Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

580 Die Staatsbehörden. (§. 92.) 
2. Betreffend die Stellung des Präsidenten.! 
I. Nach §. 39 der Instruktion v. 23. Okt. 1817 war das Regierungspräsidium 
kollegialisch formiert und aus dem Präsidenten und zwei Direktoren zusammengesetzt. 
Dies hat die Kabinettsorder v. 31. Dez. 1825 aufgehoben und (sub D, Nr. 1) bestimmt, 
daß an der Spitze jeder Regierung ein Präsident stehen soll 2, zu dessen Wirkungskreis 
im allgemeinen alles das gehören soll, was in der Instruktion v. 23. Okt. 1817, 8S. 39 
und 40 für das Präsidium und den Chefpräsidenten verordnet ist. 
A. Nach §. 39 a. a. O. hat der Präsident folgenden Wirkungkreis: 
1. Er bearbeitet ausschließlich alles, was sich auf Anstellung, Disziplin und Ent- 
lassung der Mitglieder des Kollegiums und der Referendarien und auf die Verteilung 
der Geschäfte bezieht. 
2. Er leitet den Vortrag, sorgt für eine ernste, zweckmäßige, gründliche und an- 
ständige Behandlung der Geschäfte" und führt die Aussicht über die Geschäftsführung 
der Mitglieder des Kollegiums und der Subalternen. Er ordnet daher auch die Journale 
und Geschäftskontrollen, sowohl für das Kollegium als die verschiedenen Unterbehörden 
bei demselben, an. Von seiner Bestimmung hängt alles ab, was die Regelmäßigkeit, 
Ordnung, den ununterbrochenen Fortgang und die Kontrolle der Geschäfte, ingleichen die 
Form und Fassung der angegebenen Verfügungen anbetrifft. Seine Aufsicht muß sich 
aber nicht bloß auf den formellen Geschäftsbetrieb beschränken, sondern er muß auch auf 
das Innere der Sachen eingehen, einzelne Sachen nach den Akten prüfen, hinhaltende 
Verfügungen und Rückfragen verhüten und dafür sorgen, daß die Bezirksbehörden und 
Privatinteressenten bei ihren Anträgen und Gesuchen überall vollständig, gründlich und 
Möglichst schnell beschieden werden, auch die letzteren, wenn nach Lage der Sache eine 
endliche Bescheidung noch nicht möglich ist, wenigstens sogleich eine vorläufige Nachricht 
von den obwaltenden Hindernissen erhalten. 
3. Ist der Präsident mit dem Materiellen angegebener Verfügungen und gefaßter 
Beschlüsse nicht einverstanden, so kann und muß er dieselben nochmals, dem Befinden 
nach, im Plenum zum Vortrag bringen lassen. Bei dem im Plenum gefaßten Be- 
schlusse hat es dann zwar sein Bewenden; doch kann der Präsident, wenn er auch als- 
dann noch nicht von der Richtigkeit des Beschlusses überzeugt ist, die Ausführung des- 
selben auf seine Verantwortung unterlassen und die Entscheidung des Oberpräsidenten ein- 
einholen, sobald nicht Gefahr im Verzuge ist. Ist dies aber nicht der Fall, so muß der 
  
1 Uber den Wirkungskreis der Regierungs- 
präsidenten in Beziehung auf kirchliche Angelegen- 
heiten vgl. oben, S. 536 f. 
Die Kab. O. v. 31. Dez. 1825, sub D, 
Nr. IV, bestimmt, daß bei den Regierungen, wo 
der Oberpräsident zugleich Präsident der Regie- 
rung ist, ein Vizepräsident zu bestellen ist, welcher 
den Oberpräsidenten bei Abwesenheit, Krankheit 
und in sonst zu bestimmenden Fällen bei der Re- 
gierung vertritt, auch die Präsidialgeschäfte der 
Regierung insofern übernimmt, als das Staats- 
ministerium dies bestimmt. — Diese Bestimmung 
findet keine Anwendung mehr, indem der 8. 17 
des L. V. G. bestimmt, daß an die Spitze der 
Bezirkoregierung am Sitze des Oberpräsidenten, 
unter Wegfall des Regierungevizepräsidenten, ein 
Regierungspräsident ritt, und daß der Ober- 
präsident fortan nicht mehr Präsident dieser Re- 
gierung ist; s. oben §. 92, IV, B. 
s Dies bestimmt auch die Geschäftsanw. v. 
31. Dez. 1825 zu Abschn. III u. IV, AbsK. 10. 
— Nur die bei den Regierungen selbst ange- 
stellten Beamten sind der Disziplin des Regie- 
rungspräsidenten, alle übrigen den Regierungen 
  
untergeordnete Beamte aber zunächst der Diszivlin 
der Regierungen unterworfen. Hierin wird durch 
die Bestimmungen des Disziplinarges. v. 21. Juli 
1852, welches dem Präsidium ausnahmsweise bei 
Didsziplinaruntersuchungen gegen die den Regie- 
rungen untergeordneten Beamten sowohl die Ein- 
leitung des Disziplinarverfahrens und die Er- 
nennung des Untersuchungskommissars, als die 
Ernennung des Staatsanwalts und Verfügung 
der Suspension übertragen hat, nichts geändert 
(Reskr. der Min. der Fin. und des Inn. v. 23. Dez. 
1865, M. Bl. d. i. Verw. 1866, S. 1). 
* Geschäftsanw. v. 31. Dez. 1825, a. a. O. 
5 Die Geschäftsanw. v. 31. Dez. 1825, Abschn. 
III u. IV, Abs. 10, macht ihm insbesondere auch 
zur Pflicht, dafür zu sorgen, daß Immediatein- 
gaben, welche an die Regierung zurückgeben, 
prompt und vollständig erwogen, die allemal 
darauf zu erlassenden Verfügungen beschleunigt 
und, wenn unstatthafte Anträge gemacht sind, die 
Bittsteller gründlich belehrt werden. Uber das 
Verfahren hierbei vgl. das Zirk. Reskr. der Min- 
des Inn. und der Fin. v. 30. Jan. 1828 o. 
Kamptz,, Ann., Bd. XII, S. 27).
	        
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