576 Die Staatsbehörden. (§. 92.)
sie nicht auf klaren Vorschriften beruhen, f) alle vom Präsidenten ausdrücklich zum Vor-
trage geschriebenen Sachen, 8) alle zwar an sich zur Abmachung ohne Vortrag geeignete
Sachen, über welche jedoch der Korreferent mit dem Referenten, oder diese mit dem Ab-
teilungsvorsitzenden nicht einverstanden sind.
V. Betreffs des Stimmrechts der Mitglieder hatte der §. 28 der Instruktion v.
23. Okt. 1817 vorgeschrieben :, daß die Sachen sowohl im Plenum, als in den Ab-
teilungen nach der Mehrheit der Stimmen zu entscheiden sind, und daß jedes Mitglicd
in seiner Abteilung sowie im Plenum eine volle Stimme haben, bei Stimmengleichheit
die Stimme des Vorsitzenden entscheiden solle.3 Hierin sind indes durch die Kabinens-
order v. 31. Dez. 1825 (sub I), Nr. V und VII folgende Anderungen angeordnet:
1. In den Plenarversammlungen, welche unter dem Vorsitze des Präsidenten aus
den Oberregierungsräten (mit Einschluß des Oberforstmeisters), den Regierungsräten, den
technischen Mitgliedern und den Assessoren bestehen", haben die Oberregierungs= und die
Regierungsräte ein volles Votums; die technischen Mitglieder (nämlich die Schul-, Medi-
zinal-, Gewerbe= und Bauräte, auch die technischen Forstbeamten) dagegen nur in den
zu ihrem Geschäftskreise gehörigen Angelegenheiten , und die Assessoren nur in den von
ihnen selbst bearbeiteten Sachen.' Es entscheidet zwar Stimmenmehrheit; dem Prä-
sidenten gebührte indes (nach §. 39, Nr. 3 der Instruktion v. 23. Okt. 1817) das Recht,
sofern nicht Gefahr im Verzuge ist, die Ausführung des Beschlusses zu beanstanden und
die Entscheidung des Oberpräsidenten einzuholen. Diese Vorschrift muß als durch §. 24
des Landesverwaltungsgesetzes aufgehoben gelten (s. unten, Ziff. 3).
2. In den Abteilungen erfolgen die Beschlüsse zwar auch nach Stimmenmehrheit
der Mitglieder mit Einschluß des Vorgesetzten der Abteilung; allein diesem letzteren
1 A. a. O., §. 27, dazu Zirk. Reskr. der Min. 5 Die Mitglieder der Finanzabteilung auch bei
des Inn. u. der Fin. v. 19. Febr. 1884 zu lll, unterlaufendem fiskalischen Interesse, Verf. v.
M. Bl. d. i. Verw. 1884, S. 151. — Auch 29. Mai 1359 (M. Bl., S. 167).
die bei den höheren Staatsbehörden und bei dem * Uber das Stimmrecht der technischen Reg.-
Könige geführten Beschwerden müssen zum Vor= Mitglieder im Plenum vgl. das Reskr. der Min.
trage gelangen (Reskr. v. 30. Jan. 1828, des Inn., der Fin. u. der geistl. Ang. v. 16. Juni
v. Kamptz, Ann., Bd. XII, S. 27). 1841 (M. Bl. d. i. Verw. 1841, S. 157, Nr.
* Daß die Bestimmungen des §. 28 der Instr. 231), und in betreff des Stimmrechts der Forst-
v. 23. Okt. 1817 über die Abstimmungen in der beamten bei den Reg.-Kollegien das Zirk. Reikr.
früheren Abt. des Innern nicht mehr gelten, ist der Min. der Fin. und des Inn. v. 24. Febr.
in dem Zirk. Reskr. der Min. des Inn. u. der 1851 (M. Bl. d. i. Verw. 1851, S. 72, Nr. 87)
Fin. v. 10. Febr. 1881 zu III (M. Bl. d. i. u. das Reskr. derselben Min. v. 20. Juni 1871
Verw. 1881, S. 158) ausdrücklich hervorgehoben. (M. Bl. d. i. Verw. 1871, S. 162). Über das
à Hiernach war also die Verfassung der Re= Stimmrecht der etatsmäßigen Mitglieder in
gierungen vollständig auf das Kollegialsystem ge-Digsziplinaruntersuchungssachen vgl. §. 31 des
gründet. Aus welchem günstigen Gesichtspunkte Ges. v. 21. Juli 1852 (G. S. 1852, S. 465.
dies System noch bei Erlaß der Verordnung v. Die Oberforstmeister haben stets ein volles
30. April 1815 wegen verbesserter Einrichtung Stimmercht. Verf. v. 24. Febr. 1851 (M. Bl.,
der Prov.-Behörden angesehen wurde, ergibt der S. 72).
Eingang dieser Verordnung, wo es heißt: „Es * Nach dem Reskr. des Min. des Inn. u. der
solle den Prov.-Behörden eine vereinfachte und Fin. v. 31. Jan. 1838 (v. Kampt, Ann., Bd.
verbesserte Einrichtung gegeben werden, um in XVI, S. 1) sollten Assessoren, welche als Siell-
dem Geschäftsbetriebe selbst, mit der kollegialischen vertreter eines Justitiarius fungieren, auch im
Form, welche Achtung für die Verfassung, Gleich= Plenum ein volles Votum haben. Diese Bestim-
förmigkeit des Verfahrens, Liberalität und Un-- mung hat indes das Reskr. desselben Min. v.
parteilichkeit sichert, alle Vorteile der freien Be= 22. März 1861 (M. Bl. d. i. Verw. 1861, S.
nutzung des persönlichen Talents und eines wirk= 125) wieder beseitigt. Stimmrecht haben aber
samen Vertrauens zu verbinden.“ liber die Gründe Forstassessoren (Allerh. Erl. v. 24. Aug. 1892.
für den — teilweisen, aber grundsätzlichen — M. Bl. 321), Bauinspektoren und Titularbauräte
Übergang zum Präfektursystem s. oben, S. 526.) (Allerhöchster Erlaß v. 3. Mai 1890, G. S.,
* Der Präsident ist auch berechtigt, einzelne S. 131, nebst Verf. v. 31. Mai 1890, M. Bl.,
Landräte zu den Sitzungen der Regierung zuzu- S. 929.
lassen, in welchem Falle ihnen ein Votum ge- * In den Abteilungen haben auch die tech-
bührt (Kab. O. v. 31. Dez. 1825, sub D, Nr. V). nischen Mitglieder und Assessoren ein volles Votunr
ber das Stimmrecht solcher Landräte vgl. das (Reskr. der Min. des Inn. u. der Fin. v. 1. Sept.
Reskr. des Min. des Inn. v. 19. Mai 1842 1832 u. v. 20. Aug. 1828, v. Kamptz, Ann.,
(M. Bl. d. i. Verw. 1842, S. 177). Bd. XII, S. 624, u. Bd. XVI, S. 586.