Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Sondervorschriften der Verwaltungsorganisation. (§. 93.) 599 
Teilen der Monarchie den Oberpräsidenten zu eigener Verwaltung oder in Stellvertretung 
der obersten Staatsbehörden 1, den Regierungen, Provinzialsteuerdirektionen und Ausein- 
andersetzungsbehörden überwiesen sind, sofern nicht eine ausdrückliche Ausnahme hiervon 
angeordnet ist.' Die Verordnung v. 7. Jan. 1852 hat ferner (§. 6) vorgeschrieben, 
daß die Regierung die ihr übertragenen Geschäfte nach Vorschrift der Regierungsinstruktion 
v. 23. Okt. 1817 und der dazu ergangenen erläuternden, ergänzenden und abändernden 
Bestimmungen? mit folgenden Modifikationen zu verwalten hat: 1. der Präsident ver- 
sieht zugleich die Funktionen des Oberregierungsrats; für Behinderungsfälle wird ein 
Mitglied dauernd mit seiner Stellvertretung durch die Minister des Innern und der 
Finanzen beauftragt; 2. der Präsident ist ermächtigt und verpflichtet: a) bei außerordent- 
lichen Ereignissen und bei Gefahr im Verzuge die augenblicklich erforderlichen Anord- 
nungen zu treffen, ingleichen b) bei eingetretenem Kriege oder vorhandener Kriegsgefahr 
für den Bezirk, sowie in dem Falle des Aufruhrs bis zu etwaigen anderweitigen An- 
ordnungen die gesamte Zivilverwaltung zu übernehmen; 3. die Trennung der Regierung 
in Abteilungen findet nicht statt; die Bestimmungen, welche den Geschäftsgang mit Rück- 
sicht auf eine solche Trennung des Ressorts anordnen, kommen nur mit den hierdurch 
gebotenen Anderungen in Anwendung; 4. bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem 
Präsidenten und dem Justitiarius in Prozeß= und Rechtssachen der indirekten Stener- 
verwaltung ist die Entscheidung des Finanzministers einzuholen. 
Die vorgedachten Bestimmungen sind indes durch das Gesetz v. 26. Juli 1880 
über die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung, welches zufolge §. 88 mit dem 
1. April 1881 in den Hohenzollernschen Landen in Kraft getreten ist, umgestaltet worden. 
Während nämlich, nach den Bestimmungen der §§. 3 und 4 a. a. O., in denjenigen 
Provinzen, in welchen das gedachte Gesetz gleichfalls mit dem 1. April 1881 in Kraft 
getreten ist, die Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung, soweit sie nicht anderen Be- 
hörden überwiesen sind, unter Oberleitung der Minister von dem Oberpräsidenten, in den 
Regierungsbezirken von dem Regierungspräsidenten und den Regierungen, und in den 
Kreisen von den Landräten dergestalt geführt werden, daß die Oberpräsidenten, die Re- 
gierungspräsidenten und die Landräte innerhalb ihres Geschäftskreises selbständig unter 
voller persönlicher Verantwortlichkeit, vorbehaltlich der kollegialischen Behandlung der durch 
die Gesetze bezeichneten Angelegenheiten, handeln, und zur Mitwirkung bei diesen Ge- 
schäften für die Provinz der Provinzialrat, für den Regierungsbezirk der Bezirksausschuß 
und für den Kreis der Kreisausschuß bestehen, sollten die Bestimmungen des Gesetzes 
v. 26. Juli 1880 in den Hohenzollernschen Landen nur mit denjenigen Anderungen 
gelten, welche durch die §§. 5, 20 und 28 a. a. O. vorgeschrieben sind. Die Hohen- 
zollernschen Lande sind nämlich nicht in Kreise, sondern in Amtsbezirke eingeteilt, an 
deren Spitze Oberamtmänner stehen, welche nach §. 10, zu c der Verordnung 
v. 7. Jan. 1852 die Funktionen der Landräte in denjenigen Fällen wahrzunehmen haben, 
in welchen nach den in den Hohenzollernschen Landen eingeführten Gesetzen, Verordnungen 
und Einrichtungen des übrigen Teils der Monarchie der Landrat zuständig ist. In 
kommunaler Beziehung sollten die Hohenzollernschen Lande nach der hohengollernschen 
Amts= und Landesordnung v. 2. April 1873“ einen selbständigen Landeskommunal= 
verband bilden und die Oberamtsbezirke (Sigmaringen, Gammertingen, Hechingen und 
Haigerloch) Kommunalverbände zur Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten (Amtsverbände) 
sein, an deren Spitze ein Landesausschuß, beziehungsweise Amtsausschüsse stehen. Diese 
eigenartigen Verhältnisse bedingten für die Hohenzollernschen Lande die im §. 5 des 
Organisationsgesetzes v. 26. Juli 1880 angeordneten Umgestaltungen in bezug auf die 
allgemeinen Grundlagen der Organisation. Sie gestatteten insbesondere nicht die Bildung 
eines Provinzialrates, an dessen Stelle, ebenso wie an die Stelle des Oberpräsidenten, 
unbeschadet der obengedachten Zuständigkeiten der rheinischen Provinzialbehörden, die zu- 
ständigen Minister treten sollten, während an die Stelle des Kreises der Oberamtsbezirk, 
  
nicht zugeordnet ist, durch die Behörden der Rhein= Verordnung v. 7. Jan. 1852, §. 5. 
provinz Aushilfe gewährt werden soll. Vgl. oben. S. 524 ff. 
1 Val. oben. S. 466. * G. S. 1873, S. 145 ff.
	        
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