Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Gemischte Verwaltungsbehörden. (§. 95.) 617 
Außerdem aber bildet er durch Hinzutritt zum Konsistorium ein verstärktes Kon- 
sistorium, das in mehreren gesetzlich bestimmten Fällen allein zuständig ist 1, insbesondere 
wenn es sich um Fragen der Kirchenlehre handelt; die Synodalordnung fordert die be- 
schließende Mitwirkung des Provinzialsynodalvorstandes in folgenden Fällen: 1. bei Vor- 
schlägen über die Besetzung kirchenregimentlicher Amter, 2. bei Entscheidungen in der 
Rekursinstanz über die Entlassung von Altesten (Kirchengemeinde= und Synodalordnung, 
8. 44), 3. in erster Instanz über Einwendungen der Gemeinde gegen die Lehre eines 
zum Pfarramt Designierten (Kirchengemeinde= und Synodalordnung, §. 55, Nr. 10), 
4. bei Entscheidungen, durch welche wegen Mangel an Ubereinstimmung mit dem Be- 
kenntnisse der Kirche die Berufung eines sonst Anstellungsfähigen zu einem geistlichen 
Amte für unzulässig erklärt wird; 5. endlich in allen Fällen, in welchen gegen einen 
Geistlichen wegen Irrlehre die Untersuchung eingeleitet oder eine Entscheidung gefüällt 
werden soll (Kirchengesetz v. 16. Juli 1886, §. 22, Abs. 3 und 4). Außerdem kann 
das Konsistorium jederzeit in den ihm hierzu geeignet erscheinenden Angelegenheiten den 
Rat des Synodalvorstandes erholen. 
In analoger Weise stehen den Superintendenten die Kreissynodalvorstände? 
zur Seite, bestehend aus dem Superintendenten und vier von der Kreissynode gewählten 
Mitgliedern. 
Das System dieser Synodalvorstände ist sodann weiterhin auch auf die evangelischen 
Landeskirchen der Provinz Schleswig-Holstein, sowie der Konsistorialbezirke Kassel und 
Wiesbaden übertragen worden 9, wogegen die Verhältnisse in Hannover anders geord- 
net sind. 
8. 95. 
XII. Gemischte Verwaltungsbehörden. 
I. Das preußische Verwaltungsrecht enthält auf Grund einer in die Jahrhunderte 
zurückreichenden Tradition noch verschiedene Institute, die neben der Staatsverwaltung, 
der Selbstverwaltung, der selbständigen Kirchenverwaltung eine eigenartige Mischung 
von Staatsverwaltung und Erwerbsgeschäft darstellen. Ein derartiges Institut 
war die ehemalige Preußische Bank, die weiterhin zur Reichsbank umgestaltet wurde und 
als solche heute in großartiger Entwicklung besteht. Als zentrale Institute dieser Art 
besitzt der Preußische Staat heute noch die Seehandlung, die Zentralgenossenschaftskasse 
und die Zentrallandschaftskasse (s. darüber oben, S. 387 ff., 391, 417). 
Aber auch im Rahmen der Provinzialverwaltung finden sich derartige Einrichtungen, 
und zwar nach zwei Seiten hin: einmal als Bank= und Kreditanstalten und sodann 
als (Feuer-, Versicherungsanstalten.“ 
II. Der rechtliche Charakter dieser Anstalten ist zweifelhaft: weder sind sie reine 
Privatgeschäfte, noch können sie einfach als Organe der Staatsverwaltung bezeichnet werden; 
die Streitfrage ist somit im letzten Ende die gleiche, wie die vielumstrittene Frage nach 
der rechtlichen Natur der Reichsbank, allerdings grundsätzlich vereinfacht dadurch, daß bei 
den hier in Betracht kommenden Instituten nirgends die Form der handelsrechtlichen 
Aktiengesellschaft oder andere handelsrechtliche Gesellschaftsformen zugrunde gelegt sind. 
  
1 Kirchengemeinde= und Synodalordnung, §. “ Val. Staatshandbuch 1905, S. 582. Das 
68, Ziff. 6. Landeskonsistorium besteht hier aus ordentlichen 
* Kirchengemeinde= und Synodalordnung, §§. und außerordentlichen Mitgliedern. 
54, 55. 5 S. hierüber Laband, Reichsstaaterecht l, 
2 Kirchengemeinde= und Synodalordnung für 373 ff., III. 123, 129 ff.; Zorn, Reichsstaats- 
Schleswig-Holstein v. 4. Nov. 1876(G. S., S. 415), recht II, 349 ff., 364 ff., dort auch Angaben der 
8. 95, dazu für Lauenburg Verordnung v. 7. Nov. monographischen Literatur. 
1377 (G. S., S. 232). Konsistorialbezirk Wiess 2 Für die alten Provinzen vgl. das allgemeine 
baden: Kirchengemeinde= und Synodalordnung v. Gesetz über Versicherungsanstalten v. 17. Mai 1°53 
4. Juli 1877 (G. S., S. 181), §. 75, Nr. 4. (G. S., S. 293.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.