Sondervorschriften der Verwaltungsorganisation. 601
(§. 93.)
mann bestellt, welcher seinen Amtssitz in dem Hauptorte des Oberamtsbezirks hat! und
im wesentlichen dem Landrat in den übrigen Teilen der Monarchie gleichsteht. Der
Oberamtmann ist das Organ, dessen sich die Regierung in allen Teilen der Verwaltung
zur Vollziehung ihrer Verfügungen bedient, insoweit nicht besondere, von ihm nicht ab-
hängige Behörden dazu berufen sind. Die übrigen, den Hohenzollernschen Landen vorge-
setzten Behörden können demselben einzelne, innerhalb des Oberamtsbe zirks auszurichtende
Aufträge erteilen.
Der Oberamtmann hat im besonderen folgende Funktionen: a) diejenigen, welche den
früheren Oberämtern als Verwaltungsbehörden zustanden; b) die Wahrnehmung des Auf-
sichtsrechtes über die Kommunal= und Stiftungswaldungen in demjenigen Umfange, wie
dasselbe bisher durch die Forstämter ausgeübt wurde:; c) die Funktionen der Landräte
in denjenigen Fällen, in welchen nach den in den Hohenzollernschen Landen eingeführten
Gesetzen, Verordnungen und Einrichtungen des übrigen Teils der Monarchie die Mit-
wirkung des Landrats eintritt.)
Dem Oberamtmann steht als Selbstverwaltungsorgan, analog dem Kreisausschuß
der übrigen Teile der Monarchie, der Amtsausschuß zur Seite.
C. Die Stadt Berlin.
Nach §. 1 des Gesetzes v. 26. Juli 1880 über die Organisation der allgemeinen
Landesverwaltung s ist die Stadt Berlin aus der Provinz Brandenburg ausgeschieden und
bildet einen Verwaltungsbezirk für sich.“ Daher bedurfte es besonderer Vorschriften über
die Organisation der Behörden der allgemeinen Landesverwaltung für Berlin', welche in
den §§. 34 bis 40 a. a. O. erteilt sind. Diese Vorschriften sind als §S§. 41 bis 47
in das L. V. G. v. 30. Juli 1883 übergegangen und haben durch die spätere Spezial=
gesetzgebung noch mehrfache Erweiterung und Ergänzung erfahren, so daß der Staats-
verwaltungsbezirk Berlin, insbesondere was die Polizeiverwaltung betrifft, einen ziemlich
monströsen Charakter angenommen hat und kaum mehr zu übersehen ist, jedenfalls in
seiner Mischung der verschiedensten verwaltungsrechtlichen Gesichtspunkte, sowie durch die
Aufstellung von Grundsätzen und deren spezialgesetzliche Durchbrechung der Theorie kaum
überwindbare Schwierigkeiten bietet. Die Organisation der Staatsverwaltung für Berlin
ist folgende:
I. Oberpräsident. „Der Oberpräsident der Provinz Brandenburg ist zugleich
Oberpräsident von Berlin“ (L. V. G., §. 41, Abs. 10. „An Stelle des Regierungs-
präsidenten führt der Oberpräsident die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der
Gemeindeangelegenheiten der Stadt Berlin“ (L. V. G., §. 42), sowie die dienstliche Aufsicht
über die Geschäftsführung des Stadtausschusses (L. V. G., §. 48). In §. 42, Abs. 1,
Satz 2 a. a. O. ist königliche Verordnung darüber vorbehalten, auf welche Behörden die
sonstigen Zuständigkeiten der Regierungsabteilung des Innern zu Potsdam in betreff Berlins
übergehen; auf Grund dieser bereits im Gesetz v. 26. Juli 1830, §. 35 enthaltenen Bestim-
mung ist die Verordnung v. 26. Jan. 18818 ergangen, nach welcher der Oberpräsident
alle Zuständigkeiten übt, welche in betreff Berlins bis zum 1. April 1881 von der Ab-
teilung des Innern der Regierung zu Potsdam wahrgenommen wurden, jedoch mit Aus-
Vgl. oben, S. 313.
fingen und Östrach ganz den Oberämtern zu
Gammertingen resp. Sigmaringen übertragen.
1 S. 3 der Verordnung v. 7. Jan. 1852.
2 Die Aufsicht über die Gemeinde und Stifts-
waldungen führt das Oberamt durch einen Forst-
meister und drei O berförster vgl. Handbuch über
den Königl. Preuß. Hof und Staat für das Jahr
1905, S. 763).
* Verordnung v. 7.
* L. V. G., §.
5* G. S. 1850,
Jan. 1852, S. 10.
(* —“
291.
* Vgl. hierüber die Motive zu dem von der
Staateregierung in der Session von 1875 vor-
gelegten Emwursfe eines Gesetves, betr. die Ver-
fassung und Verwaltung der Provinz Berlin
Stenogr. Ber. des Abg. H. 1875, Anl. Bd. I,
Aktenst. Nr. 19, S. 201/—271), und die Motive
zu dem Entw. des Gesenes über die Organisation
der allgem. Landesverwaltung (Stenogr. Ber. des
Abg. H. 179—80, Anl. Bd. II, Aktenst. Nr. 62
zu den SS. 30—42 des Entw.], S. 984 ff.).
* G. S. 1881, S. 14.