636 Die Staatsbehörden. (8. 96.)
Jedem Landrate ist ein vom Staate angestellter und besoldeter Kreissekretär, haupt-
sächlich für die Bureaugeschäfte, untergeordnet 1, welcher ihn auch mitunter zu vertreten
genötigt wird. Für das Mundieren der Konzepte kann der Landrat außerdem noch
einen Schreiber halten und zur Verschwiegenheit vereidigen, für welchen er die etats-
mäßige Entschädigung empfängt. Als Unterbeamte dienen den Landratsämtern die Kreis-
boten und Exekutoren, welche der Landrat aus der Klasse der zur Zivilversorgung berech-
tigten Militärpersonen bestellt und welche aus der Kreiskasse besoldet werden.“
Übrigens sind alle Orts= und Polizeiobrigkeiten der zum landrätlichen Kreise ge-
hörigen Städte und des platten Landes dem Landrate untergeordnet und verbunden, seinen
Verfügungen Folge zu leisten.
VI. Das Institut der Kreislandräte ist auch in den im Jahre 1866 neuerworbenen
Provinzen eingeführt worden und besteht jetzt überall in gleicher Weise. Hinsichtlich
der Uberführung der neuen Provinzen in das System der preußischen Kreisverwaltung
wurden folgende Maßnahmen getroffen:
1. Für die Provinz Hessen-Nassau, nämlich die Regierungsbezirke Kassel und
Wiesbaden, welche zufolge der Verordnung v. 22. Febr. 1867“ in Kreise eingeteilt
worden ist, hat der §. 7 dieser Verordnung bestimmt, daß an die Spitze eines jeden
ländlichen Kreises ein Landrat zu stellen sei, welcher, vorbehaltlich der Einführung eines
genehmigte Regul. v. 14. Febr. 1846 über die erledigter Kreissekretärstellen, M. Bl. d. i. Verw.
Befähigung zu den höheren Amtern der Verwall 1857, S. 23, Nr. 31). Uber die Entschädigung
tung (G. S. 1846, S. 199 ff.) hat im §. 10 be= der Kreissekretäre für Reisen, die nicht auf Kosten
stimmt, daß die geübteren Regierungsreferendarien des Landraks geschehen müssen: Reskr. des Min.
mit selbständigen kommissarischen Aufträgen zu des Inn. und der Fin. v. 30. Sept. 1810 (M.
versehen, womöglich eine Zeitlang bei tüchtigen Bl. d. i. Verw. 1840, S. 439).
Landräten zu beschäftigen und, wenn sie dazu 1 Kreissekretäre dürfen landrätliche Verfügungen
fähig erachtet werden, gelegentlich mit der Ver= nie im eigenen Namen vollziehen, sondern nur
tretung eines Kreissekretärs oder Landrats zu beauf= als Vertreter, was aus der Unterschrift erhellen
tragen sind. Das Regul. v. 14. Febr. 1846 ist muß (Reskr. des Min. des Inn. v. 25. Juni
zwar durch den §. 17 des Ges. v. 11. März 1879, 1838, v. Kamptz, Ann., Bd. XXII, S. 16s.
betr. die Befähigung für den höheren Verwal= Sie sind überhaupt nur Subalternbeamte der
tungsdienst (G. S. 1879, S. 160 ff.), ausgehoben Landräte (Reskr. des Min. des Inn. v. 19. Nov.
worden, aber auch das auf Grund des §s. 15 des 1824, a. a. O., Bd. VIII, S. 1129). Wenn es
letzteren von dem Staatsmin. erlassene Regl. v. sich um eine Vertretung eines behinderten oder
29. Mai 1879 (M. Bl. d. i. Verw. 1879, S. 141 ff.) abwesenden Landrats durch den Kreissekretär auf
hat es (im §. 7, Abs. 3) für zulässig erklärt, Re= voraussichtlich nicht länger als vierzehn Tage
gierungsreferendarien zur kommissarischen Ver= handelt, so ist die Bezirksregierung berechtigt, dies
waltung eines Landratsamtes zu verwenden. — zu genehmigen, und bedarf es dazu nicht der Ein-
Eine solche Vertretung während einer vierzehn= holung der vorgängigen ministeriellen Genehmi-
tägigen Abwesenheit, bei Behinderung des Kreis= gung (Reskr. des Min. des Inn. v. 10. Mai 1841,
deputierten, kann die Regierung ohne Genehmi= M. Bl. d. i. Verw. 1841, S. 314, und v. 24. Mai
gung des Ministers anordnen (Reskr. des Min. d. 1853, Rauer, Neuere ständ. Gesetzgeb., S. 507.
Inn. v. 5. Sept. 1840, M. Bl. d. i. Verw. 1840, Anm. 121). Interimistisch fungierende Kreissekre-
S. 341). Wegen der Remuneration der Ver= täre eignen sich niemals zu einer, wenn auch
treter vgl. das Reskr. des Min. des Inn. v. nur vorübergehenden Stellvertretung des be-
13. Jan. 1837 (v. Kamptz, Ann., Bd. XXI, hinderten oder abwesenden Landrats (Restkr. des-
S. 16). Uber den Ort, an welchem der Stell= selb. Min. v. 30. Sept. 1846, Rauer, Ständ.
vertreter seinen Wohnsitz zu nehmen hat, vgl. die Gesetzgeb., Neue Folge, S. 274, Zus. 1706).
Zirk. Reskr. des Min. des Inn. v. 13. März 1830 2 Instr. für die Landräte v. 31. Dez. 1816,
(v. Kamptz, Ann., Bd. XIV, S. 10), und v. §. 15. Dergleichen landrätliche Schreiber werden
23. April 1861 (M. Bl. d. i. Verw. 1861, S. 97). keine Staatsbeamte, sondern ihre Anstellung und
— Uber die Kosten der Stellvertretung in Fällen,, Entlassung hängt von dem Landrate ab. Durch
wo der Landrat sich in einem Geschäfte vertreten die Kab. O. v. 23. Mai 1845 (M. Bl. d. i. Verw.
lassen muß, wenn er dazu wegen zweier gleich 1845, S. 157) sind übrigens die Landräte von
unaufschieblichen Geschäfte genötigt ist, vgl. Restr. dem bisher geforderten Nachweise der Unentbdehr-
des Min. des Inn. v. 28. Febr. 1842 (M. Bl. sichkeit der Schreiber und der Verwendung des
d. i. Verw. 1842, S. 51). dafür bewilligten Aversfionalbetrages entbunden
1 Instr. für die Landräte v. 31. Dez. 1816, worden.
# 15. Der Kreissekretär wird von der Regierung * Instr. für die Landräte v. 31. Dez. 1816.
geprüft und angestellt, dem Landrate aber steht §S. 15.
das Präsentationsrecht zu (vgl. Restr. des Min. 5 Ebendas., §s§s. 12, 18—22.
des Inn. v. 16. Jan. 1854. über die Besetzung * G. S. 1867, S. 273 ff.