu machen, auch die nach den Normen 
der gedachten Verordnung und Instruktion bis zum Jahre 1848 mit den vormals Reichs- 
unmittelbaren geschlossenen Verträge behufs einer ebenmäßigen Abänderung zur Verhandlung 
zu ziehen““. Diese „Erklärung“ des Abgeordnetenhauses ist in der Hauptsache rechtlich grund- 
los. Die Verträge enthalten nicht die rechtliche Wiederherstellung der aufgehobenen Rechte, 
sondern nur das Material für diese; die Wiederherstellung selbst liegt rechtlich in der 
königlichen Verordnung v. 12. Nov. 1855, auf welcher jene „Rezesse“ beruhen. Ebenso 
unbegründet war der Vorwurf, die Regierung habe in den Rezessen mehr Rechte ein- 
geräumt, als sie bundesrechtlich verpflichtet war. Dagegen konnten allerdings Renten 
aus der Staatskasse nur mit Genehmigung des Landtages gewährt werden. Insbesondere 
der lange und heftige parlamentarische Kampf gegen die „Verträge“ mit den Standes- 
herren ist juristisch völlig grundlos und wirft ein grelles Streiflicht auf die Konfliktszeit, 
unter deren Druck wertlose Formalien zu großen Streitfragen über die Grundlagen des 
Staates werden konnten. Ob die Bezeichnung „Vertrag“ oder „Verordnung“ ange- 
wendet wurde: es handelte sich immer um landesherrliche Anordnungen, die aber nur 
auf Grund von Vereinbarungen über den Inhalt ergehen konnten.I Von seiten der 
Staatsregierung wurde den Beschlüssen und Aufforderungen des Abgeordnetenhauses Wider- 
spruch entgegengestellt und den Aufforderungen nicht entsprochen. Als dann aber das 
Haus der Abgeordneten die von der Staatsregierung beantragte Genehmigung der Zahlung 
von Entschädigungskapitalien, beziehungsweise Renten, welche von derselben auf Grund 
  
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1 Ubereinst. Arndt, Komm. z. Verf. Urk., S. 53 f.
	        
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