Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die Bezirksregierungen. (8. 92.) 531 
zwei ernannte Mitglieder anwesend sind, das dem Dienstalter nach jüngste ernannte, wenn 
außer dem Vorsitzenden nur ein ernanntes Mitglied anwesend ist, das an Lebensalter 
jüngste gewählte Mitglied ausscheidet; doch soll das Stimmrecht vorzugsweise unter den 
ernannten Mitgliedern einem zum Richteramt befähigten, sofern es dessen zur Beschluß- 
fähigkeit bedarf, im übrigen dem Berichterstatter verbleiben (L. V. G., §. 33).1 In 
den Hohenzollernschen Landen kommen in betreff des Bezirksausschusses diese Bestimmungen 
mit der Maßgabe zur Anwendung, daß die zu wählenden Mitglieder von dem Landes- 
ausschusse aus der Zahl der zum Kommunallandtage wählbaren Angehörigen des Landes- 
kommunalverbandes gewählt werden; der Regierungspräsident, die Oberamtmänner und 
die Beamten des Landeskommunalverbandes sind von der Wählbarkeit ausgeschlossen 
(§. 35). 
Der Regierungspräsident gilt im Bezirksausschuß als gesetzlich behindert, wenn 
über eine gegen ihn gerichtete Beschwerde verhandelt wird (L. V. G., §. 30, Abs. 2); 
analoge Vorschriften gelten auch für Klagen im Verwaltungsstreitverfahren (§. 61); doch 
darf aus der innerhalb seiner Zuständigkeit geübten Amtstätigkeit kein Ablehnungsgrund 
wegen Befangenheit entnommen werden (§. 61, Abs. 2). Der Regierungspräsident darf 
also im Beschlußverfahren nicht mitwirken bei der Entscheidung über eine Verfügung, die 
er selbst erlassen und gezeichnet hat, sei es im Bereiche seiner eigenen Zuständigkeit, sei 
es als Präsident einer Abteilung oder des Plenums.? 
Alle Mitglieder — nicht der Regierungspräsident als Vorsitzender — stehen unter 
dem Richter-Disziplinargesetz v. 7. Mai 1851 beziehungsweise 26. Mai 1856; Dis- 
ziplinargericht ist der Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichtes, von dessen Präsi- 
denten der Vertreter der Staatsanwaltschaft ernannt wird (§. 32, Abs. 2). Diese Vor- 
schrift gilt ebensowohl flr das Beschluß= wie für das Streitverfahren. Dem Bezirks- 
ausschuß können weder für das Streit= noch auch für das Beschlußverfahren Anweisungen 
vorgesetzter Behörden gegeben werden. Die ernannten Mitglieder des Bezirksausschusses 
dürfen in den dem Regierungspräsidenten persönlich überwiesenen Angelegenheiten — 
„erste Abteilung“ — nicht beschäftigt werden; dagegen ist solche Beschäftigung in der 
zweiten und dritten Abteilung grundsätzlich statthaft, für einzelne Fälle nach Weisung 
des Regierungspräsidenten, dauernd, insbesondere durch Ubertragung von Referaten, nur 
mit Genehmigung der zuständigen Minister." 
An der Spitze der nach der neuen Organisation noch verbliebenen kollegialen Ab- 
teilungen stehen Oberregierungsräte; die Finanzabteilungen der Regierungen in 
Königsberg, Potsdam, Frankfurt a. O., Stettin, Breslau, Oppeln, Magdeburg, Merse- 
burg, Kassel, Wiesbaden 5, Posen", Gumbinnen, Marienwerder, Bromberg?' sind in 
Unterabteilungen je für direkte Steuern und für Domänen und Forsten gegliedert, welche 
von besonderen, für ihren Geschäftekreis verantwortlichen Dirigenten geleitet werden. 
IV. Das Ressort der einzelnen Abteilungen der Regierungen ist durch die Kabi- 
nettsorder v. 31. Dez. 1825, welche dabei auf die Instruktion v. 23. Okt. 1817 Bezug 
nimmt, beziehungsweise durch anderweitige Erlasse und gesetzliche Bestimmungen festge- 
stellt worden. 
A. Bei der Abteilung des Innern sollen nach der Kabinettsorder v. 31. Dez. 1825 
(0, II, 1) die Gegenstände bearbeitet werden, die nach der Instruktion v. 23. Okt. 1817 
der ersten Abteilung zugeteilt waren. Demgemäß gehören folgende Gegenstände vor die 
erste Abteilung: a) die inneren Angelegenheiten der Landeshoheit, als: Verfassungs= und 
Landesgrenzsachen 3; Auslieferung fremder Untertanen; die Publikation der Verordnungen 
  
1 Entsch. d. O. V. G., Bd. I. S. 347. 5 Allerhöchster Erlaß v. 4. Juni 1895 (G. 
* S. Über diese wichtige Frage Entsch. d. O. S., S. 187). 
V. G., Bd. XII, S. 48. Für das Streitverfahren *Allerhöchster Erlaß v. 19. Mai 1903 (G. 
regelt sich die Frage aus L. V. G., ss. 61, 62. S., S. 172). 
  
* S. hierüber Zorn im Verwalt. Arch., Bd. Allerhöchster Erlaß v. 30. Juni 1904 (G. 
II, S. 74 ff. S., S. 151). 
* Zirk.-Erlaß v. 9. Febr. 1884 (M. Bl. 15), s Die in §. 2, Nr. 1 der Instr. v. 23. Okt. 1817 
sub IV. gleichfalls aufgeführten ständischen Angelegenheiten 
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