622 Die Staatsbehörden. (§S. 95.)
in sämtlichen Provinzen bestehen, waren im Jahre 1847 für Zwecke der Landwirtschaft mit
Staatsgeldern errichtet worden, haben aber dermalen eine allgemeine Bedeutung.1#
Das materielle Recht der Landschaften ist unten, Bd. III darzustellen; hier handelt es sich
nur um den Rechtscharakter der Landschaften in der Behördenorganisation; erst aus der Dar-
stellung im einzelnen ergeben sich die Nachweisungen für die oben festgestellten prinzipiellen Säte.
B. Die Provinzialfeuersozietäten.
Feuerversicherungen öffentlichen Rechtes bestehen: für Ostpreußen eine solche der
Landschaft, ferner die Ostpreußische Feuersozietär; für Westpreußen die mit der Landschaft
verbundene Feuersozietät in Marienwerder; für Brandenburg getrennt die Landfeuersozietät
und die Städtefeuersozietät; für Posen die mit dem provinziellen Kommunalverband ver-
bundene Provinzialfeuersozietät in Posen, sowie die landschaftlichen Provinzialfeuersozietäts-
Direktionen in Bromberg und Schneidemühl, die von der Westpreußischen Generaldirektion
in Marienwerder ressortieren; die beiden schlesischen Feuersozietäten, für das Land und
die Städte, sind seit 1871 in die Selbstverwaltung der Provinz Schlesien übernommen
und demgemäß der Leitung des Landeshauptmanns unterstellts; der gleiche Prozeß hat
sich bereits vollzogen 1885 in der Provinz Pommern", sowie in der Provinz Sachsen
für die Städtefeuersozietät (ausgenommen Stadt Kösen), indes für das platte Land
noch drei besondere Landfeuersozietäten für Magdeburg, Merseburg und Halberstadt, je-
doch mit mehreren gemeinsamen Einrichtungen mit der Städtefeuersozietät bestehen ; in
Schleswig-Holstein ist die „Brandversicherung“ gleichfalls Bestandteil der provinziellen
Selbstverwaltung; für Hannover bestehen die zwei landschaftlichen Brandversichcrungs-
anstalten in Hannover und Stade, sowie die Ostfriesische Feuerversicherungsgesellschaft in
Aurich; die Westfälische Provinzialfeuersozietät ist Bestandteil der Selbstverwaltung der
Provinz, die Hessische Brandversicherungsanstalt in Kassel des Bezirksverbandes Kassel,
die Nassauische in Wiesbaden des Bezirksverbandes Wiesbaden; dic Rheinische Provinzial=
feuersozietät in Düsseldorf gehört gleichfalls zur Selbstverwaltung der Provinz, die Im-
mobiliarfeuerversicherungsgesellschaft für Hohenzollern endlich wird unmittelbar von der
Regierung in Sigmaringen, jedoch nach Maßgabe der Beschlüsse des Selbstverwaltungs-
organs des Bezirks, des Kommunallandtags, verwaltet.
Ein freier Verband öffentlicher Feuerversicherungsanstalten besteht mit dem Sitze in
Merseburg; derselbe ist durch Allerhöchsten Erlaß „genehmigt“ und diese Genehmigung
sowohl wie die Statuten des Verbands in der Gesetzessammlung publiziert; die Ober-
aussicht wird durch den Minister des Innern geführt; ihm gehören 23 preußische und
12 außerpreußische öffentliche Feuerversicherungsanstalten an.“
Auch für diese Einrichtungen ist der gleiche Entwicklungsprozeß wie für die oben
besprochenen Geldinstitute vorhanden. Die Anfänge der staatlichen Organisation? rühren
aus der Zeit Friedrichs I., der 1705—6 eine allgemeine Feuerkasse mit obligatorischer
Beitrittspflicht schuf. Diese Einrichtung konnte sich nicht halten; seit 1718 wurden
dann Feuer-„Sozietäten“ in den Provinzen errichtet, getrennt für die Städte und das
Land und in der Zeit von 1835—1844 wurde auf Grund königlicher Kabinettsorder
unter Mitwirkung der damaligen Stände eine Neuorganisation durchgeführt, die den
öffentlichrechtlichen Charakter dieser „Sozietäten“ scharf hervortreten ließ. Und hier ist
dieser Prozeß schon erheblich weiter vorgeschritten wie dort: in der Mehrzahl der preußtschen
Provinzen sind heute schon diese „Sozietäten“ in vollem Umfange und zu vollem Recht
Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung der Provinz, nämlich in der Rheinprovinz.
Westfalen, Hessen-Nassau, Pommern, Schlesien, Schleswig Holstein, Posen (teilweise#, so-
1 Hermes in Stengels Wörterb., Bd. ll. J.23. #4 Allerhöchster Erlaß v. 22. Mai 1872 C
* Genaue Angaben über das statntarische Rechtss S. nt Staatshandb. 1905, S. 490 f.
material auch hier im Staatshandb. 1905, Öst- über die Entwicklung Löning, Verw.
preusten, S S. 250; Westpreußen, S. 282; Sachsen, 1 ., 673 ff.; Bornhak, St. R., Bd. III,
S. 489 u. f. f. S. 400% Elster in Stengels Wörterb., Bd. J.
N
Z Etaatslmndb1(t())S.4.33. .S öss ff.; G. Meyer, Verw. R., Bd. J.
Staatshandb. 1905, S. 366. S. 603: Emming haus in Conrads Wörterd.
* Staatshandb. 1905., S. 459#. Bd. III. S. 395 ffl.