Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

632 Die Staatsbehörden. 
G. 96.) 
können von den Präsidenten der Regierung auch zu den Sitzungen der Regierung zu— 
gelassen werden, in welchem Falle ihnen dann ein Votum gebührt. Ihre Funktionen 
erstrecken sich auf alle Angelegenheiten, zu deren Wahrnehmung die Regierungen eines 
untergeordneten Verwaltungsorgans in dem landrätlichen Kreise bedürfen; sie sind daher 
nicht nur Organe im Ressort des Ministeriums des Innern, sondern ihre Wirksamkeit 
ist materiell ebenso umfassend, als der Geschäftskreis der Regierungen. Nach ihrer 
persönlichen Amtsstellung aber gehören sie dem Ministerium des Innern an. Sie sind 
namentlich auch Aufsichtsbeamte? und haben die Verpflichtung zur fortgesetzten Sorgfalt 
für die Beobachtung aller das öffentliche Interesse betreffenden Gesetze und für alles, 
was dem Staate überhaupt und dem Kreise insbesondere zuträglich sein kann.) Inner- 
halb ihres Kreises üben sie namentlich auch sowohl die verwaltende, als auch die 
exekutive Polizei als höhere Instanz über den Ortspolizeibehörden aus. Als Vorstehern 
der Kreisverwaltung gebührt ihnen die Berufung der Kreistage, sie führen daselbst den 
Vorsitz, leiten die Geschäfte und bringen die gefaßten Beschlüsse zur Ausführung. Auch 
führen sie die Kuratel der Kreiskasse." 
Die Kreisordnung v. 13. Dez. 1872 (19. März 1881) für die Provinzen Ost- 
und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen hat auf Grund 
der historischen Entwicklung bezüglich der amtlichen Stellung des Landrats bestimmt, 
a) daß derselbe als Organ der Staatsregierung die Geschäfte der allgemeinen Landes- 
verwaltung im Kreise führt; b) als Vorsitzender des Kreistages und des Kreisausschusses 
die Kommunalverwaltung des Kreises leitet 3; c) daß es, insoweit die Rechte und Pflichten 
  
werden, dies jedesmal der Regierung anzeigen soll. — 
Das Restr. der Min. des Inn. und der Fin. v. 
27. Aug. 1858 (M. Bl. d. i. Verw. 1858, S. 204) 
führt aus, daß der nächste dienstliche Vorgesetzte 
des Landrats nicht der Regierungspräsident, son- 
dern die Bezirksregierung sei, wie sich dies aus 
den Bestimmungen des F§. 46 und beziehentlich 
des §. 44 der Verordnungen v. 26. Dez. 1808 
und v. 30. April 1815 (G. S. 1817, S. 287, 
u. G. S. 1815, S. 85), sowie aus dem §. 12 der 
Regier. Instr. v. 23. Okt. 1817 ergebe, woran die 
Verordnungen v. 31. Dez. 1825 nichts geändert 
haben. Seit dem Organisationsgesetz v. 26. Juli 
1880, und nachdem durch den §. 17 desselben die 
Regierungsabteilung des Innern aufgehoben ist 
und deren Geschäfte auf den Regierungspräsidenten 
lÜbergegangen sind, sind jedoch die Landräte dem 
Regierungspräsidenten gegenüber in das gleiche 
Verhältnis getreten, in welchem sie sich bisher 
der Abteilung des Innern gegenüber befanden. 
1 Kab. O. v. 31. Dez. 1825, sub D, Nr. V. 
(G. S. 1826, S. 1). 
* Deshalb sollen sie auch ihre Kreise fleißig 
bereisen und sich zu diesem Zwecke eigene Trans- 
portmittel anschaffen (Reskr. des Min. des Inn. 
v. 6. Okt. 1852, M. Bl. d. i. Verw. 1852, S. 251, 
Nr. 242). — Die Regierungen können, insoweit 
ihnen nicht in der Städteordnung v. 30. Mai 
1853 auedrücklich die Entscheidung oder Ge- 
nehmigung in einzelnen Fällen vorbehalten ist, 
den Landräten, als ihren beständigen Kommis- 
sarien, nach Bedürfnis auch eine regelmäßige 
Mitwirkung bei Ausübung der Aufsicht über die 
Kommunalangelegenheiten derjenigen Städte, 
welche keine eigenen Kreise bilden, auftragen Instr. 
v. 20. Juni 1853 zur Ausführung der St. O. v. 
30. Mai 1853, S. XVI. M. Bl. d. i. Verw. 1853, 
S. 143); ebenso in betreff der Städte in der 
Provinz Westfalen (Instr. v. 9. Mai 1856 zur 
Ausführung der St. O. v. 19. März 1856, . XIV, 
  
M. Bl. d. i. Verw. 1846, S. 147); desgl. in berefsf 
der Städte in der Rheinprovinz (Instr. v. 18. Juni 
1856 zur Ausführung der St. O. v. 15. Mai 
1856, §. 16, M. Bl. d. i. Verw. 1856, S. 1641. 
3 Sie sollen alles, was dem entgegenseeht, 
nach Kräften hindern und entfernen, alles aber, 
was dahin führt, zu befördern suchen, und wenn 
ihre Verfügungen dazu nicht hinreichen, oder nicht 
befolgt werden, der Regierung davon Anzeige 
machen (§s. 10 der Instr. für die Landräte v. 
31. Dez. 1816). Eine große Anzahl spezieller 
Funktionen aus den verschiedenen Zweigen der 
Verwaltung ist ihnen durch die Gesetze besonders 
übertragen worden. 
* Instr. für die Landräte v. 31. Dez. 1816, 
#§. 56. Danach sollen sie die Kreiskasse nicht nur 
vorschriftsmäßig revidieren, sondern auch überall 
die Führung der Kreiskassenoffizianten im Auge 
behalten und darauf achten, daß die Kreiskafsen 
nicht mehr Geld, als nötig, zurückhalten, sondern 
alle entbehrlichen Überschüsse an die Regierungs- 
hauptkasse abführen. 
5 KF. 76 der Kr. O. v. 13. Dez. 1872 (19. März 
1881). In Ubereinstimmung hiermit bestimmt das 
Ges. v. 26. Juni 1880 über die Organisation der 
allgemeinen Landesverwaltung, §. 3, daß die GEe- 
schäfte der allgemeinen Landesverwaltung, soweit 
sie nicht anderen Behörden überwiesen sind, im 
den Kreisen von den Landräten geführt werden, 
welche innerhalb ihres Geschäftskreises selbfändig 
unter voller persönlicher Verantwortlichkeit, vor- 
behaltlich der kollegialischen Behandlung Mit- 
wirkung durch den Kreisausschuß) der durch die 
Gesetze bezeichneten Angelegenheiten handeln, und 
ferner bestimmt, gleichfalls in Ubereinstimmung 
mit dem §. 76 der Kreisordnung, der F. 29 des 
gedachten Gesetzes, daß der Landrat an der Spitze 
der Verwaltung des Kreises steht und den Vor- 
sitz im Kreisausschusse führt; jetzt L. B. G., 88. 3, 
36 ebenso.
	        
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