Die Bezirksregierungen. (8. 92.) 577
gebührt nicht bloß im Falle der Stimmengleichheit die Entscheidung, sondern er darf
auch den wider seine Ansicht gefaßten Beschluß der Mehrheit durch Berufung an den
Präsidenten suspendieren, von welchem es dann abhängt, ob nach der Ansicht des
Vorgesetzten der Abteilung oder der Stimmenmehrheit der Mitglieder der Abteilung ver-
fahren, oder ob die Sache zur Entscheidung an das Plenum verwiesen werden soll.
Die Zahl und Zeit der Sitzungen des Plenums ordnet der Präsident an, und für die
Abteilungen der sie leitende Oberregierungsrat im Einverständnisse mit dem Präsidenten.
Außerdem sollen sich indes sämtliche Mitglieder auch an den übrigen Tagen der Woche,
mit Ausnahme der Sonn= und Festtage, regelmäßig in bestimmten Stunden im Regierungs-
lokale zur Erledigung der dringenden und sonst abzumachenden Geschäfte einfinden.!
Die Vorschriften über das allgemeine Stimmrecht haben nunmehr durch Allerh. Erlaß
v. 21. Sept. 1905 (G. S., S. 403) eine grundsätzliche Umgestaltung dahin erfahren, daß
alle technischen Mitglieder (Forst-, Bau-, Gewerbe-, Schul-, Gewerbeschul= und
Medizinalräte), sowie die Regierungsassessoren und die technischen Be-
amten bei den Regierungen mit dem Rang der Räte 4. Klasse das
volle Stimmrecht auch in den Plenarversammlungen haben, die technischen
Hilfsarbeiter in den von ihnen bearbeiteten Sachen.
3. Der Regierungspräsident ist befugt, Beschlüsse der Regierung oder einer Ab-
teilung derselben, mit welchen er nicht einverstanden ist, außer Kraft zu setzen und, so-
fern er den Aufenthalt in der Sache für nachteilig erachtet, auf seine Verantwortung an-
zuordnen, daß nach seiner Ansicht verfahren werde, andernfalls ist höhere Entscheidung
einzuholen. Der Regierungspräsident ist ferner befugt, in den zur Zuständigkeit der
Regierung gehörigen Angelegenheiten an Stelle des Kollegiums unter perfön-
licher Verantwortlichkeit Verfügungen zu treffen, wenn er die Sache
für eilbedürftig oder, im Falle seiner Anwesenheit an Ort und Stelle, eine sofortige
Anordnung für erforderlich erachtet.
VI. Der Geschäftsgang soll möglichst abgekürzt und vereinfacht werden.
VII. Alle auf Beschlüssen des Plenums beruhenden Berichte, Schreiben und Ver-
fügungen werden im Namen der Regierung ausgefertigt und dem Präsidenten zur Super-
revision vorgelegt; alle übrigen Dekrete und Konzepte unterliegen nur der Superrevision
und Mitzeichnung des Vorsitzenden der Abteilung; indes kann der Präsident einzelne
Sachen als solche bezeichnen, welche zwar nicht an das Plenum gebracht, ihm aber zur
Superrevision vorgelegt werden sollen.
VIII. Alle Verfügungen, Ausfertigungen und Berichte, welche von dem Plenum aus-
gehen, sind unter dem Kollektivnamen „Königlich preußische Regierung“ zu vollziehen, was
auch in betreff der Schreiben an auswärtige Behörden gilt; dagegen ergehen die Erlasse
und Berichte der Regierungspräsidenten sowie der Abteilungen lediglich unter deren Namen.
1 Geschäftsanw. v. 31. Dez. 1825 zu Abschn. III
u. IV. Abs. 5.— Wegen der Anwesenheit der Sub-
alternen im Dienstlokale vgl. Abs. 6 ebendaselbst.
2 In bezug hierauf bemerkt das Zirk. Reskr. der
Min. des Inn. u. der Fin. v. 19. Febr. 1884, sub
VI (M. Bl. d.i. Verw. 1884, S. 151), daß hierdurch
die Vorschriften im §. 39, Nr. 3 der Instr. v. 23. Okt.
1817 und zu.D, V, Abs. 5 der Kab. O. v. 31. Dez.
1825 für aufgehoben zu erachten seien, welche Auf-
hebung sich dagegen nicht auf die Vorschrift zu D,
VII der Kab. O. v. 31. Dez. 1825 erstrecke. Jetzt
L. V. G., §. 24; s. oben, Ziff. 1.
2 Instr. v. 23. Okt. 1817, §. 29, wonach in
der Regel die Verfügungen durch (gehörig zu voll-
ziehende) Abschriften des Dekreis, und an Unter-
behörden mit einem bloßen Vermerke zu erlassen
sind (vgl. Reskr. der Min. der Fin. u. des Inn.
v. 31. Dez. 1842, M. Bl. d. i. Verw. 1843,
S. 3). Die Bescheidung der Landräte durch Ab-
r. Rönne-Zorn, Preuf. Staatsrecht.
5. Aufl. II.
schrift der Verfügung ist nicht mehr anzuwenden
(Verf. v. 15. Juni 1842, M. Bl., S. 247)0. Ver-
vielfältigte Rundverfügungen an Landräte, die
zur Mitteilung an die Unterbehörden geeignet
sind, sollen in entsprechender Anzahl übersendet
werden (Verf. v. 17. Nov. 1858, M. Bl. 1859,
S. 1). Wegen der Beschleunigung des Geschäfts-
betriebes vgl. die Reskr. der Min. des Inn. u.
der Fin. v. 6. Mai 1836 (v. Kamptz, Ann.,
Bd. XX,. S. 2610 u. des Min. der geistl. Ang.
v. 15. Nov. 1837 (a. a. O., Bd. XXI. S. 955).
liber die Art der Bescheidung von Vittstellern·
Reskr. v. 12. Aug. 1829(0. a. C., Bd. XII, S. 474).
* Geschäftsanw. v. 31. Dez. 1825 zu Abschn.
III u. IV. Abs. 7 u. 2, wodurch der §. 30 der
Instr. v. 23. Okt. 1817 abgeändert ist. Vgl.
Reskr. der Min. des Inn. u. der Fin. v. 12. O kt.
1827 v. Kampst, Ann., Bd. XI, S. 865).
5 Instr. v. 23. Okt. 1817, §. 31, Zirk. Reskr.
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