544 Die Staatsbehörden. (§. 92.)
Innern und der Finanzen haben indes empfohlen, dergleichen Sitzungen auch fernerhin
abzuhalten.,
C. Von den Geschäften des Bezirksausschusses als Beschlußbehörde.
Über die Geschäfte des Bezirksausschusses als Verwaltungsgericht s. unten, Bd. III
in der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Als Beschlußbehörde (L. V. G., §. 4, Abs. 1) hat der Bezirksausschuß an
Stelle des früheren Bezirksrates eine große Anzahl von Aufgaben durch die neuere Ge-
setzgebung zugewiesen erhalten. Der Bezirksausschuß erledigt diese Aufgaben teils als
erste Instanz, teils als höhere Instanz über dem Kreisausschuß; teils endgültig, teils mit
Berufung an den Provinzialrat; in einer Reihe von Fällen findet auch Ubergang aus
dem Beschlußverfahren in das Streitverfahren statt. Die Form des Verfahrens in Be-
schlußsachen ist die gewöhnlicher Kollegialsitzungen nach näherer Maßgabe des vom Mi-
nister des Innern unterm 28. Febr. 1884 erlassenen, jetzt für die ganze Monarchie gel-
tenden Regulativs?; die Abstimmung erfolgt in der oben S. 530 f. angegebenen Weise;
ebenso gelten bezüglich des Vorsitzes lediglich die allgemeinen Vorschriften. Die Beschluß-
sitzungen finden getrennt von den Streitsitzungen statt; für jede Sache ist ein Referent,
eventuell Korreferent vom Vorsitzenden zu ernennen (Reg., §. 7), nach deren Vortrag die
Verhandlung und Abstimmung erfolgt (Reg., §. 9); die Sitzungen finden an fest bestimm-
ten Tagen statt, erforderlichenfalls können durch den Vorsitzenden außerordentliche
Sitzungen anberaumt werden (Reg., I§. 2).
Ein Anweisungsrecht vorgesetzter Behörden besteht auch dem Bezirksausschuß als
Beschlußbehörde gegenüber nicht. Wohl aber ist der Regierungspräsident befugt, einen
Beschluß des Kollegiums, mit dem er nicht einverstanden ist, anzuhalten und mit Klage
vor das Oberverwaltungsgericht zur Entscheidung zu bringen.“
Die Einberufung von Stellvertretern erfolgt im Bedürfnisfalle nach Maßgabe der
Vorschriften im §. 3 des Regulativs; in der Zeit vom 21. Juli bis 1. Sept. finden
keine Sitzungen statt und. dürfen Termine zur mündlichen Verhandlung nur in schleunigen
Sachen anberaumt werden (Reg., §. 5). Auch im Beschlußverfahren können mündliche
Verhandlungen angesetzt werden, in welchen die Parteien ihre Sachen vertreten können;
nach ihnen ist der etwa vom Regierungspräsidenten ernannte Vertreter des öffentlichen
Interesses zu hören; eingeleitet wird die Verhandlung durch den Vortrag des Referenten
(Reg. §. 11). Die mündlichen Verhandlungen sind öffentlich, doch kann das Kollegium
Ausschluß der Offentlichkeit beschließen (§. 13). Uber die Sitzung ist Protokoll nach näherer
Maßgabe von Reg., §. 12 zu führen. Der Beschluß kann sofort oder durch spätere
schriftliche Zustellung verkündigt werden (§. 14); die Ausfertigung ist durch den Vor-
sitzenden zu vollziehen (J. 15). Uber Zustellungen und Behandlung der Akten bestimmen
die §§. 17—19 des Regulativs. Nach Ablauf des Kalenderjahres ist durch den Regie-
rungspräsidenten und die ernannten Mitglieder dem Minister des Innern ein genauer
Geschäftsbericht nach Maßgabe des §. 22 des Regulativs zu erstatten.
1868, S. 237). Uber die Frage, inwieweit sonst
noch Haft als Zwangsmittel der Verwaltung in
Betracht kommen kann, s. unten Bd. III, vgl.
auch oben S. 160, 3. 9.
1 Vgl. das Zirk. Reskr. der Min. des Inn.
und der Fin. v. 9. Febr. 1884, sub 1II (M.
Bl. d. i. Verw. 1884, S. 15), welches bemerkt,
daß dies zweckmäßig sei, damit der Regierungs-=
präsident in der Lage ist, bei wichtigeren Fragen
das Urteil der ihm beigegebenen Räte und Hilfs-
arbeiter zu hören, insbes. aber damit den letzte-
ren die Kenmnis des Zusammenhanges der Ge-
schsate nicht verloren gehe. Dem Oberregierungs-
rate wie den Regierungsräten und Regierungs-
assessoren steht indes bei diesen Sitzungen um eine
beratende Stimme zu; die Entscheidung liegt
allein in der Hand des Präsidenten und gegen
dessen Willen kann in diesen Sitzungen keine
Sache zum Gegenstande des Vortrages gemacht
werden.
* Die nachfolgende Skizze der verwaltungs-
rechtlichen Stellung des Bezirksausschusses ols
Beschlußbehörde ist neu eingefügt; die v. Rönne-
sche Darstellung hatte die neuen Einrichtungen
des preußischen Verwaltungsrechtes dem Systeme
einzufügen völlig versäumt.
5 M. Bl. d. i. Verw., S. 37. — Daß der
Bezirksaussschuß keine Behörde sei, will Friede
richs im Preuß. Verw. Bl., Bd. XXVII (19060,
S. 247 erweisen. Doch handelt es sich bei ihr
zweifellos um einen selbständigen RKreis von
Staatsfunktionen, nebst persönlichen wie sach-
lichen Einrichtungen zur Ausübung derselben.
L. V. G., F. 126.